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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

Ueber Gewitter- und Hagelbildung. 
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der Beschaffenheit der oberen Strömung ab. Die Möglichkeit scheint übrigens 
nicht ausgeschlossen zu sein, dafs durch eine feuchte Luftströmung auch im 
Sommer Gewitter entstehen können. : ; 
Was die sogenannten Wärmegawitter betrifft, die mehr einc lokale Er- 
scheinung bilden, so treten dieselben vereinzelt dann auf, wenn, durch lokale 
Verhältnisse begünstigt, sich rasch über einer Gegend ein aufsteigender Luft- 
strom bildet, der in der Höhe von irgend einer seitlichen kühleren Strömung 
erfafst .wird; diese gieht in Verbindung mit der .Jabilen Gleichgewichtslage 
seiner Schichten zu einer Wirbelbewegung Veranlassung und damit zu allen 
den Erscheinungen, die eine solche unter den gegebenen Verhältnissen hervor- 
zurufen pflegt. Solche vereinzelt auftretenden Gewitter können trotzdem sehr 
heftig werden. Im übrigen gilt von ihnen in den meisten Punkten das schon 
bei der anderen Klasse von Gewittern Gesagte. 
Fassen wir jetzt die Hagelbildung etwas näher ins Auge. Die Haupt- 
schwierigkeit bei Erklärung dieser Erscheinung besteht hauptsächlich in dem 
Nachweise der Kraft, die die Hagelsteine von theilweise aufßsergewöhnlichen 
Dimensionen so lange in der Luft schwebend zu erhalten vermag, dafs sie jene 
Gröfse erreichen können, wozu doch immer eine gewisse Zeit erforderlich ist. 
Wir haben diese Kraft in der Wirbelbewegung gefunden. Kine zweite Schwierig- 
keit besteht in der Erklärung der oft aufserordentlich niedrigen Temperatur 
der Hagelkörner (bis zu —15° C. mitten im Hochsommer). Auch diese wird 
durch die Wirbelbewegung erklärt. Die durch sie entwickelte Kraft reicht mehr 
als aus, um die Hagelkörner nicht allein zu tragen, sondern sie noch zu grofsen 
Höhen hinaufzureifsen. Hunderte von Tornados beweisen, man kann sagen 
leider, die aufserordentliche Kraftleistung der Wirbelbewegung. Die engste 
Verbindung der Hagelbildung und der elektrischen Erscheinungen mit dem Auf- 
treten der Tornados, überhaupt aller kräftig entwickelten Wirbel, zwingt geradezu 
zu der Annahme eines kausalen Zusammenhanges beider Erscheinungen, nicht 
minder auch die Gestalt der Hagelkörner und ihre Schichtung. Den Prozefs 
der Hagelbildung kann man sich etwa folgendermafsen vorstellen. Hat sich 
ein genügend kräftiger Wirbel in einer feuchtwarmen Luftmasse gebildet, so 
wird durch die im Innern .des Wirbels in Spiralen aufwärts gehende Be- 
wegung eine Menge feuchtwarmer Luft mitgerissen. Diese verwandelt sich im 
Kontakte mit den eiskalten Wänden des Wirbels, die aus den absteigeuden 
Spiralen der kalten Luft der Höhe gebildet sind, in kurzer Zeit in Eisnadeln, 
die sich beim Fortschreiten zu einem Kerne zusammenballen. Hat dieser Kern 
eine gewisse Gröfße erreicht, so wird nebeu seiner aufsteigenden Schrauben- 
bewegung auch eine rotirende um seine eigene Achse stattfinden müssen. Dieser 
Prozefs setzt sich je nach der Intensität des Wirbels bis in grofse Höhe fort, 
wodurch hinreichend Zeit geboten wird zu einer Entwickelung von sphäroidisch 
gestalteten Eismassen. Ich glaube nicht, dafs im allgemeiuen das Hagelkorn in 
der Weise entstanden ist, dafs sich abwechselnd Eiskrystalle und Wassertropfen, 
die infolge ihrer Berührung mit dem Eiskerne gofrieren, auf dem anfänglich 
gebildeten Kerne ansetzen resp. niederschlagen, obwohl dieser Prozefs gar nicht 
uadenkbar ist und oft vorkommen mag. Denn Prof. Schwedorff hat sich 
urch aufmerksames Studium überzeugt, dafs die Masse der Hagelkörner reines 
durchsichtiges Eis ist, welches von einer unzählbaren Menge kleiner Spalten 
und kapillarer Kanäle durchsetzt wird und deren relative Häufigkeit in gewissen 
Schichten diesen ein milchiges und opakes Aussehen verleiht. Diese Kanälc 
verlaufen stets radienartig und richten ihre Spitzenenden gegen die Mitte des 
Korns. Die regelmäfsige Vertheilung dieser feinen Spalten verleiht dem Hagel- 
korn ein grauulirtes Aussehen. Die Gesetzmäfsigkeit in Betreff der Gestalt 
der Hagelkörner kann nach demselben Verfasser folgendermalsen ausgedrückt 
werden: 
1. Die Oberfläche eines sphäroidalen Hagelkorns bildet die Niveaufläche 
einer flüssigen um ihre Achse rotirenden Masse. 
2, Die Flächen der verschiedenen Schichten, welche das Hagelkorn in 
Abtheilungen trennen, stehen senkrecht oder orthogonal zu den Niveauflächen 
desselben Korns.
	        
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