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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

Bemerkenswerthe Stürme. 
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selben. in 12 Stunden 20mm betrug. Während über der Nordsee die Luft- 
bewegung allenthalben stürmisch geworden war, waren über der Ostsee die 
südlichen Winde zwar aufgefrischt, allein einen stürmischen Charakter hatten 
sie noch nirgends angenommen. 
Um. Mittag wurde für sämmtliche Signalstellen das Signal ver- 
schärft und besonders für die Nordsee- und westliche Ostseeküste 
das Rechtsdrehen der Winde nach Nordwest durch ein eigenes Signal 
ausdrücklich betont. 
Während das Minimum nordostwärts der norwegischen Küste entlang 
fortschritt, breitete sich das Sturmfeld weiter ostwärts über die Ostsee aus 
und drang auch südwärts bis zum Alpengebiete vor. Auf der beigegebenen 
Karte vom 26. Oktober 8 p. m. finden wir das Phänomen in voller Entwicke- 
lung dargestellt. 
Ueber der Nordsee waren die Winde Abends nach West und Nordwest 
gedreht und hatten die Stärke eines vollen Sturmes erreicht, welcher in den 
einzelnen Böen eine aufserordentliche Heftigkeit annahm. Hierdurch wurden der 
Deutschen Nordseeküste gewaltige Wassermassen zugeführt, so dafs trotz der 
dove tide eine ungewöhnlich hohe Fluth zu Stande kam. Auf Sylt wurden alle 
Wiesenländereien unter Wasser gesetzt, und mehreres Vieh ertrank. 
Am 26. Abends und in der folgenden Nacht fanden auf der Küsten- 
strecke von Borkum bis Friedrichsort überall Gewitter mit Begleitung von 
Hagelfällen statt. Ein Fortschreiten derselben ist nicht deutlich zu erkennen; 
die Zeit ihres Auftretens am Abend fällt mit der einzigen Ausnahme von Weser- 
Leuchtthurm (5* 20 p. m.) auf die Zeit von 7 bis 8* p. m., eine zweite Entladung 
erfolgte, wie es scheint, meistens um Mitternacht, Diese Gewitter kommen, 
wenigstens an der westdeutschen Küste, dann fast allemal vor, wenn starke 
oder stürmische Winde aus der südwestlichen und westlichen in die nordwest- 
liche Richtung übergehen, und scheinen ihren Entstehungsgrund in der Ein- 
wirkung der kalten durch die nordwestlichen Winde herbeigeführten Luftmassen 
auf die wärmeren zu haben. Die Neigung zur Bildung von Gewittern ist 
deutlich durch den unruhigen Verlauf der Barometerkurven für Borkum, Keitum 
und Hamburg am Abend und in der Nacht ausgesprochen, während die übrigen 
Kurven einen ungestörten Verlauf haben. 
Am Morgen des 27. lag das Minimum mit einer Tiefe von unter 715 mm 
an der mittleren norwegischen Küste, während über den britischen Inseln die 
stürmische Witterung aufhörte und die Winde zurückzudrehen begannen. Dieses 
sowie das sehr rasche Fallen des Barometers, welches sich im Laufe des Tages 
über Island und den Hebriden einstellte, deuteten zweifellos auf das Heran- 
nahen einer neuen bedeutenden Störung vom Ocean her, und in dem Telegramm 
an die Küstenstrecke von Borkum bis Darsserort, welches unter Annahme 
zunächst abnehmender Windstärke das Sturmsignal in Signal „Ball“ umwandelte, 
wurde ausdrücklich auf die neue, im Westen drohende Gefahr auf- 
merksam gemacht. 
Die dieser Arbeit beigegebenen Karten zeigen, dafs das Sturmfeld, soweit 
es die erste Depression betrifft, von Westen her zuerst abnimmt und dann nach 
Osten hin vollständig erlischt: am 27. 8* a. m. sind die britischen Inseln, um 
8 p. m. fast die ganze Nordsee, am 28. 8 a. m. auch die westliche Ostsee 
sturmfrei, während aber jetzt ein neues Sturmfeld von Westen her rasch heran- 
schreitet. 
Am 28. ist das zuerst besprochene Minimum im hohen Norden noch 
deutlich zu erkennen, allein ein anderes tiefes Minimum ist über der nördlichen 
Nordsee erschienen und hat seine Wirksamkeit über die ganze Westhälfte Mittel- 
europas ausgebreitet. 
Am Mittag als im nordwestdeutschen Küstengebiete steife südwest- 
liche Winde wehten, wurde das Signal „Ball“ in „mäfsiger Südwest- 
sturm“ rechtdrehend für die ohen genannte Küstenstrecke ver- 
wandelt, und am Nachmittage die Verlängerung des Sturmsignales für 
die Signalstellen der ostdeutschen Küste angeordnet. 
Vom Sturme begleitet schritt das Minimum im Laufe des Tages ostwärts 
fort und wandte sich zuerst rein ostwärts, dann nach Nordosten, so dafs wir 
dasselbe am 29. um 8" a, m. an der Finnischen Küste antreffen. Bei dieser 
Ann. d. Hydr. ete., 1384, Heft XIE
	        
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