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Die Marshall-Inseln.
einer Cyklone am 9. und 10, Juni auf 17° N-Br und 70° O-Lg. Die See ging
furchtbar hoch. Alle Segel waren festgemacht, und das Schiff lag während
beinahe 48 Stunden beigedreht. Mehrere der beschlagenen Segel rissen sich
aus den Zeisingen, KEin Rettungsboot wurde losgerissen. Wie der Orkan
während der Nacht an Stärke zunahm, brach eine heftige See über Bord und
spülte Männer, Frauen und Kinder (zurückkehrende Coolies) nach Lee zu.
Während des Orkans, insbesondere während des Abflauens vor dem Umgehen
des Windes, setzten sich eine Menge kleiner Landvögel und sehr grofse Schaaren
von Heuschrecken u. s. w. auf das Schiff,“
„Wahrscheinlich stand diese Cyklone auch im Zusammenhange mit dem
Einsetzen des SW-Monsuns.“
„Es würde von Interesse sein, synoptische Karten zu haben, welche, 8o-
weit möglich, für jeden Tag vom 25. Mai bis zum 15, Juni den Zustand von
Wind und Wetter im Arabischen Meere zeigten.“
(Schlufs folgt.)
Die Marshall-Inseln;
Nach dem Bericht S. M. Kr. „Nautdus“, Kommandant Korv.-Kapt. Rötger.
(Schlufs.)
II. Sociale Verhältnisse, Land und Leute. ;
Die Theilung des gesammten Marshall-Archipels in zwei Gruppen, wie
lies in der Geographie geschieht, kann auch mit Bezug auf die politischen
Verhältnisse dieser Inseln in Anwendung gebracht werden. Während auf der
westlichen, der Ralick-Gruppe, ein Stamm von Häuptlingen der augesehenste
and mächtigste ist, so sind auf der östlichen, der Ratack-Gruppe, verschiedene
Häuptlinge auf den einzelnen Inseln die herrschenden.
— Auf der Ralick-Gruppe hat der Stamm, welchem der Häuptling Kabua,
früher Lebon genannt, angehört, den gröfsten Besitz und daher auch die
gröfste Macht. ;
Obgleich Kabus im Grunde genommen nicht gerade der reichste der
auf dieser Gruppe lebenden Häuptlinge ist, zo ist er doch stets als der erste
der Häuptlinge der Ralick-Inseln anerkannt worden. Wenn man die Besitz-
ihümer seiner Kinder hinzurechnet, ist er auch wohl einer der gröfsten Land-
besitzer auf der Gruppe. So ist sein Stiefsohn Nelu ein sehr reicher Häuptling,
welcher besonders auf Ebon grofsen Landbesitz hat; auch seine beiden richtigen
Söhne, die zur Zeit noch sehr jung sind, haben vielen Landbesitz, der aber als
ein Erbtheil ihrer Mutter vorläufig dem Kabus selbst nicht gehört,
Nächst Kabua sind der oben erwähnte Nelu, Loiac, sein Bruder
Lagajime, Litokus und der Schiffer Launa die einflufsreichsten Häuptlinge
der Ralick-Gruppe.
Einen bestimmten Wohnsitz hat Kabua nicht, er hat überall auf den
Inseln, wo er oder seine Anverwandten Ländereien besitzen, seine Hütten, und
hält er sich bald hier bald dort auf. In Jaluit ist ihm von Seiten der Fremden,
nachdem er als der König von letzteren anerkannt worden war, ein im Vergleich
zu den Hütten der Eingeborenen hervorragendes Häuschen erbaut worden, um
ihn mehr nach Jaluit zu ziehen. Jetzt ist ihm diese Insel als Hauptresidenz
abgewiesen worden,
Auf der Ratack-Gruppe sind folgende Häuptlinge die herrschenden. In
der Mille-Gruppe ist Leaugnat, der Neffe des verstorbenen Häuptlings Kai-
buke, erster Häuptling oder König. Er ist ein noch junger Mensch, der sehr
anter dem Einflufs des dortigen Missionars Jeremiae steht. Letzterer ist ton-
angebend in diesem Atoll, und hat er und sein Missionsanhang den Lesugnat
zum Könige gemacht.