138 Sonne als Ursache der Schwankungen des Erdmagnetismus und der Polarlichter,
dafs durchaus nicht die Nothwendigkeit vorhanden sei, der Sonne magnetische
Kräfte beizulegen, dabei an eisenhaltige Stoffe zu denken und diese als die
Ursache des Magnetismus zu Grunde zu legen, er dachte vielmehr an elektro-
dynamische Einwirkungen elektrischer Ströme auf der Sonne, welche durch ihre
magnetische Fernwirkung die Störungen des Erdmagnetismus verursachen,
Die Polarlichter sind den Schwankungen des Erdmagnetismus so naho
verwandte Erscheinungen, dafs man die einen für die Ursache der anderen,
oder beide für die Wirkungen einer gemeinschaftlichen Ursache ansehen könnte.
Die Polarlichter entstehen in den oberen Schichten der Erdatmosphäre, jeden-
falls in denjenigen Schichten, deren Dichtigkeit für die elektrische Leitung am
günstigsten ist. Ihrer Entstehung liegt offenbar dieselbe Ursache zu Grunde,
welche auch die Erdströme hervorruft, denn letztere und die unregelmäfsigen
Schwankungen des magnetischen Zustandes werden am häufigsten zur Zeit der
Polarlichter wahrgenommen. Ueber die Koincidenz der Erdströme, magnetischen
Schwankungen und Polarlichter kann kein Zweifel mehr aufkommen; nach
astronomischen Beobachtungen stimmt aber auch die Zeit dos maximalen und
minimalen Auftretens der Sonnenflecke und anderer solarer Phänomene so genau
mit dem Erscheinen der Polarlichter überein, dafs die gegenseitigen Beziehungen
dieser Erscheinungen ebenfalls nachgewiesen sind. Wer die Tabellen von Wolf
and Fritz übersicht, findet, dafs seit fast zweihundert Jahren die Maxima und
Minima der Nordlichter mit den Maxima und Minima der Sonnenflecke gleichen
Schritt halten. Kleine Differenzen beweisen eben weiter nichts, als dafs die
Polarlichter nicht direkt durch die Sonnenflecke entstehen, sondern dafs letztere
ebenso wie erstere nur eine Folge einer gröfseren Kraft, nämlich der allgemeinen
Sonnenthätigkeit sind. Die Zeitdifferenzen sind dann bei der nächsten Periode
wieder ausgeglichen, wie die Resultate der Beobachtungen aus diesem Jahr-
hundert durchweg zeigen. Im Grofsen und Ganzen stimmen die Erscheinungen
der Zeit nach vollständig miteinander überein, auch die regelmäfsigen Oscillationen
der Magnetnadeln sind von der Sonnenthätigkeit so abhängig, dafs Wolf die
Gröfse derselben aus der Zahl der beobachteten Sonnenflecke ableiten konnte.
Die Ursache aller dieser Erscheinungen kann also nicht auf der Erde gesucht
werden, sondern nur allein auf der Sonne.
Wenn elektrische Ströme die Ablenkungen der auf der Erde aufgestellten
Magnetnadeln verursachen, so müfste man aus diesen Ablenkungen einen Schlufs
auf die Richtung der Sonnenströme ziehen können, namentlich, da die regel-
mäfsigen Schwankungen jeden Tag dieselben sind. Dieses ist in der That
möglich, und genauere Untersuchungen liefern das überraschende Resultat, dafs
die magnetischen Fernwirkungen der Sonne auf den Erdmagnetismus genau so
stattfinden, als ob auf der Sonne ein elektrischer Strom vorhanden wäre, der
die Richtung von Süden nach Norden hat. Allerdings sind diese Untersuchungen
nicht sehr einfach; Induktionsströme, welche durch die Rotation der Erde unter
dem magnetischen Einfluß der Sonne ins Leben gerufen werden, kompliciren
die Schwankungen der Magnetnadeln. Auch mufs berücksichtigt werden, dafls
die elektrischen Ströme nicht direkt auf die Magnetnadel, sondern erst auf den
Erdmagnetismus wirken und dieser dann auf die Magnetnadeln, und das Ver-
halten der Inklinationsnadel ist bei dieser Gelegenheit ein ganz anderes, als
das der Deklinationsnadel. Bei genügender Würdigung aller Umstände ist das
Resultat das, dafs der Erdmagnetismus bei seinen Schwankungen dem Oerstedt-
schen Gesetze folgt.
Die erste Frage bei solchen Betrachtungen ist gewöhnlich nach der Ur-
sache, so auch hier nach der Ursache des gewaltigen elektrischen Stromes auf
der Sonne. Wäre die Erklärung so einfach, so würde man den Ansichten von
Bode und Herschel, dafs die Sonne ein elektrisches Feuer sei, mehr Glauben
schenken, und trotz dessen, dafs die Wahrheit oft ignorirt wird, weil man die
Ursache der Erscheinungen nicht ohne Weiteres erklären kann, hat jene Ansicht
dennoch sehr viel für sich. Die Ansicht kann uns bier aber wenig interessiren,
es möge daher direkt zum Versuche übergegangen werden, auf Grund wissen-
schaftlicher Thatsachen die Ursache des elektrischen Sonnenstromes zu erklären,
am dann zu den magnetischen Wirkungen desselben zurückzukehren,
. Ein elektrischer Strom auf der Sonne, welcher die Stärke hat, die Polar-
lichter und erdmagnetischen Schwankungen hervorzurufen, kann nur durch die