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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 14 (1886)

Die Marshall-Inseln. 
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Auf der Arhno-Gruppe sind zwei Stämme mächtig. Der eine hat seinen 
Sitz auf der Insel Zne im Südosten des Atolls, während der andere im Süd- 
westen auf der Insel Arhno ansässig ist. Ueber ersteren Stamm herrschen die 
Häuptlinge Ujelang und Lejuriak; sie waren in früheren Zeiten kleine 
Häuptlinge, die sich aber nach und nach einen Anhang zu schaffen wulsten, mit 
dessen Unterstützung sie die Häuptlinge Dauwit und Legerijar nach Arhno 
verdrängten. Dauwit und Legerijar sind die Anführer des zweiten Stammes 
im Südwesten und die Nachfolger des alten Ujelang, des früheren Häuptlings 
des gesammten Arhno-Atolls, gegen den sich die beiden zuerst erwähnten jungen 
Häuptlinge ebenfalls erhoben hatten, von dem sie aber immer wieder nieder- 
geworfen und in Schach gehalten worden waren. Beide Parteien haben sich 
während ihres Aufenthaltes an Bord versöhnt; sie haben versprochen, ihre 
Grenzstreitigkeiten, wegen welcher sie jetzt, nachdem die‘ eine Partei doch ein- 
mal vertrieben ist, noch in Fehde liegen, friedlich zu ordnen und dann keine 
Streitigkeiten mehr unter einander zu beginnen, 
Auf der Majuro-Gruppo befinden sich auch zwei Hauptstämme, welche 
AD zur Zeit mit einander in Frieden verkehren. Auf der Westseite der 
nsel ist der Häuptling Jiberik König. Derselbe hat trotz seines hohen Alters 
und trotzdem er infolge eines chronischen Rheumatismus vielfach krank ist, den 
Ruf eines kriegerischen Häuptlings, der seine Macht auch dazu mifebraucht, die 
Fremden zu belästigen, resp. gestattet, dafs seine Untergebenen sich ungesetz- 
mäfsig gegen die Fremden benehmen. Der andere Stamm auf der Ostseite steht 
unter dem jungen Kaibuke, der König, aber vollkommen von seinem Rath- 
geber, dem alten Häuptling Reme, abhängig ist. 
Ueber die Maloelab-Inseln und über die Aurk-Gruppe herrscht der Häupt- 
ling Murijil. Ihm zur Seite steht sein Neffe Lebaia (Lebukin), ein Sohn 
Kabua’s. Dieser Lebaia soll früher die Absicht gehabt haben, sich der Herr- 
schaft auf Maloelab zu bemächtigen und Murijil zu verdrängen. Zu grofsen 
Streitigkeiten soll es nicht gekommen sein, vielmehr haben sie sich jetzt ver- 
eibigt, und nimmt man als Grund hierfür den Umstand an, dafs Lailik, ein 
Häuptling aus Majuro, vom Stamme Kaibuke’s, mit 10 An und 4 kleinen 
Kanoes von letzterer Insel ausgezogen war, um die beiden, Murijil und Lebaia, 
aus ihren Besitzungen zu vertreiben. Als S. M. Kr. „Nautilus“ in Maloelab 
ankerte, war von den feindlichen Kanoes noch keins angekommen, und wurde 
von den Häuptlingen dort angenommen, dafs die Kanoes sämmtlich vertrieben 
seien, da sie schon über 14 Tage unterwegs waren. 
Auf den nördlich von Maloelab gelegenen Inseln der Ratack-Gruppe hat 
Murijil die meisten Besitzungen. Er kann als König auf diesen Inseln an- 
gesehen werden, da die auf den einzelnen Inseln ansässigen kleineren Häupt- 
linge größtentheils von Murijil abhängig bezw. ihm unterthan sind. 
Die Bewohner der Marshall-Inseln sind im Allgemeinen von mittlerer 
Statur. Auf den nördlicheren Inseln findet man gröfsere Leute, während auf 
den südlicheren, und besonders auffallend auf Ebon, solche selten sind. Ihre 
Körperfarbe ist ein schmutziges Braun, von welchem man wiederum verschiedene 
Schattirungen auffinden kann. 
Mit wenigen Ausnahmen zeichnen sich die Könige oder Häuptlinge durch 
ihre Größe von ihren Untergebenen aus. Die Weiber sind sämmtlich kleiner 
and etwas voller im Gesicht, als die Männer. Sie verlieren sehr schnell ihre 
Reize, wenn man von solchen überhaupt sprechen kann, und meistens bereits, 
ghe sie zur vollkommenen Reife gelangt sind. Kin Grund hierfür mag sein, 
dafs der geschlechtliche Umgang bei den Eingeborenen ganz frei ist und sie 
schon von früher Kindheit an unter einander geschlechtlich verkehren. 
Die Männer tragen ihr starkes schwarzes Haar nach oben in ein Büschel 
oder einen Knoten zusammengebunden. Bei feierlichen Gelegenheiten, z. B. auf 
Tänzen, Kriegszügen u. 8. w., stecken sie sich als besonderen Schmuck Hühner- 
federn in die Haare. Neuerdings, seitdem die Missionare auf den Inseln Fuß 
yefafst haben, kommt diese alte Tracht immer mehr ab, und das Haar wird 
kurz und glatt getragen. 
Der Bartwuchs ist spärlich, besonders beim Backenbart; die Barthaare 
sind schwarz und ein wenig gekräuselt. Die Haare der Weiber, ebenfalls 
schwarz, hängen lang herunter, werden jetzt aber auch schon kurz gehalten.
	        
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