Reisebericht des Kapt, F. Reiners vom Schiffe „Aeoclus“.
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Aus dem Reisebericht des Kapt. F. Reiners vom Schiffe „Aeolus“,
Bemerkungen über Häfen und Fahrten an der Westküste vom Mexiko,
Central-Amerika und Oregon.
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte,)
Acapulco. Acapulco ist einer der schönsten natürlichen Häfen an der
Wostküste von Mexiko. Er ist rings von Bergen umschlossen und daher gegen
alle Winde geschützt und hat aufserdem ein gesundes Klima. In der Regen-
zeit, von Mai bis September oder Oktober, kommen freilich Fieber vor, doch
sind dieselben gewöhnlich nur leichter Art; von November bis April, zur Zeit
der frisch auftretenden Seewinde, sind sie überhaupt nicht vorhanden. Während
unseres Aufenthaltea, vom 15. bis zum 28, Februar 1884, setzte die Secebriese
gewöhnlich um 8% a. m. aus SW ein, holte bald darauf, schnell auffrischend,
nach W und ging, nachdem sie seit 4" p.m. begonnen hatte abzuflauen, gegen
Sonnenuntergang auf NW, Zuweilen hielt sie ganz bis Mitternacht an; unter
solchen Umständen thaute es am Lande stark. Die Landbriese war äufserst
unregelmäfsig und schwach. Sie kam um so später, je länger die Seebriese
anhielt. Mitunter war sie nur von 5" bis 8° am, fühlbar,
Schiffe, welche in der trockenen Jahreszeit — November bis April —
längs dieser Küste nach Westen bestimmt sind, haben eine schwierige Fahrt
zu erwarten, denn außer, dafs der Wind fast immer entgegen ist setzt auch
ein starker Strom nach SE, und bei frischer westlicher Briese läuft eine kurze
unbequeme See aus dieser Richtung. Der westlichen See wogen ist auch bei
etwa durchkommender Landbriese kein Fortgang zu machen. Von der See-
briese hat man auch keinen Vortheil. Der Wind holt draufsen nur selten
südlich von W, und wem es der Fall ist, 8o ist die Briese flau. Schiffe, welche
von Süden kommen, sollten in dieser Jahreszeit, um Arbeit und Zeit zu sparen,
das Land eine gute Strecke westlich von Acapulco aulaufen, damit 8io bei den
herrschenden Vorhältuissen den Bestimmungsort bequem erreichen können,
Nachdem ein Schiff in Acapulco zu Anker gekommen, werden von den
Zollbeamten alle Luken versiegelt, auch aller Proviant bis auf den Bedarf eines
Tages. Das Abnehmen der Siegel geschieht um 6 Uhr Morgens, das Wieder-
anlegen um 3, spätestens um 5 Ur Nachmittags. Während das Schiff im
Hafen liegt, ist beständig ein Zollbeamter an Bord. Die Entlöschung geht nur
sehr langsam; wir durften anfänglich bis 3 Uhr Nachmittags, später gar nur
bis 10 Uhr Vormittags Ladung ausnehmen, Die Zollgesetze werden gegenwärtig
sehr strenge gehandhabt. Der Schiffsführer hat daher ganz besondere Sorgfalt
auf die Aufertigung seiner Proviantliste zu verwenden. Sobald das Schiff ent-
löscht ist, kommt die Zollvisite an Bord, um eine scharfe Durchsuchung des-
selben zu halten. Alle Sachen, die sich dabei vorfinden und nicht in der
Proviantliste aufgeführt sind, werden als Schmuggelwaaren betrachtet und
konfscirt, und außerdem hat der Kapitän als Strafe den dreifachen Zoll zu
entrichten. ,
Ein jedes fremde Schiff, welches einen Mexikanischen Hafen besucht, ist
lotspflichtig. Das Lotsgeld beträgt 1 Doll. 75 Cts, für den Fufs Tiefgang des
Schiffes; aufserdem erhält das Lotsboot jedesmal 5 Doll, extra. Beim Hafen-
meister ist eine Gebühr von 3 Doll. 50 Cts. zu entrichten. Ein jedes Schiff
wird gemessen, Das Resultat fällt immer gröfßser aus, als der Mefsbrief des
Aeimathshafens besagt. „Aeolus“, welcher zu Hause 417 Reg.-Tonnen groß
befunden ist, wurde hier zu 430 Reg.-Tonnen gemessen, und dieser Unterschied
wurde im Vergleich zu den Messungen anderer Schiffe noch als gering an-
gesehen. Für jede so gemessene Reg.-Tonne hat man an Hafengeld 1 Doll.
and an Hospitalabgabe 5 Cts, zu entrichten, doch ist man diese Unkosten beim
Besuch mehrerer Häfen nur einmal zu zahlen verpflichtet. Da der Hafenmeister
die Vermessungsurkunde auszustellen hat, 80 ist 08 wünschenswerth für den
Kapitän, mit ersterem auf freundschaftlichem Fuße zu stehen. .
Ausrüstungs-Materialien für ein Schiff sind in enpwin0 nicht vorräthig.
Frisches Fleisch schwankt im Preise zwischen 8 und 13 Ctis, für das halbe
Kilogramm, ist aber schlecht. Grünwaaren und Gemüse sind nur in geringen
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