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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

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Reiseberichte der deutschen Bark „Annie“, 
der Fracht ablassen und in Corinto laden oder nach einem anderen Ladeplatz 
versegeln will. Die meisten Schiffsführer bezahlen die geforderte Summe, um 
in Corinto bleiben zu können. Wenn sich aber nur Niemand mehr dazu ver- 
stehen wollte, würde der Mifsbrauch bald aufhören, denn die Ablader können 
unter fünf Schiffen höchstens eins nach einem anderen Hafen schicken. Gewöhn- 
lich ist daselbst nicht mehr Ladung als für ein Schiff vorhanden, und ferner 
genügen auch die Anstalten nicht, um die Ladung rasch genug an Bord bringen 
und das Schiff vor dem Ablauf seiner Liegezeit abfertigen zu können. 
Für eine solche Reise hat ein Schiff zwei Zollbeamte mitzunehmen und 
während der ganzen Zeit zu beköstigen, sowie denselben aufserdem 40 Doll. 
monatlich zu zahlen. Früher wurde einem Schiff zu einer Reise nach einem 
Hafen an der Küste Nicaragua’s nur ein Zollbeamter mitgegeben. Seitdem 
aber, wie man sagt, der Fall vorgekommen ist, dafs ein italienischer Schiffs- 
führer einen Zollbeamten einschläferte und einsperrte, um dann zu schmuggeln, 
ist die Verordnung erlassen, dafs jedes Schiff zwei Zollbeamte mitnehmen mufs. 
Am Morgen des 17. März segelte ich von Corinto, um die Reise nach 
Tamarindo auszuführen, und peilte um 12 Uhr Mittags den Berg Viejo mw. N*/40 
und Monotombo mw. ONO. Gegen 12'% Uhr setzte die Seebriese ein, mit 
welcher wir dann, immer in Peilung von Laudobjekten, weiter segelten. Um 
6 Uhr aukerten wir auf einer Wassertiefe von 16,2m (9 Fad.), etwas mehr als 
2 Sm von der Küste entfernt. Von unserem Ankerplatz aus peilte der Berg 
Monotombo NOzN und Viejo NNW1!LAW mw. Nach dieser Peilung und meiner 
Karte mußten wir uns gerade vor der Mündung des Tamarindo-Flusses befinden, 
aber es war nirgends eine Flufsmündung oder etwas einer solchen Aehnliches zu 
sehen, und beschlofs ich daher, am nächsten Morgen mit der Landbriese noch 
etwas weiter nördlich zu segeln. Weiter südlich konnte die Mündung des 
Flusses nicht sein, weil ich am Nachmittage von Süden her dicht an der Küste 
entlang gesegelt war. Am 18. März, um 10 Uhr Vormittags, lichteten wir 
wieder den Anker, setzten Segel und steuerten unter kleinen Segeln in 21,6m 
(12 Fad.) Tiefe der Küste entlang nach Norden. Wir hielten das Loth fort- 
während in Gang. Gegen 2 Uhr Nachmittags sichteten wir die Mündung des 
Tamarindo-Flusses, worauf wir dann vor derselben, ungefähr 1'/2 Sm von der 
Küste entfernt, auf 12,6m (7 Fad.) Tiefe das Schiff vor Anker legten. Von 
hier aus peilte der Monotombo mw. NO'AN. 
Südlich von Tamarindo darf man sich der Küste nur am Tage auf 
weniger als 3 Sm und auch dann nur mit der gröfsten Vorsicht nähern, denn 
in einem Abstande von 1!/2 bis 2 Sm von derselben sah ich mehrere, eben aus 
dem Wasser hervorragende Klippen. Am Abend des 17. ankerten wir, wie 
schon angedeutet, etwa !/4—'!/a Sm von einer solchen Klippe entfernt auf 
16,2m (9 Fad.) Tiefe. Auf meiner Specialkarte (Cape Desolado to Fonseca Gulf) 
waren die Industrie-Klippen noch nicht angegeben; auch habe ich dieselben 
nicht gesichtet, obwohl ich ganz in der Nähe derselben passirt sein mufs und 
stets einen Ausguckmann im Topp hatte. An ihrem Vorhandensein darf aber 
um so weniger gezweifelt werden, als mir mein Ablader in Tamarindo mit- 
theilte, dafs er selbst an Bord gewesen sei, als „Industrie“ auf diesen Klippen 
festgerieth.!) Die See soll sich, nach den Angaben darüber, auf den Klippen 
nicht brechen. Ich habe dies auch während meiner Anwesenheit in Tamarindo 
nicht beohachtet. Wenn jedoch die Wassertiefe auf denselben, wie berichtet, 
nur 3,6m (12 Fufßs) betrüge, mülste dieses doch wohl der Fall sein, denn es 
läuft mitunter eine hohe Dünung an der Küste, namentlich zur Zeit des Mond- 
wechsels. 
Das Laden ging nur sehr langsam, denn das Meiste, was während eines 
Tages unter günstigen Umständen an Bord gebracht werden konnte, war 
20 Tonnen. Während der Zeit vom 18. März bis 10. April erhielt ich in 
Tamarindo etwa 200 Tonnen Ladung, worauf ich wieder nach Corinto segelte, 
um dort den Rest derselben einzunehmen. Die Ladung wird in Tamarindo 
vermittelst Bungos — grofsen Kanoes — an Bord gebracht. Weil das Trink- 
wasser in Tamarindo sehr schlecht und wegen der Brandung vor der Mündung 
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In der Br. Adm.-Karte No. 587 vom August 1877 sind diese Klippen aufgeführt,
	        
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