Zwei. Stürme im Nördlichen Stillen Ocean.
macht | darüber im meteorologischen Journal. seiner. Reise‘ von Bordeaux nach
Mazatlan die nachstehenden Bemerkungen: .
‚„Am 30. September 1883 gelangten wir in Sicht des Hafons von Mazatlan.
Bis zum 3. Oktober Abends 5 Uhr wurde, auf Order wartend, ab und an vor
diesem Hafen gekreuzt. Während dieser ganzen Zeit war das Wetter schön,
bei ruhiger See und leichten veränderlichen Winden. Am Morgen des letzt-
genannten Tages ‚wehte ein flauer SSE-Wind, der im Laufe des Tages allmählich
auffrischte und eine südliche See hervorrief. Um 4 Uhr Nachmittags nahmen
Wind und Seegang bedeutend zu.. Ein mexikanischer Kriegadampfer dampfte,
in der Voraussetzung eines herannahenden Sturmes, aus dem Hafen. : Die beiden
in Mazatlan anwesenden deutschen Schiffe „Paladin“ und „Harmodius“ blieben
vor ibren Ankern liogen. Um 6" p. m. peilten wir die Insel Creston auf einer
geschätzten Entfernung von 2 Sn mw. NO. Da ich auch das Kommen eines
schweren Sturmes befürchtete, so liefßs ich vom Lande abwenden, und da Wind
und Seo bedeutend zunahmen, mufste ich alle möglichen Segel führen, um vom
Strande frei zu bleiben. Um 9* p m. wehte der Wind bereits mit der Stärke 9
und. die See hatte den höchsten Grad (9) der Skala erlangt und lief pyramiden-
förmig in die Höhe, ähnlich wie Brandung. Um 10" p. m. verloren wir das
Voruntermarssegel, welches ich noch immer geführt hatte, um einen gröfsern
Abstand von der Küste zu gewinnen. Um 11*.p. m. erreichte der Sturm aus
SSW bei der Stärke 11 seinen Höhepunkt, begleitet von unaufhörlichem starken
Regen. Das Barometer war von etwa 76l1,4um am Nachmittage auf 752,7 mm
(reducirt für 0° Temperatur) gesunken. Um 12% p. m. war der Wind bis WSW
herumgegangen; von jetzt an nahm seine Stärke allmählich ab und der Regen
hörte nach und nach auf. Um 8* a. m. den 4. Oktober war es bereits wieder
gutes. Wetter. Um 12 Uhr Mittags fand ich durch gute astronomische Beob-
achtungen, dafs das Schiff infolge des Sturmes 35 Sm nach NW versetzt war.
Am 5. Oktober gelangte „Humboldt“ wieder in Sicht von Mazatlan.
Von deu. beiden im Hafen liegenden deutschen Schiffen war während
des Sturmes in der Nacht vom 3. zum 4. Oktober „Paladin“ gestrandet und
„Harmodius“ enutmastet.
Da die Richtungsänderung des Windes von SSE durch SW nach W
erfolgte, so stand „Humboldt“ auf der rechten Seite der Bahn der Depression,
welche sich anscheinend mit einer bedeutenden Geschwindigkeit in nordnordöst-
licher Richtung fortbewegt hat.“
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Ueber die Häufigkeit der Stürme zur Zeit der Aequinoktien,
Es ist eine alte und vielverbreitete Ansicht, dafs die Aequinoktien regel-
mäfsig mit unruhigem stürmischem Wetter erscheinen, oder wenigstens, dafs die
Zeit der Aequinoktien besonders reich ist an heftigen Stürmen, und nicht selten
hört man, dafs Schiffe vor Antritt ihrer Reise erst die sogenannten Aequinoktial-
Stürme abwarten. Ebensowenig, wie sich eine Beciuflussuug des Wetters durch
den Mond — ein im Volke aufserordentlich festgewurzelter Glaube — wissen-
schaftlich erklären und nachweisen läfst, fehlt auch jede Begründung für eine
besondere Störungen in der Atmosphäre hervorrufende oder sturmerzeugende
Kraft der Aequinoktien.
Sehr interessant erscheint deshalb ein von Herrn R. H. Scott auf einer
am 17. und 18. Juli d. J. in London stattgcehabten meteorologischen Konferenz
gehaltener Vortrag, in welchem er jenen Glauben an das Auftreten der
Aequinoktialstürme als Begleiter der Aequinoktien bekämpft und an der Hand
statistischen Materials widerlegt.')
Als Material dienten die in England angestellten und veröffentlichten
meteorologischen Beobachtungen während der letzten 14 Jahre, von 1870 bis 1884,
nach welchen eine Zusammenstellung der dort wahrgenommenen Stürme nach
der Zeit ihres Auftretens ausgeführt ist. Es haben nur solche Stürme Berück-
sichtigung gefunden, welche mindestens mit einer Stärke von 9 nach Beaufort’s
Skala über eine Stunde lang geweht haben und an mehr als zwei Beobachtungs-
1) „Nature“ No. 771, S. 358.