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Cyklone im Golf von Aden im Anfang Juni 1885.
bis WSW, dann über S nach SE drehend; Dampfer „7ritos“, ebenfalls an der
Südseite, von NW über W _drehend, dann abflauend, darauf von SW wieder
einsetzend und über S bis SE holend. Aehnlich war der Vorgang 32 Stunden
später auf dem „Duke of Devonshire“, Bei den an der Nordseite der Bahn
stehenden Dampfern „Fabert“, „Donar“ und „Inchulva“ drehte sich der Wind
von NE, beziehentlich NzE über, E nach SSE, beziehungsweise S. Bei „Donar“
fand indessen vor dem Drehen nach rechts zunächst noch ein Drehen des Windes
nach links statt; ebenso in Aden. Der Sturm setzte zuerst aus NE ein, krimpte
darauf bis N oder NW und hielt sich in dieser Richtung, bis das Minimum
sehr nahe gekommen war; dann ging er, nach rechts drehend, über NE und E
bis SSE. Die Ortsveränderung des Dampfers während des Sturmes war so gering,
dafs das eigenthümliche Verhalten des Windes darauf nicht zurückgeführt wer-
den kann. Es dürfte sich jedoch auch ohne diese und unter Voraussetzung
einer überall gleichen Abweichung der Windrichtung von der Richtung des
Gradienten sehr wohl erklären lassen, wenn man annimmt, dafs die Isobaren
in der Nähe des Minimums der Deprossion Kreise, weiter abwärts aber in der
Bahnrichtung gestreckte Ellipsen gebildet haben. Mit Annahme einer golchen
Gestalt der Depression ist auch das spätere Zurückdrehen des Windes von SSE,
bez. S nach E, welches von „Donar“ wie von „Inchulva“ berichtet wird, in
Uebereinstimmung. Das auf dem „Donar“ und in Aden beobachtete anfängliche
Krimpen des Windes auf der rechten Seite der Bahn scheint bei Stürmen und
Orkanen keineswegs selten zu sein, und daraus folgt, dafs die‘ beobachtete
Drehung des Windes nicht immer einen richtigen Schlufs auf die Stellung zur
Bahn gestattet.!)
Wenngleich die Schiffe in den meisten Fällen schon in eine sehr gefähr-
liche Nähe des Orkancentrums gekommen waren, bevor sie den ersten Wind
erhielten, und nach dem Einsetzen nur eine sehr kurze Zeit bis zum Herein-
brechen des vollen Orkans verstrich, machten sich die Anzeichen des heran-
nahenden Wetters doch schon in weiter Entfernung und infolge des verhältnifs-
mäflsig langsamen Fortschreitens der Depression also‘ auch eine ziemlich lange
Zeit vorher bemerklich. Das drohende schwarze Aussehen der Luft im Osten
und Nordosten, der Hof um den Mond und die eigenthümliche grelle Beleuchtung
bei Sonnenauf- und Untergang, wozu in der späteren Zeit sich noch ein. fort-
währendes Blitzen gesellte, wurden nach den übereinstimmenden Berichten aller
Beobachter schon in einer Entfernung von etwa 300 Sm vom Orkancentrum
wahrgenommen und von allen als Vorboten kommenden Unwetters angesehen,
Die meiste Warnung gab ihnen jedoch die hohe östliche Dünung, die dem
Sturme bis in eine Entfernung von 200 Sm vom Centrum vorherging und um
so höher wurde, je näher das Sturmfeld heranrückte. Nach den Bemerkungen,
welche die Schiffsführer über ihre Auffassung der Wetterlage in. ihren Berichten
machen, darf man wohl annehmen, dafs kein Schiff gänzlich unvorbereitet in
diesen Orkan hineingerieth.
Der Golf von Aden bildet einen Theil des viel befahrenen Seeweges, der
von Europa durch den Suez-Kanal nach Indien, China, Australien und der Ost-
küste von Afrika führt. Es herrscht hier deshalb, wenn auch nicht von Segel-
schiffen, die mit Ausnahme der einheimischen Küstenfahrer den Golf nur sehr
selten besuchen, doch von Dampfern ein sehr reger Verkehr, und da das ver-
hältnifsmäfsig enge Fahrwasser wenigstens im inneren Theile des Golfes fast
in seiner ganzen Breite vom Felde des Orkans eingenommen wurde und letzterer
das Fahrwasser seiner vollen Länge nach durchzog, so konnte es nicht aus-
bleiben, daß eine grofse Anzahl Schiffe von diesem Sturme betroffen wurde.
Vornehmlich waren es natürlich die ostwärts, dem Sturme entgegen fahrenden
Dampfer, während die westwärts steuernden, da sie in nahezu gleicher Richtung
und mit derselben Geschwindigkeit wie der fortschreitende Orkan fuhren, ent:
weder vor oder hinter demselben blieben. |
Aus allen Berichten geht hervor, dafs der Sturm, wie schon nach den
angegebenen ungemein grofsen Gradienten zu erwarten, mit gewaltiger Stärke
auftrat, der gegenüber auch die Dampfer trotz ihrer Maschinenkraft vollständig
1) Siehe auch die Bemerkungen im Segelhandbuche für den Atlantischen Ocean, herans-
gegeben von der Direktion der Seewarte. Seite BI6 #.