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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 12 (1884)

Ueber Gewitter- und Hagelbildung. 
Umfang schwebend zu erhalten, mit einer Geschwindigkeit von 30—40m in 
der Sekunde aufsteigen, wodurch das Barometer um mehr als 10mm fiele), hat 
sogar einen russischen Gelehrten Schwedorff zu der Meinung veranlafst, der 
Hagel sei kosmischen Ursprungs. Mit Recht bemerkt Dr. Klein, dafs in Betreff 
unserer gewöhnlichen Hagelwetter gewifs Niemand diese Ansicht gelten lassen 
wird, da man das lokale Entstehen von Hagelfällen in einzelnen Beispielen 
bestimmt nachweisen kann, dafs es dagegen nicht widersinnig sei, bei jenen 
kolossalen Hagelstücken einen kosmischen Ursprung zuzugeben, Da man aber 
niemals bei aufsergewöhnlichen Erscheinungen zu neuen Kräften oder anufser- 
irdischen Einflüssen seine Zuflucht nehmen darf, so lange man mit den bekannten 
irdischen Kräften solche Erscheinungen in befriedigender Weise erklären kann, 
so ist auch obige Hypothese des kosmischen Ursprungs grofser Hagelmassen 
fallen zu lassen, wenn der Nachweis gelingt, dafs bei Bildung dieser die be- 
kannten terrestrischen Kräfte ausreichen. Die Kraft zur Bildung und zur 
Tragung solcher Hagelmassen finden wir aber in der Wirbelbewegung der 
Luft. Schon die Thatsache, dafs bei den in so schrecklicher Weise wüthenden 
Tornados, die oft Hunderten von Menschen das Leben kosten, in den meisten 
Fällen Gewitter und Hagelfälle als Begleiterscheinungen auftreten, hätte den 
Gedanken nahe legen müssen, dafs die Gewitter- und Hagelbildung in einem 
kausalen Zusammenhange mit der Wirbelbewegung der Luft, die doch bei den 
Tornados keinen Augenblick bezweifelt werden kann, stehen müsse. Man hat 
diesen Zusammenhang aber, wie mir scheint, bei Aufstellung von Theorien über 
Gewitter und Hagelbildung viel zu wenig berücksichtigt. Wenn bei einem 
Tornado in einem Augenblick das Dach eines Hauses, die Zimmerdecke und 
die im Zimmer befindlichen Menschen hoch in die Lüfte gerissen werden, wenn 
die Dielen des Fufsbodens durch den aufserordentlich verminderten Luftdruck 
aufgebrochen werden, so deuten solche Erscheinungen doch wahrlich auf eine 
Kraft, die genügend ist, auch die schwersten Eismassen lange genug in der 
Luft schwebend zu erhalten, um zu solcher Gröfse und Schwere anwachsen zu 
können. Aber auch ein höchst einfaches Experiment bestätigt die aufsergewöhn- 
liche Kraft, die in der Wirbelbewegung liegt. 
Wenn man in ein gröfseres, mit Wasser gefülltes Gefäfs mit durch- 
sichtigen Wänden, auf dessen Boden feine Asche in sehr dünner Schicht be- 
findlich ist, ein schmales Brettchen (etwa einen Centimetermafsstab) taucht, so 
daß sein unteres Ende nahe den Boden berührt, und nun dieses Brettchen 
nicht allzuschnell in gerader Linie vorwärts bewegt, in der Art, dafs es 
immer senkrecht gehalten wird, also immer mit sich selbst parallel bleibt, 
zugleich aber eine der beiden .breiten Flächen immer die Vorderfläche bildet 
(nicht etwa eine der schmalen Kanten), so entstehen direkt hinter dem Bretichen 
an seinen beiden scharfen Kanten zwei Wirbel mit entgegengesetzter 
Drehungsrichtung. In diesen Wirbeln steigt die am Boden liegende Asche 
(die also schwerer als Wasser ist) mit aufserordentlicher Geschwindig- 
keit spiralförmig in die Höhe, fast bis zur Oberfläche. des Wassers, Man 
erkennt ferner sehr deutlich, wie am Boden die Aschentheilchen in spiral- 
förmigen Windungen nach der Mitte des Wirbels hin eilen, so dafs unterhalb 
des Wirbels auf seiner ganzen Bahnstrecke die Asche wie mit einem Besen 
weggekehrt ist. Bei gut gelungenen Wirbeln werden selbst specifisch viel 
schwerere Körper als Wasser hoch in die Höhe gerissen. Dieses Auf- 
steigen im Innern der Wirbel folgt auch unmittelbar aus den Gesetzen der 
Mechanik. In einem Wasserwirbel bilden die einzelnen Spiralen sozusagen eine 
geschlossene konische Fläche. Infolge der durch die schnelle Rotation hervor- 
gerufenen Centrifugalkraft hält diese Fläche dem Seitendruck des den Wirbel 
umgebenden ruhigen Wassers das Gleichgewicht. Wäre dies nicht der Fall, 
30 müßte dieser Seitendruck die Wände des Wirbels durchbrechen, und die 
Wirbelbewegung hörte plötzlich auf. Aber es findet nicht allein Gleichgewicht 
statt, sondern die Centrifugalkraft übertrifft noch an Kraft diesen Seiten- 
druck, Denn die Oberfläche eines jeden Wirbels senkt sich und zwar umsomehr, 
je intensiver die Wirbelbewegung ist. Daraus folgt nun sofort, da das Wasser 
nicht komprimirbar ist, dafs die Obertläche des ruhigen Wassers sich heben 
muß. Dadurch entsteht aber in letzterem in allen Niveauschichten, also auch 
am Boden, ein gröfserer Druck, als in den entsprechenden Niveauschichten
	        
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