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Reiseberichte der deutschen Brigg „Juno“
Von La Union nach Salina Cruz am Golf von Tehuantepee.
Wir verliefsen am Abend des 6. Februar bei steifer NE-Briese den Hafen
von La Union und steuerten längs der Küste. Der NE-Wind hielt an bis zum
nächsten Morgen, um welche Zeit die Höhe von Port Libertad erreicht war,
und lief dann durch E, S und W herum nach NW und N, mit der Stärke 0—2.
Von hier ab waren Windstillen und sehr flaue Winde zwischen NNE und W
vorherrschend. Obwohl wir uns ganz in der Nähe der Küste hielten und
manchmal 21 bis 23m (12 bis 13 Fad.) lotheten, so stellte sich doch kein Land-
oder Seewind ein; wohl aber wurde die Fahrt durch eine, durchschnittlich 30 Sm
im Etmal nach NW setzende Strömung gefördert. Dabei aber lief meistens eine
hohe See von NW, Erst am 17. Februar, in 15° 9’ N-Br und 93° 12‘ W-Lg,
kam beständiger WNW-Wind durch; aber schon am anderen Tage artete der-
selbe in einen wüthenden Norder, Stärke 10, aus, der erst am 21. aus nordöst-
licher Richtung wieder abflaute. Es folgten jetzt leichte veränderliche Winde
und Windstillen, mit denen wir nahe der Küste entlang arbeiteten, bis wir
gezwungen wurden, da es nicht möglich war, den Bestimmungshafen zu beholen,
indem Wind und Strömung uns entgegen waren, in der Bucht von Don Diego
— nach meiner Karte etwa 16 Sm südwestlich von Salina Cruz — zu ankern,
Am Nachmittage des 23. Februar kam südlicher Wind durch; wir setzten unsere
Reise fort, ankerten nochmals gegen Abend in einer kleinen Bucht und langten
am folgenden Tage, den 24. Februar, nach einer Reise von 18 Tagen in
Salina Cruz an.
Die Entfernung von Don Diego beträgt nicht, wie in meiner Karte an-
gegeben, 16, sondern wie auch aus anderen Karten hervorgeht, 31 Sm.
Salina Cruz.')
Salina Cruz, der Hafen der 18 englische Meilen entfernt liegenden Stadt
Tehuantepec, ist ein kleiner, nur aus Hütten bestehender Platz, Zwar ist
daselbst ein Hafenamt und ein sogenanntes Nebenzollamt vorhanden, doch be-
findet sich das Hauptzollamt in Tehuantepec, wo auch die Kaufleute ihren Sitz
haben. Ohne Order von dort, die’ häufig telegraphisch erfolgt, kann in Salina
Cruz hinsichtlich des Löschens und Ladens nichts geschehen. Dadurch entsteht
manchmal ein empfindlicher Zeitverlust; auch werden die genannten Arbeiten,
da die Rhede von Salina Cruz eine offene ist, oft durch Wind, Wetter und
Seegang verzögert. Die Wassertiefe der Bucht von Salina Cruz varilirt zwischen
7 und 18m (4 und 10 Fad.).
Zur Zeit der Norder, welche während unseres Aufenthaltes vom 24. Fe-
bruar bis zum 11. März 1883 fast ununterbrochen wehten und oftmals die
Stärke 9—10 erreichten, ist es gut, so weit als möglich in die Bucht hinein
zu ankern, da dann entweder ganz ruhiges Wasser oder doch nur eine schwache
südliche und südwestliche Dünung vorhanden ist. In weiter vorgerückter Jahres-
zeit — wir lagen zum zweiten Male vom 15. Mai bis zum 18. Juni in Salına
Cruz, um Rothholz zu laden —- ist es gerathener, das Schiff auf einer gröfseren
Wassertiefe zu verankern. Die S- und SW-Winde treten alsdann 'mit einer
gröfseren Stärke auf und erzeugen eine schwere See, und da auch der Anker-
grund schlecht ist, ist die Lage der Schiffe daselbst höchst gefährlich. Vom
21. bis zum 23, Mai hatten wir noch einen schweren Nordwind zu bestehen, und
obwohl es derartig wehte, daß das Schiff mit beiden Ankern von seinem
Ankerplatz bis aufserhalb der Bucht trieb, so legte sich die hohe südwestliche
Dünung doch keineswegs. Dieselbe wurde durch den dagegen wehenden Wind
nur noch verschlimmert. Mit dem 23. Mai hörten die Norder auf, und es folgte
unmittelbar die Regenzeit, begleitet von Böen und Gewittern. Am Tage wehten
die Böen von der Seeseite, Abends und Nachts aber aus dem Lande. In der
Nacht, bevor wir die Rückreise nach Europa antraten, vom 11. zum 12. Juni
verloren wir in einer Gewitterböe den B-B.-Anker mit 80m (45 Fad.) Kette.
Im allgemeinen ist Salina Cruz kein empfehlenswerther Platz, Der
Ankergrund ist von Natur, wie schon erwähnt, schlecht, aber noch schlechter
geworden infolge der vielen verloren gegangenen Anker, Ketten und Eisenbahn-
l) Siehe auch den Bericht des Kapt. E. Kuhlmann, pag. 716 der „Ann. d. Hydr. ete.“, 1883.