Cyklone im Golf von Aden im Anfang Juni 1885.,
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hülflos waren. Die meiste Gefahr brachte den Schiffen die wilde See, Unter
dem Druck der rasch aufeinander folgenden Winde aus verschiedenen Richtungen
ihürmte sich das Wasser steil in Pyramiden auf und drohte jeden Augenblick,
sich mit zerstörender Wucht von oben auf das Verdeck zu stürzen. Kine Reihe
von Schiffen erlitt auf diese Weise Verlust von Böten und schwere Beschädigungen
ihrer. Verdeckaufbauten. Dem Dampfer „Inchulva“ wurden durch eine über-
brechende See die Luken eingeschlagen” Das Wasser drang in den Raum,
and hätte jetzt zur noch eine schwere See das Schiff getroffen, so wäre es
vielleicht, ebenso wie der Dampfer „Speke Hall“ und andere zum Sinken ge-
bracht worden. Von dem herrschenden Unwetter können wir kein besseres
Bild geben, als durch die Schiffsberichte selbst, die wir hier in der bereits
früher angegebenen chronologischen Ordnung folgen lassen,
Vorher wollen wir indessen noch den Lesern, im Anschlufs an die obigen
Darlegungen, die Bemerkungen mittheilen, welche der Direktor des Observa-
toriums von Mauritius, Charles Meldrum, am Schlusse einer ähnlichen, freilich
auf geringerem Material fufsenden Arbeit über diese Cyklone ausspricht,
Die Direktion hatte sich an alle Aemter in Europa und Indien, deren
Aufgabe es ist, Material über Phänomene von der Natur der in Rede stehenden
Uyklone zu sammeln, gewandt und um Unterstützung in der Bearbeitung dieser für
die Deutsche Kaiserliche Marine von einem schweren Verluste.begleitet gewesenen
Erscheinung gebeten. Auch an Mr. Meldrum auf Mauritius hatte die Seewarte
ihre Bitte gerichtet, und sie erhielt denn auch vor einiger Zeit einen eingehen-
den Bericht, welchem wir nachfolgend den Theil entnehmen und in Uebersetzung
hier wiedergeben, welcher Meldrum’s Ansichten über die Cyklone enthält.
Kaum ein Meteorologe ist so berufen und befähigt, eine solche Ansicht auszu-
sprechen, als der seit mehr als 30 Jahren in der cyklonenreichsten Gegend des
indischen Oceans forschende Direktor des Mauritius-Observatoriums. Es heifst
in Meldrum’s Bericht nach Besprechung des Materials, von welchem im Vor-
stehenden schon die Rede gewesen, wie folgt:
„Aus allen diesen Angaben folgt klar, dafs die Cyklone sich von Ost
dach West bewegte, doch können wegen Mangels genauer Information über die
Position der Schiffe und die Windrichtungen zu bestimmten Zeiten für jetzt
nur angenäherte Zahlenwerthe über die Bahn, die Ausdehnung und die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit des Sturmes gegeben werden,“
„Um Mittag am’ 1. befand sich der „Diomed“ auf 12° 39‘ N-Br und
50° 30° O-Lg mit dem Barometer auf 29,90“ (759,4 mm), schönem klarem
Wetter und einer Dünung von vorn. Um 8* p.m. hatte er eine Böe von ENE
mit Regen, welche, wie es scheint, der Anfang schlechten Wetters für ihn war.
Bis 11* 30” p.m. ward es ein Orkan, indem um diese Zeit der Wind von ENE
nach WNW krimpte mit einem Barometerstande von 29,05“ (737,9 mm). Am
Morgen des 2. wehte noch Orkan, aber Windrichtung und Barometerstand
sind nicht angegeben, Um Mittag am 2, besserte das Wetter sich; aber es
ist weder die Zeit des Besserwerdens noch die Windrichtung angegeben. Falls
„Diomed“ von Mittag bis 8* p. m. seinen Kurs mit 12 Sm per Stunde innehielt
und weiter von 8 p.m. bis 10* p.m., während welcher Zeit die Maschine auf
„langsam“ gestellt war, mit 7 Sm per Stunde, so würde er um die letztgenannte
Stunde sich auf etwa 12° 50‘ N-Br und 52° 12' O-Lg befunden haben. Es
wird nicht angegeben, ob der Wind noch fortfuhr, zu krimpen, bis er aus SW
wehte; wenn das der Fall war, so passirte das Sturmcentrum im Norden des
Schiffes. Da die niedrigste Barometerablesung 29,05” (737,9 mm) um 11* 30°
Abends statthatte, und da in der Frühe des 2. ein Orkan wehte, so darf man
annehmen, dal das Schiff etwa um Mitternacht am 1. dem Sturmcentrum am
nächsten war.“
„Die niedrigste verzeichnete Barometerablesung zu Aden am 3, war um
6% p. m., nämlich 29,71” (754,6 mm). Es mag aber um 1* oder 2* Nachmittags
niedriger gestanden haben, denn es wehte um die letztgenannte Zeit viel stärker,
als zwischen 5* und 6* Abends.!) Das Drehen des Windes am Ufer von NNW
nach N, NE und SE zeigt, dafß das Sturmcentrum südlich von Aden vorüber-
1) Nach den vorliegenden Auszügen aus den Journalen X. Br. M. Schiffe „Turquoise“ und
‚Bacchante* ergiebt sich der auf der Rhede von Aden beobachtete niedrigste Stand zu 749 mm.
Ans. d. Hydr. etc., 1596, Haft Y.