Orkan vom 14, Mai in Crossen und Umgebung.
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picht untersuchten nördlichen Theil des Verwüstungsgebiets jenseits Kähmen
auszunutzen.
Was die Zeit des Unwetters in Crossen betrifft, so erfuhr ich schon auf
dem Hinwege, dafs der Postwagen, der planmäfsig um 3% 15 abgeht, 2—3 Minuten
nach seiner Abfahrt auf der Brücke vor dem Südthore der Stadt umgeworfen
wurde. Nach freundlicher brieflicher Mittheilung des Herrn Postsekretärs
Krahn wurde die telegraphische Verbindung mit Cottbus um genau 3> 20
Crossener Zeit, während der Aufnahme eines Telegramms von da, unterbrochen.
[n einem Artikel über den Orkan von Crossen, welchen Herr Dr. Zenker in
der Vossischen Zeitung vom 23. Mai veröffentlichte, giebt derselbe nach seinen
Erkundigungen am Ort die Zeitdauer der Schreckensscene als von 3* 16” bis
3 18” an. Oben haben wir eine Angabe angeführt, welche diese Dauer auf
4 Minuten schätzt. Alles zusammengenommen, dürfen wir 3* 17” bis 3% 21°
Crossener Zeit als die wahrscheinlichste Zeit der orkanmäfsigen Stärke des
Windes annehmen und voraussetzen, dals die telegraphische Verbindung erst
gegen Ende des Sturmes zerstört wurde,
Am hohen Nordufer der Oder sind zunächst bei der Brücke links unten
einige Hausdächer sehr schwer beschädigt, darüber auf der Höhe ist die Villa
Ambronn mit schlankem, zinnengekröntem Thurm fast unverletzt, Vom Blech-
dach der Kirche soll, wie ich von zuverlässiger Seite hörte, ein grofses Stück
hier, auf halber Höhe des Abhangs, am Wege in Berg gefunden sein, in NNW-
Richtung vom Kirchthurm, gerade über den erwähnten schwer beschädigten
Häusern. Kleinere Kreuze vom östlich anliegenden Kirchhofe sind in die
Fenster der Fischerkneipe westlich der Brücke geworfen worden, also aus Ost
oder Nordost.
Auf dem Kirchhof, welcher sich der Brücke gegenüber den Berg
hinaufzicht, sind eine Menge starker Bäume verschiedener Art (Nufs-, Birnen-,
Lindenbäume etc.) gestürzt, im unteren Theile aus E (1), ESE (1) und SE (4);
ron dem nahe am unteren Ende des Kirchhofes, vielleicht 20 m über der Öder,
stehenden Kriegerdenkmal, das die Form einer gothischen Thurmspitze hat,
ist der oberste Sandsteinblock aus SEzE abgeworfen; derselbe ist eine spitze
achtseitige Pyramide von etwa 45 cm unterem Durchmesser und einem Gewicht
ron etwa 4 Coninern Noch mehr als der Abhang hat der oberste Theil des
Kirchhofes auf dem Plateau selbst gelitten; daselbst lagen diejenigen Stämme,
welche mir der Kirchhofsgärtner als noch ganz unberührt bezeichnete, aus den
Richtungen E, EzS, ESE, SEzE, SzW, SSW (3) und W; ganz besonders
interessant waren die Verwüstungen an drei Stellen, wo die Bäume aus
W/S/SSE (viele),%) aus SWzW/ESE und aus SWzW/S/ESE lagen. Der Kirch-
hofsgärtner bg ga das gleichzeitige Heraufkommen von 3 Gewittern aus
SSE, SW und NW, und machte mich auf eine Stelle etwas weiter westlich, im
Garten des Gärtners Schulz, aufmerksam, wo er einen Baum aus Nordost liegen
gesehen habe; ich fand in diesem, südwestlich an die Ecke der Strafsen nach
Lochwitz und nach Merzdorf anstolsenden Garten jedoch nur 3 Apfelbäume,
aus SW, NWzW und NNW gestürzt; wahrscheinlich war der letztere der
emeinte.
5 Oestlicher, am Rädnitzer Wege, sind auf dem Grundstück des Weinberg«
besitzers Pokatzky einerseits, auf dem Plateau links, in den von N nach S
gerichteten Pflaumenreihen auf dem Ackerstück viele Bäume aus SSE, SzE
(3 mal), SWzW (3 mal) geworfen, andererseits am Abhang (rechts) zur Oder
im Garten mehrere Bäume, aus S (2) und SEzS, und viele Weinpfähle, aus SE,
SEzS, S, SzW/SE, WNW/SWzS. Weiter östlich ist ein Haus des Etablissements
Tivoli fast abgedeckt und sehr beschädigt, obwohl es im Thälchen (bei der
„Pfeffermühle“) ziemlich versteckt liegt. Auch das höher liegende Haupthaus
ınd besonders das Vergnügungslokal Bellerue sollen sehr schwer beschädigt
sein. Hier verliefs ich die Chaussee Crossen-Züllichau, um mich nordwärts zu
wenden: die Alleebäume an derselben sollen auf der Strecke bis zur ersten
4) Die oberste Spitze, zus einem gesonderten kleinen Stück bestehend, soll nach der Brücke,
also nach Süd, geflogen sein, was auf einen Stofs aus Nord noch vor dem Stofs aus Südost deutet.
% d. h. über einer ganzen Gruppe aus SSE gestürzter Stämme lag ein aus S und darüber
sin aus W gefallener Stamm,
Anz. 3. Hyar. etc, 1888, Heft VI.