Cyklone im Golf von Aden im Anfang Juni 1885,
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Wind, aber der Himmel bedeckt und Regen in recht schweren Schauern, Das
Wetter blieb trübe und regnerisch den 8 über, zeitweise in wahren Güsaen.
Gegen 10° 30" kam eine Briese auf aus NNE, welche stetig auffrischte bis
11° 30°, wo sie Stärke 6 erreicht hatte. Das Wetter wurde nun böig, jede
neue Böe brachte schwere Regenschauer. Etwa um 11* 50° wurden die
Sonnensegel aufgerollt und die oberen Raaen niodergoßort. Um © 10” p. m.
wurden bei rasch zunehmendem Winde der Nothanker und der St-B.-Anker
fallen gelassen. Um diese Zeit gab das Barometer noch keine Warnung, indem
28 von Sb a, m. bis 1%" a, m. nur von 753,0 auf 752,8 gefallen war, wie
gewöhnlich in den Tropen; aber der Wind war sehr unstät zwischen NNW und
NNE. Bis jetzt schrieb ich das unruhige Wetter dom Wechsel des Monsuns
zu. Erst um @® 45” p. m., als der Wind plötzlich auf NNW zurückging, kam
mir der Verdacht, dafs wir mehr als das gewöhnliche böige Wetter beim Aus-
bruch des SW-Monsuna zu erwarten hätten, welches ich zwei Mal an der Indischen
Küste kennen gelernt hatte, und als um 1* 20” p. m. der Wind wieder nach
ENE ging und mit großer Heitigkeit wehte, war ich überzeugt, dafs wir in
einem Starın von Cyklon-Charakter uns befanden. Ich glaube, dafs das Baro-
meter (Aneroid- und Marine-) keine Anzeichen vom Nahen des Sturmes gab,
and dafs die einzige Warnung, welche hätte erkannt werden können, und das
nur von einem mit dem Orte fiekunnten, die ungewöhnliche Düuuog war, welche
jn die Bai lief ohne erkennbare Ursache,
Als cs festgestellt. war, dals ein schwerer Sturm zu erwarten war, wurde
jegliche Anstrengung gemacht, die Boote zu sichern und sich für das Schlimmate
vorzubereiten, Der Reserveanker wurde fertig gemacht und die Bootstaljon
eingeschoren. Aber 30 rasch wuchsen See und Wind an, dafs das Aufheifsen
der Boote unmöglich wurde; die Feuer im Dampfkutter und dem Adwmirals-
boot wurden durch die See ausgelöscht, und man mufste alle Eile anwenden,
um die Bemannung aus denselben zu reiten, was nur mit Schwierigkeit unter
Benutzung von Rettungsgürteln und Leinen vom Schiff gelang, weil es ganz
unmöglich war, auf dem gewöhnlichen Wege über die Backspieren an Bord zu
kommen, da das Schiff so schwer arbeitete. Die Mannschaft rom Admiralsboot,
welches an der St-B.-Backspiere befestigt war, war eben an Bord genommen,
als eive furchtbare Sturzsee über das Schiff brach, welche das Boot mit gröfßster
Heftigkeit gegen die Schiffsseite warf, 8o dafs es fast an Deck geschlagen
wäre. Um diese Zeit hatten die Zimmerloute das Dichten der Luken ziemlich
beendet. Dampf war in aller Eile um 1 Uhr bofohlen und Sturmsegel an-
geschlagen für den Fall, dafs die Ankerkabel nicht hielten und wir genöthigt
wären, in See zu stechen. Die große Gefahr, welche ich fürchtete, war, dafs
das Schiff durchstolsen könnte, weil wir auf nur 6 Fad, Wasser lagen; aber
obwohl ich zwei Mal in die Admiralskabine kam, während die See am wildesten
war, fühlte ich keine Berübrung des Grundes.
Um 9 p. m. war das Barometer wieder auf 758,1 gestiegen; das Weiter
wurde allmählich besser, der Wind givg nach SE um, und Wind und See legten
sich ebon 80 rasch, wie sie sich erhoben hatten, Aber das Wetter lieb
regnerisch mit Böen aus SE bis 4" a. m. am 4. Juni. Der niedrigste Baro-
meterstand an Bord der „Bacchanie“ wer 1751,58 mm. (749mm auf 0° Temp.
redueirt.)
Im Wesentlichen übereinstimmend hiermit ist der Bericht des Commander
Merrill Miller U, 8. N. vom Vereinigten Staaten-Dampfer „Marion“ '): „Am
1. und 2, Juni war das Weiter in Aden schwül und drohend, mit mäfsiger
östlicher Briese und See. Am Morgen des 3. Juni wehte der Wind mälig aus
NW mit schwerer und zunehmender Düvung aus SE; der Himmel war dunkel
und drokend. Um 10" a. m. am 3, wuchs der Wind zum Sturm an, mit Böen
von Orkanstärke aus nördlicher Richtung, Regen in Strömen und sehr schwerer
See aus Süd und Ost. Die See brach über die Regeling des Englischen Flagg-
schiffs, welche niedergerissen wurde; das Barometer fiel bis 751,8 mm. Um
3% p. m. begann das Barometer zu steigen, der Wind sprang nach Ost und Süd
um, und der Sturm nahm ab. Schwere Regenböen dauerten in Zwischenräumen
die ganze Nacht fort.“
8 das Journal „Science“, Vol VI No. 128, paz. 553.
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