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Die harmonische Analyse der Gezeitenbeobachtungen.
so gut, dafs bei einiger Aufmerksamkeit ein Irrthum fast ausgeschlossen ist.
Zugleich wird hierdurch der Vortheil erreicht, dafs mit Hilfe der unten mitzu-
theilenden Formeln Jeder, der sich mit der Ausführung der harmonischen
Analyse der Gezeiten befassen will, in den Stand gesetzt wird, sich die
Tabellen in der Form, wie die nachher als Beispiel mitgetheilte, selbst zu ent-
werfen und die Bearbeitung von Gezeitenbeobachtungen vorzunehmen, ohne
arst auf schwer zugängliche Quellen zurückgehen zu müssen.
Die Aufgabe ist folgende. Es sind gegeben die Wasserstände für jede
mittlere Sonnenstunde (S-Stunde) während eines gewissen Zeitraums (nahe ein
Jahr) — gesucht wird der Wasserstand für jede der 24 Tidestunden einer
bestimmten Tide.
Jeder cinzelne Wasserstand setzt sich zusammen aus der Summe der
allen einzelnen Tiden für die betreffende S-Stunde zukommenden Höhen wie
sie nach den Gleichungen (25) bis (30) u. s. w. berechnet werden können, sobald
die numerischen Werthe der Ko&fficienten bekannt sind. Eine einzelne Periode
einer bestimmten Tide würde demnach nicht ausreichen, den Verlauf dieser
Tide zu geben, weil in dieser Zeit der Einflufs der andern Tiden nicht ver-
schwindet. Wird aber eine grofse Anzahl von Perioden zusammengefalst, so
werden, da die Perioden der andern Tiden von der der gesuchten verschieden
sind, in den Mittelwerthen die andern Tiden um so vollständiger verschwinden,
je gröfser die Zahl der benutzten Perioden ist, und wir behalten im Mittelwerthe
nur den Verlauf der gesuchten Tide während einer Periode zurück, welche
wir dann der oben auseinandergesetzten Behandlung unterwerfen können, um
die Koefficienten Aı, Bı, Az, Ba u. s. w. zu erhalten,
Indem wir nun das Verfahren der Gruppirung beschreiben wollen, glauben
wir, dafs es sich am besten an einem bestimmten Beispiel, unter Bezugnahme
auf das beifolgend gegebene Bruchstück eines Schemas wird klar machen
lassen, und setzen daher voraus, dafs es unsere Absicht ist, die M-Tiden
abzuleiten,
Wir haben dann die für S-Stunden geltenden Wasserstände so zusammen
zu fassen, dafs die Mittelwerthe für die vollen M-Stunden gelten.
In einer Stunde mittlerer Sonnenzeit ändert sich das Argument der
S-Tiden um y—%7 = 15°, das der M-Tiden um y — o = 14°,4920521, also ist
i M-Stunde = I = 1,03505 S-Stunden oder eine Periode der M-Tiden
24,84120 mittlere Sonnen- oder S-Stunden.
Wir nehmen nun ein Schema (siehe S. 509), welches 24 Vertikal-Kolumnen
enthält, die mit O*, 1», 2%... 23% überschrieben sind und von denen jede
eine der 24 Tide-Stunden bezeichnet. Aufserdem sind eine beliebige Anzahl
von Horizontalreihen!) vorhanden, die mit laufenden Nummern versehen werden
und die daher die Nummern der successiven Perioden der Tide oder die Tide-
Tage für unser Beispiel, also M-Tage, angeben. Wir beginnen damit, die suc-
gessive für 0t, 1%, 2h,,., S-Zeit des ersten Tages geltenden Wasserstände in die
ebenso überschriebenen Spalten der ersten Horizontalreihe einzutragen. Indem
wir dies thun, begehen wir einen stetig wachsenden Fehler, denn 1" M-Zeit ist
= 1,03505* S-Zeit, 2* M-Zeit = 2,07010* S-Zeit u. s.f. Die in diesen Rubriken
eingetragenen Wasserstände gelten also nicht streng für die überschriebenen
Stunden, sondern für immer frühere Zeiten, und es ist nothwendig, von Zeit zu
Zeit ein Korrektiv anzuwenden, um den Fehler wieder auszugleichen. Wir fahren
fort, die Wasserstände kontinuirlich in die Rubriken für die gleichlautenden
M-Stunden einzutragen bis zu 14* M-Zeit, wo der Fehler auf nahe eine halbe
Stunde angewachsen ist, denn 14* M-Zeit =— 14,49070* S-Zeit. Wir wenden
nun das Korrektiv an, indem wir den für 15% S-Zeit geltenden Wasserstand
zunächst ganz fallen lassen und in die Kolumme 15" den um 16* S-Zeit beob-
achteten Wasserstand eintragen. Hierdurch begehen wir einen Fehler von
nahe einer halben Stunde in entgegengesetzter Richtung, denn 15" M-Zeit
=— 15,52575%t S-Zeit; während also der in 14* eingetragene Wasserstand für eine
1) In dem für die Reduktion der Beobachtungen an der deutschen Küste entworfenen Schema
sind 37 Horizontalreihen auf jeder Seite, es werden demnach pro Tide für ein Jahr etwa 10 Seiten
yebraucht. S. Schema C. welches beispielshalber für die Tide M vorbereitet ist.