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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 14 (1886)

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Schlulsergebnifs, 
III. Schlußergebnifs. 
Falst man die Ergebnisse der in Erwägung gezogenen Beobachtungen 
zusammen, 80 scheinen dieselben dazu angethan, für die physikalischen Verhält- 
nisse der Nordsee eine gröfsere Selbstständigkeit in Anspruch zu nehmen, als 
denselben bisher zuerkannt worden ist. Das oceanische Wasser, welches im 
Norden von England eindringt, sperrt danach wahrscheinlich das Nordseebecken 
gegen polare Ströme mehr oder weniger ab; es dringt atlantisch-oceanisches, 
stark salziges Wasser äusserst langsam vorschreitend, fast unvermischt bis in 
den centralen Theil der Nordsee, und sinkt in Folge der winterlichen Abkühlung 
allmählich zu Boden, die erlangte niedrige Temperatur einerseits bis zur Dogger- 
Bank, andererseits in die tiefe Norwegische Rinne mitführend und dort auch 
im Sommer konservirend; das atlantische Wasser mischt sich namentlich in den 
oberen Schichten und längs der Küsten ınit dem süßeren Wasser des Ab- 
wässerungsgebietes der Küstenländer des Nordseegebietes bezw. mit dem Ost- 
seewasser, und wird mit demselben in zwei Hauptströmen nordwärts geführt, 
von denen der eine vornehmlich längs der Britischen Küste und dann nach 
Nordost, der andere längs der Deutschen und Jütischen Küste, bald sich mit 
dem Ostseestrom vereinigend, seinen Weg nimmt. Beide Ausflulsströmungen 
scheinen. zwischen ungefähr 3° Ost-Länge und der Norwegischen Küste zusammen- 
zutreffen, und wird hier das angesüßte Üceannwasser, nachdem es im Becken 
der Nordsee einen theils vertikalen, theils horizontalen Kreislauf vollzogen, in 
das Norwegische Nordmeer abgeführt, Zwischen diesen beiden Strömen besteht 
aber ein Unterschied darin, dafs der Norwegische Küstenstrom in weit höherem 
Grade seinc charakteristischen Eigenschaften beibehält, als der Englisch-Schot- 
tische, und während letzterer zunächst wenigstens fast in seiner ganzen "Tiefe 
emischtes Wasser aufweist, besitzt in der Norwegischen Rinne Unterstrom und 
Oberstrom ganz verschiedenen Charakter und erst in einer Zwischenschicht 
vollzieht sich die Mischung, deren Bewegung mit der des oberen Stromes 
harmonirt. 
Der Grund für diese Besonderheiten ist zu einem grofsen Theil in den 
lokalen Formationsverhältnissen des Nordseebeckens zu suchen, welche eine 
Mischung der nach den physikalischen Schweregesetzen sich bewegenden Wasser- 
massen von verschiedenen Eigenschaften an der Britischen Küste ebenso be- 
günstigen, wie sie an der Norwegischen Küste derselben entgegen sind. 
Die Gezeitenerscheinungen sind erklärt als zum grofsen Theil von einer 
Welle abhängig, welche der Konfiguration des Nordsecbeckens allein ihre Eigen- 
schaften verdankt, während für die Einwirkung des Englischen Kanals sich 
keine entscheidenden Merkmale aufünden lassen. 
Das hier gezeichnete Bild kann nicht beanspruchen, als ein endgültiges 
aufzutreten, weil das Beobachtungsmaterial für sichere Schlüsse noch nicht 
zureicht, Die Tafeln lassen leicht erkennen. wo noch fühlbare Lücken in der 
Beobachtungsreihe der Sommermonate vorhanden sind. Es ist dies einmal der 
zsüdwestliche Theil der Nordsee, also das Verbindungsglied zwischen ihr und 
dem atlantischen Ocean auf dem Wege des Englischen Kanals, sodann der 
nördliche Theil zwischen den Orkneys und der Norwegischen Küste und zwischen 
der Schottischen Küste, etwa boi Aberdeen oder Peterhead, und der tiefon 
Rinne, ungefähr auf dem Breitenparallel von 57'%°* Nord. Solche Sommer- 
antersuchungen in Verbindung mit Winterbeobachtungen an einer Anzahl von 
Stellen, die über das Nordseegebiet vertheilt sind, würden unsere Kenntnis 
von den physischen Verhältnissen der Nordsee und von den modificirenden 
Einflüssen, welche die Jahreszeiten auf die physikalischen Vorgänge innerhalb 
dieses Beckens ausüben, einem Abschlufßs entgegyenführen.
	        
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