Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 14 (1886)

Orkan vom 14, Mai in Crossen und Umgebung. 
269 
picht untersuchten nördlichen Theil des Verwüstungsgebiets jenseits Kähmen 
auszunutzen. 
Was die Zeit des Unwetters in Crossen betrifft, so erfuhr ich schon auf 
dem Hinwege, dafs der Postwagen, der planmäfsig um 3% 15 abgeht, 2—3 Minuten 
nach seiner Abfahrt auf der Brücke vor dem Südthore der Stadt umgeworfen 
wurde. Nach freundlicher brieflicher Mittheilung des Herrn Postsekretärs 
Krahn wurde die telegraphische Verbindung mit Cottbus um genau 3> 20 
Crossener Zeit, während der Aufnahme eines Telegramms von da, unterbrochen. 
[n einem Artikel über den Orkan von Crossen, welchen Herr Dr. Zenker in 
der Vossischen Zeitung vom 23. Mai veröffentlichte, giebt derselbe nach seinen 
Erkundigungen am Ort die Zeitdauer der Schreckensscene als von 3* 16” bis 
3 18” an. Oben haben wir eine Angabe angeführt, welche diese Dauer auf 
4 Minuten schätzt. Alles zusammengenommen, dürfen wir 3* 17” bis 3% 21° 
Crossener Zeit als die wahrscheinlichste Zeit der orkanmäfsigen Stärke des 
Windes annehmen und voraussetzen, dals die telegraphische Verbindung erst 
gegen Ende des Sturmes zerstört wurde, 
Am hohen Nordufer der Oder sind zunächst bei der Brücke links unten 
einige Hausdächer sehr schwer beschädigt, darüber auf der Höhe ist die Villa 
Ambronn mit schlankem, zinnengekröntem Thurm fast unverletzt, Vom Blech- 
dach der Kirche soll, wie ich von zuverlässiger Seite hörte, ein grofses Stück 
hier, auf halber Höhe des Abhangs, am Wege in Berg gefunden sein, in NNW- 
Richtung vom Kirchthurm, gerade über den erwähnten schwer beschädigten 
Häusern. Kleinere Kreuze vom östlich anliegenden Kirchhofe sind in die 
Fenster der Fischerkneipe westlich der Brücke geworfen worden, also aus Ost 
oder Nordost. 
Auf dem Kirchhof, welcher sich der Brücke gegenüber den Berg 
hinaufzicht, sind eine Menge starker Bäume verschiedener Art (Nufs-, Birnen-, 
Lindenbäume etc.) gestürzt, im unteren Theile aus E (1), ESE (1) und SE (4); 
ron dem nahe am unteren Ende des Kirchhofes, vielleicht 20 m über der Öder, 
stehenden Kriegerdenkmal, das die Form einer gothischen Thurmspitze hat, 
ist der oberste Sandsteinblock aus SEzE abgeworfen; derselbe ist eine spitze 
achtseitige Pyramide von etwa 45 cm unterem Durchmesser und einem Gewicht 
ron etwa 4 Coninern Noch mehr als der Abhang hat der oberste Theil des 
Kirchhofes auf dem Plateau selbst gelitten; daselbst lagen diejenigen Stämme, 
welche mir der Kirchhofsgärtner als noch ganz unberührt bezeichnete, aus den 
Richtungen E, EzS, ESE, SEzE, SzW, SSW (3) und W; ganz besonders 
interessant waren die Verwüstungen an drei Stellen, wo die Bäume aus 
W/S/SSE (viele),%) aus SWzW/ESE und aus SWzW/S/ESE lagen. Der Kirch- 
hofsgärtner bg ga das gleichzeitige Heraufkommen von 3 Gewittern aus 
SSE, SW und NW, und machte mich auf eine Stelle etwas weiter westlich, im 
Garten des Gärtners Schulz, aufmerksam, wo er einen Baum aus Nordost liegen 
gesehen habe; ich fand in diesem, südwestlich an die Ecke der Strafsen nach 
Lochwitz und nach Merzdorf anstolsenden Garten jedoch nur 3 Apfelbäume, 
aus SW, NWzW und NNW gestürzt; wahrscheinlich war der letztere der 
emeinte. 
5 Oestlicher, am Rädnitzer Wege, sind auf dem Grundstück des Weinberg« 
besitzers Pokatzky einerseits, auf dem Plateau links, in den von N nach S 
gerichteten Pflaumenreihen auf dem Ackerstück viele Bäume aus SSE, SzE 
(3 mal), SWzW (3 mal) geworfen, andererseits am Abhang (rechts) zur Oder 
im Garten mehrere Bäume, aus S (2) und SEzS, und viele Weinpfähle, aus SE, 
SEzS, S, SzW/SE, WNW/SWzS. Weiter östlich ist ein Haus des Etablissements 
Tivoli fast abgedeckt und sehr beschädigt, obwohl es im Thälchen (bei der 
„Pfeffermühle“) ziemlich versteckt liegt. Auch das höher liegende Haupthaus 
ınd besonders das Vergnügungslokal Bellerue sollen sehr schwer beschädigt 
sein. Hier verliefs ich die Chaussee Crossen-Züllichau, um mich nordwärts zu 
wenden: die Alleebäume an derselben sollen auf der Strecke bis zur ersten 
4) Die oberste Spitze, zus einem gesonderten kleinen Stück bestehend, soll nach der Brücke, 
also nach Süd, geflogen sein, was auf einen Stofs aus Nord noch vor dem Stofs aus Südost deutet. 
% d. h. über einer ganzen Gruppe aus SSE gestürzter Stämme lag ein aus S und darüber 
sin aus W gefallener Stamm, 
Anz. 3. Hyar. etc, 1888, Heft VI.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.