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Konkurrenzprüfung von Marine-Chronometern in Hamburg 1883—84.
Die oben angegebene Minimaltemperatur konnte wegen des aufsergewöhn-
lich milden Winters leider nicht ganz erreicht werden, doch war die Annäherung
an dieselbe immerhin so grofs, dafs es als unzweckmäfsig erachtet wurde, die
Chronometer wegen der noch fehlenden 1 bis 2 Grade zu dislociren. Im
Uebrigen wurde auf die genaue Innehaltung der vorgeschriebenen Mittel-
temperaturen die gröfstmöglichste Sorgfalt verwandt. Es betrug die niedrigste
überhaupt erreichte Temperatur + 5,4° C. und die höchste -+31,0°C. Die
Schwankungen in den einzelnen Dekaden überschritten nur bei den Minimal-
temperaturen den Betrag von 1,5° C. wesentlich.
Die aus den Vergleichungen mit der Normaluhr resultirenden Gäuge der
einzelnen Uhren wurden zu 10tägigen Gangsummen vereinigt, und die erhaltenen
Beträge in die Tabellen I und II eingetragen. Während Tabelle I (pag. 268
und 269) dieselben nach der Zeit geordnet enthält, giebt Tabelle II (pag. 270
und 271) dieselben in der Reihenfolge der Temperaturen, bei welchen die
Chronometer in den einzelnen Dekaden untersucht wurden. Die letztere Reihen-
folge wurde durch ein gleichzeitig mit verglichenes Thermochrouometer (nicht
kompensirtes Chronometer) definitiv bestimmt. Unter der Rubrik, welche die
Gänge dieses Instruments in Sekunden ausgedrückt enthält, folgen dann die aus
den täglichen Ablesungen der meteorologischen Instrumente gebildeten Mittel-
temperaturen und hierauf die während der betreffenden Dekade abgelesenen
Extreme.
Dem Konkurrenzausschreiben der Direktion der Seewarte und den für
den Ankauf seitens der Kaiserlichen Marine festgesetzten Normen entsprechend,
sind die Chronometer ihrer Güte nach so geordnet, dafs dasjenige Chronometer,
bei welchem der Unterschied zwischen dem gröfsten und kleinsten Dekaden-
gange (Betrag A) plus dem doppelten Betrage der gröfsten 10tägigen Gang-
schwankung zwischen zwei aufeinanderfolgenden Dekaden (Betrag B) ein Minimum
ist, die erste Stelle in der Prüfungsliste einnimmt, und die anderen Uhren je
nach der Gröfse dieser numerischen Werthe nachfolgen.
Die Maximal- und Minimalgänge sind in beiden Tabellen durch Anfügung
eines Sternchens (*) gekennzeichnet und deren Differenz ebenfalls auf Zehntheile
einer Sekunde abgerundet in Tabelle II eingetragen. Ebenso sind auf Tabelle I
die beiden aufeinanderfolgenden Dekadengänge, welche den gröfsten Unterschied
zeigen, durch ein Kreuz (f) kenntlich gemacht und diese Differenz gleichfalls
in Tabelle II eingetragen.
Ein Einblick in diese beiden Tabellen zeigt, dafs bei einer grofsen An-
zahl der geprüften Instrumente die erzielten Leistungen als recht befriedigende
bezeichnet werden dürfen, es gilt dieses von allen Instrumenten von No. 1 bis
No. 18. Unter diesen sind als ausgezeichnete Uhren namentlich die drei ersten
von W.G. Ehrlich in Bremerhaven gefertigten Chronometer hervorzuheben.
Wenn sie auch die im vorigen Jahre von Matth. Petersen erlangte Güte
nicht erreichen, so sind ihre Gänge doch immerhin zu den gröfsten Seltenheiten
in Chronometerfabrikation zu rechnen. Fast in demselben Mafse gilt das eben
Gesagte auch von den Uhren unter No. 4 bis No. 7. Immer noch zu den vor-
züglichen Chronometern dürfen die Instrumente von No. 8 bis No. 12 gezählt
werden. Bei den Chronometern No. 8 und No. 10 scheint namentlich eine noch
vorhandene geringe Acceleration das Ergebnifs wesentlich beeinflufst zu haben,
während bei No. 11 die Kompensation als eine nicht völlig gelungene erkannt
werden könnte.
Die Chronometer No. 12 bis No. 18 sind jedenfalls immer noch mit dem
Prädikat „recht gut“ zu belegen; bei der gröfseren Anzahl dieser Instrumente
iritt wieder der Umstand hervor, dafs häufßg viel zu neue Uhren zu den
Prüfungen eingeliefert werden, deren Acceleration dann die hier als Kriterium
dienende Zahl (A + 2B) auf einen höheren Betrag anwachsen läßt, .
Als für die Zwecke der Schiffahrt noch mit gutem Nutzen brauchbar
müssen die Chronometer unter No. 18 bis No. 24 bezeichnet werden, obgleich
bei diesen Instrumenten auch schon nicht ganz unbedeutende Kompensations-
fehler sich bemerkbar machen.
Was die Chronometer Kittel No. 26 und Bröcking No. 892 anlangt, so
sind bei diesen offenbar die angewandten Hülfskompensationen die Veranlassung
zu denjenigen Fehlern, welche den genannten Instrumenten einen so tiefen