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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 14 (1886)

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Orkan vom 14. Mai in Crossem und Umgebung. 
B. Die Vorgänge im Verwüstungs-Goebiet. 
Trotz bedeutender Heftigkeit, welche der das Gewitter am Nachmittage 
des 14. Mai begleitende Windstofs auch an manchen anderen Punkten hatte, 
scheinen in Deutschland ernstliche Windschäden an diesem Tage nur auf einem 
ainzigen Streifen von ca 30 km Länge und '/4 bis 2'/s km Breite vorgekommen 
zu sein, dessen mit leichten Schwankungen von SW nach NE gerichteter Verlauf 
aus der beiliegenden auf Tafel 8 beigegebenen Karte ersichtlich ist. Ich habe 
diesen Streifen im Auftrage der Seewarte seiner ganzen Länge nach untersucht 
und mich durch eingehende Erkundigungen von seinen Grenzen überzeugt. Mein 
Hauptaugenmerk wandte ich dabei auf die Richtung der gestürzten Objekte und 
auf das Uebereinanderlagern derselben. !) 
Die Geschichte der wenigen Minuten seiner Dauer an jedem einzelnen 
Punkt hat der Sturm mit riesigen Lettern in den Wäldern und den Baumgruppen 
dieser Gegend niedergeschrieben, Was von den amerikanischen Tornado- 
Forschern längst vielseitig berücksichtigt worden ist und wonach ich vergeblich 
bei dem Gewittersturm vom 9, August 1881 gesucht hatte: Zeugnisse für die 
zeitliche Aufeinanderfolge der Windrichtungen während des Sturmes — das fand 
ich hier an unzähligen Stellen durch das Aufeinanderlagern der Bäume in ver- 
schiedener Richtung gegeben. Wo Objekte, aus verschiedener Richtung gefallen, 
gefunden werden, ist man in der Regel geneigt, hierin den Ausdruck für das 
gleichzeitige Nebeneinander-Bestehen jener verschiedenen Richtungen im Sturme 
zu sehen und dasselbe entweder als Wirkung zufälliger ablenkender Hindernisse 
oder als solche der noch immer geheimnifsvollen Gesetze dieser Lokalstürme 
zu erklären. Man vergifst dabei, dafs für das gleichzeitige Nebeneinander 
verschiedener Windrichtungen auf dem kleinen Raume, so wahrscheinlich es an 
sich sein mag, Beweise fast stets völlig fehlen und auch nur durch besonders 
günstige zufällige Umstände möglich sind. Wo sich an den Zerstörungsspuren 
das Gleichzeitige und das Nacheinander trennen lassen, ist es in dem 
Sinne, dafs für einen Theil der Verwüstungen das Letztere, die zeitliche Reihen- 
folge, unzweideutig nachgewiesen werden kann dadurch, dals der unten liegende 
Baum, wenn er nicht erst durch den auf ihn stürzenden zweiten geworfen ist, 
[rüher gestürzt sein mufs, als der oben liegende. Natürlich haben die im 
Weiteren folgenden Bostimmungen über die Richtung der gestürzten Stämme 
nur so weit Werth, ala man annehmen kann, dafs sie die Richtung des Stofes, 
der sie umwarf oder brach, anzeigen. Bei der Massenhaftigkeit des Untersuchungs- 
Materials und der Knappheit der darauf zu verwendenden Zeit würde eine 
Untersuchung jedes Falles darauf hin, ob er als ganz frei oder als beeinflufst 
(z. B. durch ungleichseitige Bewurzelung und Kronenbildung) anzusehen sei, 
viel zu viel Zeitverlust bedingt und zugleich eine Willkür in die Auswahl der 
gemessenen Fälle hineingebracht haben, welche das Resultat sehr leicht unbe- 
wufßst durch vorgefalste Meinungen hätte trüben können. Ich habe daher, soweit 
Zeit und Umstände es zuliefßsen, alle hervorragenden Fälle gemessen, dabei aber 
für solche Richtungen, die sich an sehr vielen Nachbar- Exemplaren augen- 
scheinlich in ganz derselben Weise wiederholten, mich mit der Aufnahme einiger 
Repräsentanten begnügt. 
Die Gesetzmäfsigkeit tritt dabei durch die grofse Zahl der Fälle doch 
genügend hervor, trotzdem dafs den Ausnahmen eine unverhältnifsmäfsige Be- 
achtung geschenkt werden mufste. Dieses gilt insbesondere auch für den Sinn 
der Drehung des Windes während des Orkans, wie er im Aufeinanderlagern der 
Bäume ausgesprochen ist. Denn da ich sehr bald fand, dafs die Drehung mit 
der Sonne in sehr starkem Malse überwog, so habe ich alle Fälle entgegen- 
gesetzter Drehung, die mir zu Gesicht kamen, sorgfältig aufgezeichnet, während 
ich von der Masse der der Regel entsprechenden Fälle mich vielfach nur mit 
einem Theil, aus Zeitmangel, begnügen mußte. Die Regel war daher procentisch 
in der Natur viel stärker vertreten, als in den unten folgenden Aufnahmen. 
') Zum Peilen der Richtungen benutzte ich zwei Kompasse, deren Nadeln ca 7 und 3 cm 
Länge haben, vorwiegend den kleineren derselben.
	        
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