Ueber Gewitter- und Hagelbildung.
Umfang schwebend zu erhalten, mit einer Geschwindigkeit von 30—40m in
der Sekunde aufsteigen, wodurch das Barometer um mehr als 10mm fiele), hat
sogar einen russischen Gelehrten Schwedorff zu der Meinung veranlafst, der
Hagel sei kosmischen Ursprungs. Mit Recht bemerkt Dr. Klein, dafs in Betreff
unserer gewöhnlichen Hagelwetter gewifs Niemand diese Ansicht gelten lassen
wird, da man das lokale Entstehen von Hagelfällen in einzelnen Beispielen
bestimmt nachweisen kann, dafs es dagegen nicht widersinnig sei, bei jenen
kolossalen Hagelstücken einen kosmischen Ursprung zuzugeben, Da man aber
niemals bei aufsergewöhnlichen Erscheinungen zu neuen Kräften oder anufser-
irdischen Einflüssen seine Zuflucht nehmen darf, so lange man mit den bekannten
irdischen Kräften solche Erscheinungen in befriedigender Weise erklären kann,
so ist auch obige Hypothese des kosmischen Ursprungs grofser Hagelmassen
fallen zu lassen, wenn der Nachweis gelingt, dafs bei Bildung dieser die be-
kannten terrestrischen Kräfte ausreichen. Die Kraft zur Bildung und zur
Tragung solcher Hagelmassen finden wir aber in der Wirbelbewegung der
Luft. Schon die Thatsache, dafs bei den in so schrecklicher Weise wüthenden
Tornados, die oft Hunderten von Menschen das Leben kosten, in den meisten
Fällen Gewitter und Hagelfälle als Begleiterscheinungen auftreten, hätte den
Gedanken nahe legen müssen, dafs die Gewitter- und Hagelbildung in einem
kausalen Zusammenhange mit der Wirbelbewegung der Luft, die doch bei den
Tornados keinen Augenblick bezweifelt werden kann, stehen müsse. Man hat
diesen Zusammenhang aber, wie mir scheint, bei Aufstellung von Theorien über
Gewitter und Hagelbildung viel zu wenig berücksichtigt. Wenn bei einem
Tornado in einem Augenblick das Dach eines Hauses, die Zimmerdecke und
die im Zimmer befindlichen Menschen hoch in die Lüfte gerissen werden, wenn
die Dielen des Fufsbodens durch den aufserordentlich verminderten Luftdruck
aufgebrochen werden, so deuten solche Erscheinungen doch wahrlich auf eine
Kraft, die genügend ist, auch die schwersten Eismassen lange genug in der
Luft schwebend zu erhalten, um zu solcher Gröfse und Schwere anwachsen zu
können. Aber auch ein höchst einfaches Experiment bestätigt die aufsergewöhn-
liche Kraft, die in der Wirbelbewegung liegt.
Wenn man in ein gröfseres, mit Wasser gefülltes Gefäfs mit durch-
sichtigen Wänden, auf dessen Boden feine Asche in sehr dünner Schicht be-
findlich ist, ein schmales Brettchen (etwa einen Centimetermafsstab) taucht, so
daß sein unteres Ende nahe den Boden berührt, und nun dieses Brettchen
nicht allzuschnell in gerader Linie vorwärts bewegt, in der Art, dafs es
immer senkrecht gehalten wird, also immer mit sich selbst parallel bleibt,
zugleich aber eine der beiden .breiten Flächen immer die Vorderfläche bildet
(nicht etwa eine der schmalen Kanten), so entstehen direkt hinter dem Bretichen
an seinen beiden scharfen Kanten zwei Wirbel mit entgegengesetzter
Drehungsrichtung. In diesen Wirbeln steigt die am Boden liegende Asche
(die also schwerer als Wasser ist) mit aufserordentlicher Geschwindig-
keit spiralförmig in die Höhe, fast bis zur Oberfläche. des Wassers, Man
erkennt ferner sehr deutlich, wie am Boden die Aschentheilchen in spiral-
förmigen Windungen nach der Mitte des Wirbels hin eilen, so dafs unterhalb
des Wirbels auf seiner ganzen Bahnstrecke die Asche wie mit einem Besen
weggekehrt ist. Bei gut gelungenen Wirbeln werden selbst specifisch viel
schwerere Körper als Wasser hoch in die Höhe gerissen. Dieses Auf-
steigen im Innern der Wirbel folgt auch unmittelbar aus den Gesetzen der
Mechanik. In einem Wasserwirbel bilden die einzelnen Spiralen sozusagen eine
geschlossene konische Fläche. Infolge der durch die schnelle Rotation hervor-
gerufenen Centrifugalkraft hält diese Fläche dem Seitendruck des den Wirbel
umgebenden ruhigen Wassers das Gleichgewicht. Wäre dies nicht der Fall,
30 müßte dieser Seitendruck die Wände des Wirbels durchbrechen, und die
Wirbelbewegung hörte plötzlich auf. Aber es findet nicht allein Gleichgewicht
statt, sondern die Centrifugalkraft übertrifft noch an Kraft diesen Seiten-
druck, Denn die Oberfläche eines jeden Wirbels senkt sich und zwar umsomehr,
je intensiver die Wirbelbewegung ist. Daraus folgt nun sofort, da das Wasser
nicht komprimirbar ist, dafs die Obertläche des ruhigen Wassers sich heben
muß. Dadurch entsteht aber in letzterem in allen Niveauschichten, also auch
am Boden, ein gröfserer Druck, als in den entsprechenden Niveauschichten