1992
Reiseberichte S. M. S. „Leipzig“.
von äufserst mageren Kühen herstammt, welche in der Regel schon als Last-
thiere mögen Verwendung gefunden haben. Der Preis für ein Pfund englisch
beträgt 9 Cents. Der Preis für das dürftig vorhandene Gemüse beträgt 4 Cents
pro Pfund englisch; Kartoffeln giebt es überhaupt nicht.
Das gebräuchliche Geld besteht in Kasch (eine Legirung von Kupfer
und Blei). Aufserdem werden mexikanische Dollars genommen, deren Cours
jedoch ewigen Schwankungen unterworfen ist. Auch giebt es eine kleine
Summe koreanischen Silbergeldes, in ganzen, halben und viertel Dollars geprägt,
welche aus reinem Silber, ohne Legirung, hergestellt sind und dem japanischen
Silbergeld sehr ähnlich sehen, sie haben aber in der Mitte auf der Kopfseite
der Münze eine kleine kreisförmige blaue Emaillirung. Diese Silbermünzen
werden von japanischen Kaufleuten, weil sie überwerthig sind, angekauft und
eingeschmolzen; neue Silbermünzen werden in Korea vorläufig nicht geprägt.
4. Das Klima von Korea ist trotz seiner oceanischen Lage ein mohr
kontinentales und mehr dem Chinas als Japans in gleicher Breite ähnlich. Auf
einen heißsen Sommer folgt nach sehr kurzem Uebergang ein strenger Winter,
Die kalten Nordwinde gewähren noch verhältnißfsmäfsig das angenehmste Wetter,
während die wärmeren aus West wenigstens in jetziger Jahreszeit (Oktober-
Dezember) sehr viel Feuchtigkeit und schlechtes Wetter mit sich bringen. Wie
diese Verhältpisse sich zu anderen Jahreszeiten gestalten, darüber konnte ich
keine einwandfreie Auskunft erhalten, Schiffe, welche wie S. M.S. „Leipzig“
im Oktober nach hier kommen und längere Zeit Station nehmen müssen, sollten
sich vollkommene Wintereinrichtung mitnehmen, da außerordentliche Kälte zu
dieser Zeit hier herrscht. Ein vollkommenes Zufrieren des Salge-Flusses kommt
aur bis nach Mapu vor, weiter stromabwärts ist dies fast nie der Fall, haupt-
sächlich wohl wegen des grofsen Unterschiedes des Wasserstandes bei Hoch-
und Niedrigwasser. Einer meteorologischen Eigenthümlichkeit an der Westküste
von Korea, welche zu beobachten ich oftmals Gelegenheit hatte, möchte ich hier
Erwähnung thun, es sind dies die häufigen Luftspiegelungen. Inseln, welche
6 Sm und weiter entfernt liegen, erhoben sich hoch über den Horizont, und
besonders ihre Endpunkte scheinen emporgehoben, wodurch die Ortsbestimmung
des Schiffes durch Landpeilungen unsicher wird. Ferner erscheinen häufig die
Spiegelbilder von Sandbänken mitten im tiefen Fahrwasser, und erst in nächster
Nähe kann man sich von dem obwaltenden Irrthum überzeugen,
5. Seoul. Einen schroffen Kontrast zu dem Prachtbau des Königs-
palastes aufserhalb von Sgouf bildet die eigentliche Stadt Soul, deren Einwohner-
zahl auf 250000 angegeben wird, und die alle Städte des Orients, die ich
gesehen, an Schmutz und Aermlichkeit übertrifft. Alle Strafsen, mit Ausnahme
von zwei bis drei, sind so eng, dafs zwei Sänften sich kaum darin begegnen
können, und sind vor Schmutz und Unrath kaum zu passiren. Jeder Koreaner
verrichtet seine Nothdurft auf der Strafse vor der Thüre und lagert daselbst
allen Unrath ab, der nur einmal im Jahre zur Düngung der Felder entfernt
werden soll.
Die Häuser selbst sind aus einer lehmartigen Masse erbaut und bestehen
in der Regel aus drei Zimmern, von denen das mittlere Wohn- und Empfangs-
zimmer ist, während die zu beiden Seiten gelegenen als Schlafzimmer benuzt
werden und zu dem Zweck eine pritschenartige Einrichtung, welche als Schlaf-
stelle dient, besitzen. In einem sich dahinter anreihenden Anbau befinden sich
Küche und Wirthschaftsräume. Jedes Haus ist durch eine eigene Mauer ab-
gegrenzt. Die Erwärmung dieser Häuser im Winter geschieht durch Feuer,
welche unter dem Hause angefacht werden, so dafs gewissermafsen das ganze
Haus über dem Feuerherd steht.
Zu diesem Zweck haben die Häuser gewölbte Keller, welche mit Steinen
eingedeckt sind, und durch welche die Flammen der Feuer schlagen und dadurch
die Steine erhitzen, die dann ihre Wärme dem Hause übertragen.
Der Verkehr auf den Strafsen war ein recht lebhafter, auch Weiber
tummelten sich herum, überzogen sich aber beim Anblick von Fremden mit
ihren Mänteln das Gesicht. Junge Mädchen und Frauen dürfen nur von 7'/a Uhr
Abends bis 12 Uhr Nachts sich auf der Strafßse zeigen. Während dieser Zeit
sind die Thore der Stadt geschlossen und müssen die Männer sich in ihren
Wohnungen halten.