146
Sonne als Ursache der Schwankungen des Eirdmagnetismus und der Polarlichter.
Die Induktion in rotirenden Kugelschalen bedingt zweierlei Ströme,
nämlich Meridianströme und Aequatorialströme; nach Lamont ist die Haupt-
richtung der Erdströme von Osten nach Westen, senkrecht zum astronomischen
Meridian. Beständen die leitenden Kugelschalen aus lauter einzelnen, über die
Pole gelegten elektrischen Leitern, so würden die Induktionsströme zu ver-
gleichen sein mit denjenigen, welche in der Trommel einer v. Hefner-Alteneck-
schen Dynamomaschine entstehen. Auf homogenen Kugelschalen ist aber die
Leitung auch seitwärts zur inducirten Stromrichtung geschlossen, und auf allen
Breiten strömen Zweigströme in äquatorialer Richtung von einem Iunduktions-
strome zum andern über.
Eine ungefähre Vorstellung hiervon giebt Fig. 2. Man denke sich den
Sonnenstrom über dem Papier von unten nach oben gerichtet, so stellt die
Kugel die beleuchtete Hälfte der Erde dar. Durch N—5$ ist die Erdaxe, durch
w und s sind die magnetischen Pole, und durch den Pfeil, welcher von W nach 0
zeigt, die Rotationsrichtung der
Erde gekennzeichnet. Die Pfeile
am östlichen und westlichen
Rande geben die Richtung der
polaren Induktionsströme an,
während die horizontalen, von
Osten nach Westen gerichteten
Pfeile die Zweigströme in äqua-
torialer Richtung angeben. Die
elektromotorische Kraft ist um
so größer, je größer die Rota-
tionsradien sind, die polaren
Induktionsströme haben also in
den Aequatorgegenden gröfsere
Intensität, als in den höheren
Breiten. Der Unterschied der
Stromstärke in je zwei benach-
barten Breiten setzt Zweigströme
voraus, wegen der Einwirkung
des Erdmagnetismus können die-
selben aber nur die Richtung
von Osten nach Westen ein-
schlagen, also, dafs sie mit den
Ampere’schen Strömen parallel
und gleich gerichtet sind.
Wenn die elektromotorische Kraft am Aequator am stärksten ist, so
bedingt dieses nicht, daß daselbst auch die äquatorialen Ströme am stärksten
sind, im Gegentheil, die Stärke dieser Ströme ist von der Aenderung der
elektromotorischen Kraft abhängig, und letztere ist in den Aequatorgegenden
am kleinsten. Am Aocquator geht von der inducirten Eloktricität der verhältnils-
mäfsig kleinste Theil in äquatoriale Ströme über, und dieses Verhältnifs wird
um so größer, je höher die geSETaphNO Breite ist, welche in Betracht kommt.
In der Nähe der Pole ist die Intensität der äquatorialen Ströme am gröfsten,
während die elektromotorische Kraft sehr rasch abnimmt; die aus den Aequator-
gegenden nach den Polen strömende Elektricität wird durch den Erdmagnetismus
noch ganz besonders angezogen und in jenen Gegenden verdichtet, wo die
magnetische Kraft am gröfsten ist. Durch die elektrischen Aequatorialströme
wird die Intensität des Erdmagnetismus vergröfsert, während die Deklination
and Inklination dadurch wenig alterirt werden, nur die polare Komponente
der Induktionsströme kommt hierbei zur Geltung, und die Osecillationen der
Magnetnadeln zeigen nur diese an. Die äquatoriale Richtung ist schon an und
für sich ziemlich senkrecht zur Richtung der Magnetnadeln und kann deshalb
keine wesentliche Ablenkung verursachen. Berücksichtigt man dagegen jedesmal
die Lage und Richtung der polaren Induktionsströme in der oberen Schicht der
Atmosphäre und die Stellung der Sonne zur Erde, so findet man, dal die täg-
lichen Schwankungen kombinirte Wirkungen der Induktionsströme und des
Sonnenstromes sind.
a