Ueber Gewitter- und Hagelbildung.
20 Proc. in der Schicht zwischen 200m und 4800 m absorbirt.) Ferner ver-
lieren durch die bedeutende nächtliche Strahlung, besonders über einer Schnee-
schicht, gerade die untersten Schichten eine beträchtliche Wärmemenge. Diese
Umkehrung. der Wärmeverhältnisse im Winter bei heiterem Wetter ist cinc
yanz ähnliche Erscheinung wio diejenige, die wir im Sommer bei längerem
heiterem Wetter beobachten, Auch dann ist die Luft in der Höhe relativ sehr
warm, besonders gegen Abend. Die Höhe nimmt an der nächtlichen Strahlung
viel weniger Theil. Das sieht man z. B. sehr deutlich an dem schon erwähnten
Beispiel von Chaumont und Neuchätel, wo während der achttägigen Wärme-
periode die Morgentemperatur in Neuchdätel niedriger. war als in Chaumont,
trotzdem letzterer Ort 660m höher liegt. Die direkte Absorption der Sonnen-
wärme in den höheren Schichten spielt hier ebenfalls eine ähnliche Rolle, wie
im Winter. So wie aber der Prozefs der Erwärmung der höheren Schichten
der Luft bei heiterem, warmem Sommerwetter sich nur langsam vollzieht, so
kann auch der umgekehrte Prozefs des Herabsteigens kalter Luft aus der Höhe
nur sehr langsam sich vollziehen. Findet er trotzdem in rascher Weise statt,
wie das bei Gewittern, Hagelstürmen, Böen, Tornados etc. der Fall ist, so ist
dies eben nur mit Hülfe der Wirbelbewegung möglich.
Die relativ sehr ‘niedrige Temperatur und die grofse Trockenheit der
Luft, die man so häufig nach Gewittern, überhaupt nach kleinen oder grofsen
Wirbelstürmen; bemerkt, ist so auffallend, dafs sie sich dem Beobachter un-
willkürlich aufdrängt. Beide Erscheinungen werden aber durch die eben an-
gestellten Betrachtungen vollständig erklärlich. Was den Wechsel der Wind-
richtung betrifft, so ist dieser bei unserer Annahme selbstverständlich, ebenso,
dafs häufig der Wind nach dem Vorübergange der Erscheinung zur früheren
Richtung zurückkehrt. Wenn nach der Schilderung Prof. Hann’s bis zum un-
mittelbaren Ausbruch des Gewitters unten heftiger Ostwind, oben Wolkenzug
aus SW herrscht, das Gewitter selbst aber mit NW hereinbricht, so sind das
dieselben Erscheinungen, nur in kleinerem Mafsstabe, wie bei den Cyklonen,
deuten also auch auf eine Wirbelbewegung. Dabei ist hier noch hervorzuheben,
dafs solche Sturmgewitter häufig am südöstlichen Rande einer gröfseren
Cyklone auftreten; die Abfuhr der aufgestiegenen warmen Luft findet dann in-
folge des Einflusses der Cyklone annähernd in der Richtung nach dieser hin
statt. Dann muß von S oder SW her eine Strömung nach dem Orte des Ab-
flusses hin sich entwickeln oder war schon vorhanden, und die Kreuzung solcher
Strömungen führt unmittelbar zur Wirbelbewegung. Darauf beruhen auch die
kontrastirenden Windrichtungen, die in fast allen Fällen nach Prof. Hann nahe
senkrecht auf einander stehen.
Was den Wolkenaufbau betrifft, so glaube ich, dafs dieser ebenfalls bei
Annahme der Wirbelnatur der Gewitter sich am besten und leichtesten erklären
läfst. Die Bildung der gethürmten Haufenwolke von innen heraus, ihre deutlich
and kühn abgegrenzte Form, ähnlich den schneebedeockten Gipfeln hoher Berge,
das Streben kleiner scharf begrenzter Wölkchen von unregelmäfsiger aber heftiger
Bewegung, gleich als ständen sie unter dem anziehenden Eindufs der grofsen
Wolke, nach dieser letzteren hin (was auch Prof. Colladon beobachtete, siehe
ferner hierüber das oben angeführte, von Oersted erwähnte Beispiel von Eu),
alle diese Erscheinungen lassen sich, wie mir scheint, mit der Wirbelbewegung
vereinigen. Ich betrachte die gethürmten Haufenwolken als das untere Ende
des Wirbels; sie entsprechen dem Kranz von Wasser und Wasserdämpfen au
Fufßse der Wasserhosen. Als obere Grenze des Wirbels betrachte ich die
Cirrostratusschicht. Zur Bestätigung dessen verweise ich auf das oben angeführte
Beispiel von C. Fritsch, der ebenfalls .die Wirbelnatur der Gewitter resp.
Hagelwetter schon vor vielen Jahren vertreten hat. Auch die zahlreichen Bei-
spiele aus den Tropen, wo das unvermuthete Erscheinen einer kleinen Wolke
am sonst wolkenlosen Himmel als Anzeichen eines sich entwickelnden :Sturmes
gilt, deuten darauf hin. Oersted führt eine Beobachtung Holm’s an, wonach
vom oberen Theile der Wottersäule weiße Wolken ausgingen, die eine wirbelnde
Bewegung wie die Wettersäule selbst hatten. Dafs sich ferner unterhalb. der
gethürmten Haufenwolken eine dichte schwere Cumulostratusschicht infolge der
Wirbelbewegung bilden kann, dürfte aus den ebenfalls oben angeführten
Ya
11