Ueber Gewitter- und Hagelbildung,
Was das Herabstürzen kalter Luft aus der Höhe betrifft, so ist dies aus
der Natur der Wirbel erklärlich; denn es mufs durch die spiralförmige Bewe-
gung eine grofse Menge kalter Luft der Höhe mit in die Tiefe gerissen werden.
Infolge des labilen GJeichgewichtszustandes der Luft in der Höhe werden beim
Beginn der Störung grofse Massen feuchtwarmer Luft plötzlich in die Höhe
steigen, dafür aber entsprechende Massen kalter Luft niederstürzen, wobei diese
niedersteigende Bewegung durch die Wirbelbewegung eine wesentliche Unter-
stützung erfährt. Piddington führt in seinem Horn-Book aus den Logbüchern
zahlreiche Beispiele, darunter viele aus den Tropen an, wo man abwechselnd
heifse und bitter kalte Windstößse empfand. Die Frage nach dem Ursprung
dieser kalten Luft kann bei den oft ganz kleinen und rasch vorüberziehenden
Wirbeln innerhalb der Tropen, wo Hunderte von Meilen in der Runde hohe
Temperatur herrscht, kaum einem Zweifel unterworfen sein. Woher sollte die
kalte Luft sonst stammen, wenn nicht aus der Höhe? Man könnte allerdings
zinwenden, diese kalte Luft müsse sich beim Herabsteigen erwärmen, nach den
Gesetzen der Wärmetheorie. Darauf läfst sich erwidern, dafs schon in relativ
niedrigen Höhen äufserst kalte Luftströme vorkommen, deren Luft sich allerdings
beim Niedersteigen erwärmt, aber dennoch relativ sehr kalt erscheint. Ucbrigens
bedarf dieser Punkt der Erwärmung bei absteigender Luft noch eines näheren
Studiums. Die Schwierigkeit ist hier ähnlich wie bei der Umkehrung des
Problems, der Abkühlung einer aufsteigenden Luftnasse, auf welche Art und
Weise nämlich die mächtigen, gleichmäfsig stark durchwärmten Luftschichten
sich bilden können, von denen zahlreiche Beispiele vorliegen. Die Temperatur-
abnahme ist viel geringer als die entsprechende Abkühlung beim Aufsteigen
zu derselben Höhe (deshalb erscheint mir auch die oben gegebene Erklärung
von Prof. Hann die cinzig zulässige zu sein). Ebenso kann auch die Erwärmung
bei niedersteigenden Lufimassen erheblich geringer sein als nach den bekannten
Gesetzen zu erwarten ist, besonders wenn die sinkende Luftmasse auf ihrem
Wege noch Feuchtigkeit aufnimmt, was in der Regel der Fall sein wird, da
die Luft in der Höhe gewöhnlich sehr trocken ist. Auch die auffallende Er-
scheinung der sogenannten Kälteinseln oder Kältecentren innerhalb der Anti-
cyklonen findet ihre Erklärung nur in der niedersteigenden Bewegung äufserst
kalter und trockener Luft aus der Höhe. Wenn im Winter etwa im nördlichen
Russland auf einem kleinen, kreis- oder ovalförmigen Gebiete eine abnorm
niedrige Temperatur herrscht, während rundum und zwar auch nach Norden zu
die Temperatur rasch ansteigt, so muß man wieder fragen, woher dieso Kälte
stammen soll, wenn nicht aus der Höhe, Man muß eben berücksichtigen, dals
unter normalen Verhältnissen die Temperatur über weiten Gebieten sehr gleich-
mäfsig vertheilt ist und nach Norden zu sehr langsam abnimmt; daraus folgt
aber, dal solche abnorme Temperaturerniedrigung auf einem kleinen, scharf
umgrenzten Gebiete ihre besondere Ursache haben mufs. Ebenso spricht die
aufserordentliche Trockenheit der kalten Luft für ihren Ursprung aus der Höhe.
Bei den ausgedehnten Luftdruckmaxima im Winter findet man aber eine sehr
kalte und dünne Schicht dicht über dem Boden, während in der Höhe eine
relativ schr hohe Temperatur herrscht. Von der Mitte der Anticyklone aus,
bei der bekanntlich eine absteigende Bewegung der Luft stattfindet, wird diese
heruntergekommene Luft nach allen Seiten durch den Druck innerhalb der Anti-
cyklone dicht über den Boden fortgeschoben, d. h. sie schiebt sich zwischen
dem Erdboden und der auf ihm bis dahin lagernden Luft hindurch, verdrängt
also letztere nach oben hin. Da mit dem Auftreten der Anticyklonen fast
immer heiterer Himmel verbunden ist, auch wenig Luftbewegung im allgemeinen
herrscht, wird die mechanisch nach oben hin gehobene Luft durch direkte
Absorption der Sonnenwärme auch im Winter verhältuifsmäfsig stark erwärmt,
wobei das schräge Einfallen der Sonnenstrahlen von Bedeutung ist. (Es werden
bei senkrechtem KEinfallen und heiterem Wetter nach Violle noch über
das überraschendste mit der Erfahrung. Ferner hebt Oersted hervor und sucht den Satz zu be-
gründen, dafs die Entstehung der Luftwirbel in den niederen Regionen nicht gesucht werden
kann, sondern dafs sie ihren Ursprung iu den höheren Regionen haben müssen, und was schliefs-
lich ihre Entstehungsursache betrifft, so verweist er auf parallel, aber in entgegengesetzter Richtung
laufende obere Luftströme, die daselbst oft stattfinden müssen, während die untere Luft ruhig ist, .