Orkan vom 14. Mail in Crossen und Umgebung,
DT
Donner, Auch an dieser Stelle sprach man mir von zwei Gewittern, die sich
anscheinend bei Glembach zu dem schweren Unwetter verbunden hätten,
Ganz ähnlich war der Verlauf der Witterung in Beutnitz, wo jedoch
der Hagel im Allgemeinen nur Erbsengröfse besafs, und nur einzelne Schlossen
die Größe von Zehnpfennigstücken hatten. Am Vormittag zwischen 10 und
11 Uhr war Donner hörbar und wurden auch einige Blitze bemerkt, mit
starkem Westwind auf kurze Zeit. Bald nach 3 Uhr zeigten sich drei Gewitter,
im SW, W und NNW, die anscheinend zusammenkamen und dann nordostwärts
sich verzogen. Nachdem zuerst merkwürdige Finsternifs eingetreten war, brach
es um 31% Uhr los, Windstols mit grofsen Tropfen, dann Hagel. Kurze Zeit
darauf wieder freundlicher Sonnenschein. Die aufziehenden Wolken hatten die
gelbliche Hagelfärbung,
Die Windschäden sowohl als auch die bedeutenderen Hagelachäden bei
diesem Unwetter scheinen sich ganz auf den Kreis Crossen beschränkt zu
haben. Merkwürdigerweise aber sind, nach einer Nachricht im Schwiebus-
Züllichauer Kreisblatt, in der geraden Verlängerung des Zerstörungsstreifens
bei Birnbaum in der Provinz Posen an diesem Tage mehrere Menschen vom
Blitz erschlagen; doch ist über die Tageszeit und also auch über die Zu-
sawmengehörigkeit mit diesem Gewitter mir nichts bekannt; im Crossener
Kreise scheinen Blitzschäden bei diesem Unwetter nicht vorgekommen zu sein,
Ueber die Blitzschläge südlich von Crossen, in und bei Naumburg a. B. ist
oben berichtet worden.
Die Resultate, welche sich aus meiner Untersuchung des Orkans von
Crossen und aus dem Vergleich desselben mit dem Gewittorsturm vom 9. August
1881 bis jetzt ergeben haben, lassen sich in folgende Punkte zusammenfassen:
i. Der Orkan von Crossen bildete einen Theil eines ausgedehnten Ge-
wittersturmes, der mit einer Front von mindestens 180 km Breite und nur 4 bis
10km Tiefe auf der Rückseite eines Theilminimums ostwärts schritt und die
Grenze zwischen einem achr warmen Luftgebiet vor ihm und einem sehr kühlen
hinter ihm bildete; in diesen Punkten stimmte dieser Gewittersturm mit jenem
vom 9. August 1881 überein; in beiden Fällen lag dabei das Hauptminimum des
Luftdrucks auf der Nordsee.
2, Die Zerstörungen in diesem Sturm waren auf einen einzigen, kleinen,
aber äufserst intensiven Verwüstungsstreifen kondensirt, der nur 30km lang
und höchstens 3 km breit war, während der Gewittersturm vom 9. August 1881
drei Streifen von gegen 80km Länge und bis zu 11km Breite gab, in denen
aber die Beschädigungen weit geringer und weniger zusammenhängend waren.
Der Hagel dagegen fiel auch diesmal auf einem grofsen Raume und wahrschein-
lich in mehreren breiten Streifen. Der schwerste Hagel ist, soweit bekannt,
am linken Rande des Zerstörungsstreifens gefallen. Dieser Kuke Rand desselben
scheint schärfer und geradliniger, als der rechte zu sein, an welchem mehr
sporadische geringere erstörungen vorkamen (Bobersberg, D. Sagar, Rusdorf,
Goskar, südliche Insel im Glembacher See, Grieselthal),
3. Während die Linien gleichzeitigen Ausbruchs des Gewitters im All-
gemeinen von N 16° W nach S 16° O verlaufen, geht die allgemeine Richtung
des Zerstörungsstreifens genau nach Nordost, also ca 30° links von der
Normalen zu diesen Linien. Ganz dieselbe Thatsache haben wir beim dritten
Zerstörungsstreifen der Böse vom 9. August 1881 gefunden, und dabei darauf
hingewiesen, dafs die Richtung des Streifens mit derjenigen Richtung überein-
stimmt, welche die Isobaren und die Luftströmung selbst in einer Höhe von
wenig mehr als 1000m haben mufsten, wegen der grofsen Wärme im Osten,
welche eine Drehung der Isobaren nach links mit der Erhebung über die Erd-
Oberfläche zur Folge haben mußte, Die Beobachtungen über den Wolkenzug
zu Grünberg und Lichtenwalde bestätigen in diesem Falle diesen Schlufe,
4. Wie im Gewittersturm vom 9. August 1881, so fand auch bier der
Windstoß .an jedem Ort in einer raschen Drehung des Windes mit der Some
— einem starken „Ausschieflser“ — statt; indessen:
a. die Drehung umfafste diesmal cinen bedeutend gröfseren Kreisbogen,
mindestens 180°: