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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

Ueber Gewitter- und Hagelbildung. 
Gehen wir jetzt etwas näher auf die Haupterscheinungen bei Gewittern 
ein. Dieselben sind nach Prof. Hann ') in Kürze folgende: Bei grofsen Wirbel- 
gewittern (d. h. solchen infolge eines hereinbrechenden Wirbelsturmes, im 
Gegensatze zu lokalen Gewittern des aufsteigenden Luftstromes, den Wärme- 
Gewittern) taucht am westlichen Horizont eine scharf abgegrenzte, weiße dichte 
Cirrostratuswand auf, die allmählich, ihre deutliche Begrenzung bewahrend, zum 
Zenith heraufrückt. Dieselbe bedeckt allmählich das Firmament und nach 
einigen Stunden werden auch die Cumulostratuslager des eigentlichen Gewitter- 
herdes sichtbar. Sehr bemerkenswerth ist die grofse Erstreckung der 
Cirrostratusdecke in der Richtung des Gewitterzuges. Ist das Ge- 
witter näher gekommen, so erscheint unterhalb der dichten schweren Cumulus- 
massen und unmittelbar vor den von ihnen im Hintergrunde ausgehenden 
grauen Regen- und Hagelsäulen in meist halbkreisförmigen Bogen ein 
weißslich grauer, ziemlich tief herabhängender Wolken vorhang, der die Regen- 
und Hagelsäulen gegen den Beschauer zu von oben herab tiheilweise einhüllt. 
Es zeigen sich in demselben rasche Bewegungen und dürfte derselbe mit 
dem im Gewitterherd herabstürzenden kalten Luftstrom in kausalem Zusammen- 
hange stehen, er zeigt sich nie bei Gewittern ohne starken Gewitterwind. 
Demnach ist der Wolkenaufbau bei Wirbelgewittern meist folgender: 1) Grau- 
weifslicher oder röthlicher herabhängender Wolkenvorhang über und vor der 
Regenwand. 2) Dichte schwere grauviolette Cumulostratuslager darüber. 3) Ge- 
thürmte Haufenwolken, die sich von dem Cumulostratuslager wohl abtrennen 
(die Abgrenzungsform > ist charakteristisch und wohl auf eigenthümlichen 
elektrischen Zuständen beruhend). 4) Dichter Cirrostratus. 
Prof. Hann hebt ferner die drei kontrastirenden Windrichtungen hervor, 
die er über- resp. nach einander beobachtete, vor dem Gewitter bis zum 
unmittelbaren Ausbruch desselben, unten heftiger Ostwind, oben Wolkenzug aus 
SW, und endlich das Gewitter selbst mit NW hereinbrechend. Aufserdem fand 
er in fast allen Fällen, dafs die Wolken fast senkrecht zur Richtung des von 
W oder NW heranrückenden Gewitterherdes von SW nach NE sich bewegten. 
So kommt also das Streifgewitter, unter heftigen Regenschauern von SW her, 
gleicher Zeit, darunter zwei nahe bei einander, die sich im entgegengesetzten Sinne drehten. 
Sie sind gleich häufig bei trockenem klaren Wetter wie bei herannahenden Stürmen, bei Windstillen 
sowohl wie bei der schwülen Luft heilser Winde, doch nie während einer heftigen Bö. Sie werden 
nicht im Winter beobachtet, aber sehr häufig in der Uebergangszeit vom NE- zum SW-Monsun, 
speciell im Monat Mai und Juni, gerade vor Eintritt der Regenzeit.“ 
Auf Seite 303 ist ein Schreiben eines Dr. Baddeley angeführt, worin es heifst: „Staub- 
wirbel besitzen eine fortschreitende und eine rotirende Bewegung, wie die Drehstürme auf See, und 
eine besondere schraubenförmige Bewegung von oben nach unten, gleich einem Kork- 
zieher, Genau dieselbe Erscheinung bemerkt man bei allen Wirbeln, mögen sie nun irgend welchen 
Durchmesser von wenigen Zollen oder von Meilen haben,“ 
Auf Seite 307 wird folgende Beobachtung angeführt: „Gegen 11'!/zb a, m. sahen wir eine 
kleine weifßse, nahezu Kkreisförmige Wolke von ca 2° Durchmesser mit einer Geschwindigkeit von 
10-12 Meilen per Stunde den Zenith passiren, indem sie sich in einer Höhe von 3 Meilen (engl.) 
entgegen den Zeigern einer Uhr, um sich selbst drehte (40° 18‘ N-Br, 19° 6’ W-Lg).“ 
Endlich führe ich noch folgendes Beispiel einer direkten Beobachtung der wirbelnden Be- 
wegung der Luft an. Seite 373 heifst es: „Es giebt nur eine Annahme, mit deren Hülfe man 
erklären kann, wie solche Eismassen (es handelt sich um Hagelsteine von 6—7 Zoll Umfang, die bei 
einem Hagelsturme in Sussex gefallen waren) sich so lange in der Atmosphäre halten können, um 
zu solchen enormen Gröfsen anwachsen zu können, und das ist die Wirbelbewegung der Luft, 
... Ich selbst war einst Zeuge einer Erscheinung dieser Art. Zwischen einer hohen und einer 
niedrigen Wolke, die ein stark elektrisches Aussehen hatten, bevor sie sich in Nimbus auflösten, sah 
man eine geneigte Säule aus schwarzem Dampf und mit kleinem Durchmesser, die, wie ich deutlich 
beobachten konnte, in schnell rotirender Bewegung war, in dieser Bewegung für einige 
Minuten verharrte und dann allmählich verschwand. Diese Theorie der Hagelsteine wird noch weiter 
durch die Betrachtung gestützt, dafs die Gestalt der Hagelsteine eine an ihren Polen abgeplattete 
Kugel bildete, als Folge der rotirenden Bewegung, besonders wenn es ein Naturgesetz sein 
sollte, dass alle Körper, die in rascher kreisförmiger Bewegung sind, per se ipsos auch eine rotirende 
Bewegung um ihre eigene Achse erlangen.“ (Dies Naturgesetz besteht in der That.) — Die Zahl 
ähnlicher Beispiele liefse sich beliebig vermehren, doch dürften die vorstehend angeführten genügen, 
um zu zeigen, wie aufserordentlich häufig die Wirbelbewegung der Luft auftritt und wie mit dieser 
Bewegung meistens elektrische Erscheinungen, gewaltige Regengüsse und Hagelfälle eng ver- 
knüpft sind, 
1) S. „Zeitschrift für Meteorologie“, Bd. XV, pag. 434. Prof. Hann in Wien hat seit Jahren 
die Gewitter sehr sorgfältig beobachtet, und lege ich seinen Beobachtungen, als von einem tüchtigen 
Fachmanne herrührend, grofses Gewicht bei.
	        
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