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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

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Beiträge zur Hydrographie des Sibirischen Eismeeres, 
Laufe von zwei Monaten war der gröfste Theil der Eismassen, welche Ende 
des Winters zwischen der „Dümphna“ und dem Lande gelagert hatten, zerstört; 
im August war alles Eis um das Schiff herum aufgebrochen. 
In einem Abstand von ca 20 Sm von der Waigatsch-Insel wurde die 
Bewegung des Eises unregelmäfeiger und entsprach weniger als sonst der 
Richtung des Windes; vielmehr schien hier die Haupttrift der Karischen Pforte 
zuzustreben; bald hatte das von Norden kommende Eis die Oberhand und schob 
den südlicher liegenden Theil zur Seite oder zurück, bald fand das Gegentheil 
atatt. Diese Bewegung findet nach Ansicht des Lieutenant Hovgaard ihre 
Erklärung in der durch die beständigen Nordostwinde erzeugten Niveau-Erhöhung 
des Wassers im südlichen Theile des Karischen Meeres. Die schmalen Meer- 
engen können das Wasser nicht so schnell abführen, als es ihnen durch die 
breite Oeffnung im Nordosten zugeführt wird. Indem das Wasser nun durch 
lie Meerengen strömt, tritt ihm von innen eine saugende Bewegung entgegen, 
woraus die unregelmäfsigen Bewegungen des Eises folgen. Auf dieselbe Ur- 
sache wird auch der häufig an der Waigatsch-Küste beobachtete Oststrom 
zurückgeführt. Während das Wasser, welches direkt von Norden kommt, 
einen Ausflufs durch die Pforte sucht, zieht es auch Wasser von der ge- 
schlossenen Kara-Bucht weg, so dafs hier ein niedriger Wasserstand entsteht. 
Dieser Unterschied mufs wieder ausgeglichen werden, und dies erklärt den in 
das Karische Meer setzenden östlichen Strom der Jugor-Strafse und den gleich- 
gerichteten längs der Waigatech-Insel, wo, wie eben erwähnt, ein höherer 
Wasserstand herrscht. Aehnliche Verhältnisse finden sich an der Südküste von 
Nowaja Semlja; der durch die Karische Pforte setzende Strom zieht das Wasser 
aus den Sunden der Insel nach sich, die dadurch hervorgerufene Erniedrigung 
des Wasserstandes wird durch einen längs der Küste zurückkehrenden Strom 
ausgeglichen. 
Unter den angeführten Verhältnissen eignet sich bei Nordostwinden, welche 
die Wassermassen durch die Karische Pforte aus dem Karischen Meere treiben, 
während gewöhnlich gleichzeitig durch die Jugor-Strafse ein entgegengesetzter 
Strom läuft, die letztere am besten zur Einfahrt. Bei unbeständigem Winde 
kann man dagegen ebenso gut die Pforte benutzen, da das von den Nordost- 
winden angehäufte Wasser zurückströmt und das Eis mitnimmt, wenn die Kraft, 
die es südwärts treibt, aufhört zu wirken. Die Jugor-Passage bietet aber unter 
allen Umständen den Vortheil, wenn das Meer innerhalb der Strafsen von Eis 
besetzt ist, dafs man, sich nach Osten wendend, einen schmaleren und sich 
leichter vertheilenden Eisgürtel zu durchbrechen hat, als von der Karischen 
Pforte aus. 
Ebenso wenig wie der Karischen See durch die schmalen Zugänge im 
Südwesten Eismassen zugeführt werden, ist dies von Nordosten her der Fall, 
obgleich man geneigt sein dürfte, wegen der hier offenen Verbindung mit dem 
nördlichen eisreichen Meere und der hier ausmündenden mächtigen Flüsse, dies 
anzunehmen. Die letzteren brechen aber erst zu einer Zeit auf, wenn das 
Karische Meer noch fast ganz mit Eis bedeckt ist, so dafs neue von den Strömen 
mitgeführte Eismassen in demselben keinen Platz mehr finden, sondern nord wärts 
vorbeitreibend zwischen Nowaja Semlja und Franz Joseph Land gesetzt werden. 
Das sibirische Treibholz, welches man an der Nordwestküste von Nowaja Semlja 
and bei Spitzbergen trifft, verdankt diesem Umstande seinen Ursprung. Erst 
später im Sommer, wenn die Gewässer der Flüsse kein Eis mehr haben, gelangt 
auch ein Theil derselben in das Karische Meer, dessen Eismassen sich nun schon 
weiter nach Südwesten gezogen haben; dies warme Wasser unterstützt dann 
das Schmelzen des Eises am östlichen Rande, die Trift desselben nach Südwesten 
und die Erhöhung des Wasserstandes in diesem Theile des Meeres. Der vom 
Ob mitgeführte Schlamm lagert vor das Karische Meer eine Bank, welche, den 
ganzen Sommer hindurch von einem ziemlich schnellen Strom überfluthet, 
gewissermafsen eine Schranke gegen den nördlichen Theil des Eismeeres bildet. 
Auch die niedrige konstante Wassertemperatur im Karischen Meere, wie sie das 
ganze Jahr hindurch in geringer Entfernung von der Oberfläche bis zum Grunde 
zu —21/° C. gefunden wurde, deutet darauf hin, dafs kein warmes Flufswasser 
in dasselbe hinein gelangt.
	        
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