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Form und Bewegung der Cyklonen,
Für Europa glaube ich in meinen Untersuchungen über die „Typischen
Witterungserscheinungen“ die Richtigkeit der Ansicht dargethan zu haben, dafs
die Cyklonen der Gesammtluftströmung folgen, und insbesondere sprechen für
diese Thatsache das Umbiegen der Cyklonen und die anomalen Fortpflanzungen
nach West hin bei entsprechend veränderter Luftdruck- und Temperatur-
rertheilung.
Das folgende Kapitel behandelt die Geschwindigkeit des Fortschreitens
der Cyklonen. Wir stellen vergleichend die mittlere Geschwindigkeit der
Cyklonen für Nordamerika, den Atlantischen Ocean und Europa zusammen,
erstere nach 13jährigen Beobachtungen in den Vereinigten Staaten (1872/84), die
zweite für eine 4jährige Zeitepoche nach dem „International Bulletin“ (1879/82)
and letztere für das Lustrum 1876/80 nach meinen Untersuchungen. Die Zahlen
bedeuten englische Meilen pro Stunde.
Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt, Nov. Dez. Jahr
Nordamerika 33.8 342 31,5 27,5 25,5 244 246 226 247 276 299 334 284
Atlant.Ocean 17,4 19,5 19,7 194 166 175 158 168 17,2 187 200 183 18,0
Europa 17.4 180 17,5 162 147 15,8 142 140 173 190 186 179 16,7
Aufserdem läfst sich die mittlere Geschwindigkeit für die Nachbarschaft
Westindiens mit 14,7, für die Bai von Bengalen und die Chinasee mit 8,5 Meilen
pro Stunde angeben.
Die mittlere Geschwindigkeit der Minima ist also in den Vereinigten
Staaten bedeutend größer als in Europa, etwas weniger als doppelt so grofs;
auf dem mittleren Nordatlantischen Ocean ist sie größer als in Europa, kleiner
als in Nordamerika, so dafs also die mittlere Geschwindigkeit von Nordamerika
ostwärts über den Ocean hinaus nach dem Europäischen Kontinente abnimmt.
Hiernach ist die frühere Ansicht, dafs die Minima, welche den Nordatlantischen
Ocean durchziehen, eine geringere Geschwindigkeit hätten, als diejenigen auf
dem Nordamerikanischen und Europäischen Kontinente, unrichtig. Vielleicht
Jürfte dieses Verhalten dadurch zu erklären sein, dafs die Winde auf der
Vorderseite der Cyklonen auf dem Amerikanischen Kontinento gröfstentheils
Seewinde, in Europa Landwinde sind, während auf dem Ocean die Verhältnisse
auf allen Seiten der Cyklonen nahezu dieselben sind.
Die Aenderung der Geschwindigkeit der Cyklonen in der jährlichen
Periode ist auf den drei in Betracht fallenden Gebieten nicht unähnlich. In
Nordamerika und Europa fällt das Minimum der Geschwindigkeit auf den August,
auf dem Atlantischen Ocean auf den Juli. In Amerika findet das Hauptmaximum
im Februar gleichzeitig statt mit einem sekundären Maximum in den übrigen
Gebieten, während hier das Hauptmaximum im Oktober (Europa) und November
“Atlantischer Ocean) sich ereignet. Diese unverkeunbare Uebereinstimmung
Auf dem grofsen Gebiete zwischen dem Felsengebirge und dem Ural bietet einen
wichtigen Fingerzeig dafür, dafs ganz allgemeine Ursachen den Bewegungen
der Miniina zu Grunde liegen,
Für die mittlere Fortpfanzungsgeschwindigkeit der Minima und die
mittlere Windgoschwindigkeit, sowie das Verhältuiß beider ergaben sich folgende
Werthe (Miles pro Stunde):
Minima Wind Verhältaifs
Vereinigte Staaten 28,4 95 3,0
Nordatlantischer Ocean 18,0 29,8 76
Europa 16,7 10,3 6
Westindien 13,7 6,2 2,3
Südasien 8,4 5,5 1,3
Ueber dem Atlantischen Ocean ist die mittlere Windgeschwindigkeit be-
irächtlich gröfser, als die Geschwindigkeit der Minima, in den übrigen Erd-
‘heilen kleiner, in den Vereinigten Staaten sogar 3 Mal, in Europa 1,6 Mal
geringer. Die Ursache dieses ungleichen Verhaltens mufß nach Loomis eine
mächtig wirkende sein, und scheint wenigstens theilweise in der Vertheilung
der Niederschläge in der Depression zu liegen; dieses will Loomis demnächst
zum Gegenstande einer Untersuchung machen.