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Die Küste von Ober-Guinea.
aber nicht einförmiges, sondern waldiges und hügeliges Aussehen. Ebenso
unterscheiden sich die Bewohner in Sprache und Sitten nicht sehr wesentlich
von einander. Staatliche Verbände existiren kaum; im Norden giebt es noch
erbliche Könige, deren Machtbereich aber räumlich und effektiv ein sehr unsicher
begrenzter ist, im Süden lockern sich die Verbände noch mehr. Unter den
Häuptern einer Anzahl Dörfer wird zwar oft einer als King bezeichnet, der-
selbe wird aber abgesetzt, wenn er etwas thut, was den Anderen nicht richtig
scheint. Der Besitz des Landes, soweit dasselbe nicht mit Häusern bebaut
oder kultivirt ist, hat infolge dessen wenig Interesse für die Leute. Alle sind
Händler und begierig, Handelsvortheile zu erlangen. Das höchste Streben ist,
eine Faktorei im eigenen Bezirk zu haben; es erscheint erniedrigend, in das
Nachbarland gehen zu müssen, um seine Waaren zu verhandeln. Die Handels-
häuser, welche die Faktoreien vertheilen, haben daher schon allein dadurch die
Gewalt, das Ansehen eines Häuptlings zu vermehren oder zu vermindern, und
alle Verträge, welche an der Küste abgeschlossen sind, drehen sich um die
Einsetzung neuer oder Vergröfserung bestehender Faktoreien. Die einsam
gelegenen Faktoreien erfreuen sich einer ziemlichen Sicherheit. Sie zahlen an
einen der Häuptlinge eine bestimmte Abgabe, wogegen sich dieser für jeden
Diebstahl etc. verbürgt, so dafs der Agent sein Haus Tage lang verlassen kann,
ohne eine Beraubung zu befürchten. Soll aber eine Faktorei verlegt oder auf-
gehoben werden, so kann das nur allmählich und heimlich geschehen, die Ein-
geborenen würden sonst offenen Widerstand leisten.
Ueber die einzelnen von S. M. Kbt. „Möwe“ besuchten Orte ist Folgendes
anzuführen:
l. Malimba. Malimba ist kenntlich durch eine weit sichtbare weiße
Bake, welche man in NO bringen mufs, um die Barre zu passiren. Für Fahr-
zeuge von über 2,4m (8) Tiefgang ist die Barre nicht passirbar. Dieselben
müssen in der angegebenen Peilung oder südlich davon ankern, 4—5 Sm vom
Lande. Da der Strom auf diese Entfernung sich noch geltend macht und man
quer zur See liegt, so ist der Ankerplatz ein sehr ungünstiger bei einiger
Dünung.
Dex Flufs mündet in westlicher Richtung in einer Breite von ungefähr
1/3 Sm in See. Zu beiden Seiten ragen sandige Landzungen molenartig, jedoch
stark divergirend, hervor. Die Brandung auf der Barre beginnt etwa 1 Sm
aufserhalb dieser Zungen und machte bei dem herrschenden Seecgang aus SW
einen sehr bösartigen Eindruck. Die Tiefen fielen rasch bis 4,5m, ein ausnahms-
weise hoher Wasserstand, da das Maximum bei Hochwasser gewöhnlich 3,6m
nicht übersteigen soll. Bei Niedrigwasser sind im Fahrwasser 2,1m (7 Fulfs)
Tiefe. Hinter der Barre steigt die Tiefe wieder bis 7,3m, doch folgt dann quer
über den Flufs laufend wieder eine Bank von 1,2—1,5m (4—5 Fuls) Wasser.
Dieselbe markirt sich nur schwach durch hellere Färbung des Wassers.
Zum KEinlaufen steuert man mit NO-Kurs die am nördlichen Ufer errichtete
weiße Bake an, welche sich von dem dunkelen Gehölz gut abhebt. Den an-
gegebenen Kurs verfolgt man bis unmittelbar (!/a Kblg) an den Strand, der
hier durch den heftigen Strom sehr steil abgewaschen ist, und folgt in der
angegebenen geringen Entfernung der Strandlinie, bis dieselbe nach Norden
zurücktritt. Wenn die Faktoreigebäude 3—4 Strich achteraus peilen, ist die
Bank passirt, und kann man dann zum Ankern unmittelbar unter das südliche
Ufer laufen, wo sich 3,7—5,5m Wasser finden.
Die Passage durch die Barre soll in der schlechten Jahreszeit gefährlich,
wenn nicht unmöglich sein, da der Strom bis 2'/2 Kn beträgt und immer aus-
laufend sein soll. Der beste Platz zum Passiren für Boote soll dicht an der
am Südufer vorspringenden Huk liegen und sich durch eine kleine Lücke in
den Brechern markiren.
2. Small Batonga (3° 10,6‘ N-Br). Der Ankerplatz vor diesem Ort
ist ein wenig günstiger, aber dem vor Malimba ähnlich.
Die Mündung des Flusses liegt etwa 2'/2—3 Sm nördlich der von See
aus sichtbaren Flaggenstange der Faktorei. Dieselbe ist durch den Strom und
vorwiegend südwestlichen Seegang in einer fortwährenden langsamen Wanderung
nach Norden begriffen. Die alte Mündung ist innerhalb weniger Jahre un-
brauchbar geworden, da sich jetzt nur noch 1m Wasser in derselben findet.