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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

Ueber Gewitter- und Hagelbildung. 
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berücksichtigt werden. Wir beobachten daher auch häufig, dafs die Hagel- 
körner beim Aufschlagen auf den Boden in hohem Mafso elektrisch sind. So 
beobachtete Peltier (nach Kämtz) auf dem Faulhorn Graupeln von so hoher 
elektrischer (negativer) Spannung, ’dafs keines seiner Instrumente zur Messung 
derselben ausreichte. 
Die Anwendung dieser Sätze auf die Vorgänge bei dem Gewitter ergiebt 
nun unmittelbar die Ursache der elektrischen Erscheinungen desselben. Die 
Kondensation des Wasserdampfes und die Tropfenbildung geht infolge der Wirbel- 
bewegung in aufserordentlich rascher und ergiebiger Weise vor sich. Damit ist 
aber auch nach den obigen Sätzen sofort klar, wie solche enormen Mengen von 
Elektricität sich in kürzester Zeit bilden müssen. Denn man sieht leicht ein, 
dafs, wenn Tausende von diesen Wasserkügelchen und Bläschen zu Tropfen 
zusammenfliefsen, eine sehr starke und plötzliche Vermehrung der elektrischen 
Spannung an ihrer Oberfläche stattfinden mufs. Die Elektrieität springt daher von 
Tropfen zu Tropfen und indem sie schliefslich in einem Augenblick aus allen 
Theilen der Wolke nach der Oberfläche stürzt, bildet sich der Blitz. Es ist 
auch eine bekannte Thatsache, dafs nach jedem starken Blitz ein heftiger 
Regengufs um einen zum Herunterfallen nöthigen Zeitraum später niederstürzt, 
Wahrscheinlich wird infolge der plötzlichen Abnahme der Spannung bei der 
Entladung und der damit verknüpften Erschütterung der Luft die ebenso plötz- 
liche Vereinigung der Wasserkügelchen zu grofsen Tropfen bewirkt, die sonst 
durch ihre gegenseitige Abstofsung auseinander gehalten worden wären. Man 
arkennt ferner, dal zur Erreichung einer so hohen elektriechen Spannung eine 
entsprechende Geschwindigkeit der Bildung von Wassertropfen oder Eismassen 
nothwendig ist, und dieser Umstand spricht ebenfalls zu Gunsten der Wirbel- 
bewegung, da nur diese im Stande ist, eine so rasche Kondensation des Wasser- 
dampfes zu bewirken, wie sie nöthig ist, um einerseits die heftigen elektrischen 
Entladungen zu ermöglichen, andererseits so ungeheure Wassermengen oder 
Eismassen in kürzester Zeit zu bilden, Endlich erkennt man auch jetzt den 
angen Zusammenhang zwischen Blitz und Regen; denn die Bildung der Wasser- 
tropfen oder Hagelkörner und die Entwicklung von Elektrieität laufen als zwei 
von einander abhängige und eng verknüpfte Prozesse zeitlich und örtlich neben 
einander her.‘ Keiner dieser beiden Prozesse ist also als Ursache oder Folge 
des andern zu betrachten, sie bedingen sich gegenseitig. 
Die Beobachtung hat ergeben, dafs, so lange die Gewitterwolke blitzt, 
in ihr heftige Bewegung vorhanden ist. Auch diesen Satz kann ich nur als 
eine Bestätigung der hier aufgestellten Theorie betrachten. Diese Wolke bildet 
eben den unteren Theil des Wirbels, wo gerade die heftigste Bewegung statt- 
finden muß. Die sich bildenden Wasserkügelchen, Tropfen oder Eismassen 
erleiden infolge der Wirbelbewegung eine heftige Reibung an der Luft, und 
diese Reibung bildet ebenfalls eine ergiebige Elektricitätsquelle. Faraday 
fand, dafs der aus einem Dampfkessel ausströmende Dampf nur dann elektrisch 
wurde, wenn er feucht war, d. h. wenn er Wassertheilchen mit sich fortrils 
und wenn dieser feuchte Dampf sich an der Ausflufsöffnung rieb. Auch beob- 
achtet man häufig, wenn man sich senkrecht unter einer Gewitterwolke befindet, 
eine stampfende Bewegung; man hat den Eindruck, als würden einzelne 
Theile der Wolken abwechselnd herabgedrückt und wieder in die Höhe gezogen, 
ähnlich wie bei den Tornadowolken.!) 
1) Bei dieser Gelegenheit will ich noch nachträglich einen sehr leicht anzustellenden Versuch 
mittheilen, der die pendelnde und hüpfende Bewegung, die man bei Wirbeln, besonders bei Tornados, 
häufig beobachtet, in klarer Weise zeigt. Wenn man ein cylindrisches Glasgefäfs (ich. nahm den 
Glascylinder zur Messung der Regenmenge, aber auch jede gewöhnliche Wasserflasche genügt zu dem 
Zweck) mit Wasser bis zur Höhe von 10—15 cm füllt, dann dem Wasser etwas sehr feinen Staub 
zur Markirung der Bewegungen beimischt, und nun durch passende Bewegung der Hand die ganze 
Wassermenge in sehr rasche Rotation versetzt, dann das Glasgefäfs plötzlich still hält (vertikal), so 
bildet sich der bekannte Trichter, der sich nach unten hin in einen feinen Wirbelfaden fortsetzt, 
Dieser Wirbelfaden macht nun eben diese pendelnde und hüpfende Bewegung mit seinem unteren 
Ende, und man erkenut deutlich, wie diese letztere eine Folge davon ist, dafs die oberen rotirenden 
Schichten nicht in einer genau horizontalen Ebene rotiren, trotzdem man das Glasgefäfs möglichst 
vertikal hält, weil bei der Bewegung der Hand zur Hervorrufung der Drehungsbewegung nothwendig 
zine kleine auf- und abgehende Bewegung mit unterläuft.
	        
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