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Er
Cyklone im Golf von Aden im Anfang Juni 1885,
Um Mitternacht befanden wir uns nach Logrechnung auf 12° 16‘ N-Br
und 50° 58’ O-Lg.
Am 2. Juni um Mitternacht war die See aus N und NW schon 80 hoch
geworden, dafs ich, nachdem ich schon von 10* p. m. mit halber Kraft hatte
fahren lassen, mich genötigt sah, das Schiff an den Wind zu legen und zwar
auf Nordkurs, so dafs wir die höchste See recht von vorn hatten. Der Sturm
and die See wuchsen jetzt rasch an. Es war so finster durch den anhaltenden
Regen und den Wasserdampf, der über das Schiff wie über eine Klippe hinweg-
fogte, dafs nur beim Aufleuchten der unheimlich grellen Blitze etwas vom
Vorderdeck sichtbar wurde. Von 4 Uhr bis 6 Uhr Morgens wehte ein voller
Orkan. Das Schiff lag in eine Wolke von Wassergischt gehüllt, und nichts als
Schornstein und Brücke war zu sehen. Alles am Schiff zitterte, so dafs ich
glaubte, dafs die „Asıa“ die Gewalt des Orkans nicht aushalten würde. Doch
lag das Schiff unter dem schweren Druck des Windes sehr ruhig, und da eos
die gewaltig hohe nördliche See — die einzige, die ich von 4 bis 6 Uhr
Morgens wahrgenommen — recht von vorn hatte, so konnte es auch dieser
widerstehen. Um 6 Uhr Morgens erreichte das Barometer seinen tiefsten Stand,
Alsdann holte der Wind südlicher und wurde nach und nach leichter; aber erst
gegen Mittag — wir befanden uns dann auf 12° 40' N-Br und 50° 41’ O-Lg —
hatten Wind und See so weit abgenommen, dafs wir unseren Ostkurs wieder
aufnehmen konnten.“
Windrichtung und Luftdruck von Mittag, den ], bis Mittag, den %, Juni.
Juni 1 12 Uhr Mittags Wind NW—WNW Luftdruck 757 mın
4 „ PB. . WNW 7
5 » pm „ WNW (a
12 „ Nachts .» WNWAW 0
4 „ am, WzS A,
6 » 8, r WSW „oO
3 8 » am » 3SW 16
2 12 „— Mittags . EKSE 751
6. Deutscher Dampfer „Donar“, Kapt. A. Kuhn, von Cardiff nach
Colombo. „Am 1. Juni um 3 Uhr Morgens passirten wir die kleine Strafse von
Perim, setzten unsern Kurs nördlich von Sokotra und hatten Mittags den Thurm
von Aden in NO*A4N, wonach unser Besteck in 12° 31’ N-Br und 44° 53‘ O-Lgy
stand. Der Wind war bis Mittag fau und unbeständig aos östlicher Richtung
and holte Nachmittags etwas auffrischend nach S und SW. Bei diesig bewölkter
Luft herrschte eine drückende Hitze — die Temperatur der Luft betrug schon
um 8 Uhr Morgens 32° C. — und os wurde ein auffallend unruhiges Verhalten
der Fische und Vögel beobachtet, Im Uebrigen deutete jedoch nichts auf
schweres Wetier hin, Das Barometer behielt seinen gewöhnlichen Stand mit
den regelmäfsigen täglichen Schwankungen, und das Wettor blieb ruhig
and schön.
In der Nacht vom 1. zum 2. Juni bekam jedoch die Luft ein drohendes
schwarzes Aussehen, wie mau es in jenen Gegenden nicht gewohnt ist, und
am den Mond zeigte sich ein grofser Hof. Wind und See waren zur Zeit östlich
und leicht. Zwischen 4 Uhr und 8 Uhr Morgens stellte sich eine sehr schnell
zunehmende östliche Dünung ein, in der das Schiff schwer stampfte, so dafs
zuweilen der ganze Kopf des Schiffes unter Wasser kam und wir bald mit
halber Kraft fbren mufsten. Von 8 Uhr bis Mittag nahm die Dünung der-
mafsen zu, dafs die Seen über die Back hinweg das Verdeck entlang rollten.
Die Luft war diesig und sah drohend aus; das Barometer war jedoch noch
wenig oder gar nicht gefallen, und der Wind blieb leicht. Seine Richtung war
gehr veränderlich; er drehte sich Vormittags von ESE über E nach NE, N und
NNW und holte dann wieder auf NE zurück. Am 2. Juni Mittags standen wir
in etwa 12° 55‘ N-Br und 48° 9‘ O-Lg. Um 0* 30* p. m. setzte, nachdem
vorher einige Regentropfen gefallen waren, plötzlich unter starkem Regen,
Blitzen und Donnern ein steifer zunehmender Wind aus NE ein, so daß wir
Mühe hatten, die noch ausgespannten Sonnensegel zu bergen. Dabei herrschte
sine ungewöhnlich hoch auflaufende östliche See. Da das Wetter sehr drohend
aussah und Anzeichen eines Orkans vorhanden waren, wurden die Iuken
geschalkt und mit eisernen Bügeln versehen, alle Bäume und Ketten gezurrt