Reiseberichte der deutschen Bark »Niagara'.
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Puerto Salinas, der eigentliche Verschiffungspintz des Antimon- und
Silbererzes, welches hier ausgeführt wird, liegt am Ende einer flachen Bucht,
welche von unserem Ankerplatz etwa 14 Sm nach SO in das Festland eindringt,
in ihrem obersten Theile aber bei Niedrigwasser ganz trocken läuft. Wie mir
die Eingeborenen mittheilen, steht daselbst nur ein einziges Haus, welches auch
nur dann bewohnt wird, wenn Schiffe auf der Rhede anwesend sind, um Erze
zu laden. Die Mündung dieser Bucht, wo die Schiffe zu Anker liegen, ist im
Osten durch das Festland, im Westen durch die schon erwähnte niedrige,
sandige Landzunge begrenzt, etwa 5 Sm breit und von W bis NW offen.
Die Bai behält ungefähr diese Breite ganz bis an ihr Ende bei, ist aber,
wie schon bemerkt, sehr flach, und von den Küsten erstrecken sich mit Austern
besetzte Sandbänke in dieselbe hinein, welche bei Niedrigwasser trocken laufen.
UebrigeDS nimmt die Wassertiefe schon in der Mündung der Bai nach innen zu
sehr rasch ab, so dafs der Ankerplatz der Schiffe eben innerhalb der Barre
sich befindet.
Von unserem Ankerplätze aus peilte die äufserste Spitze der niedrigen
Landzunge N 85° W mw., 4,5 Kabellängen entfernt, und die Mitte der Georges-
Insel, welche nach unseren Beobachtungen in der amerikanischen Karte richtig
niedergelegt ist, S 55,5® W. mw. Nach trigonometrischen Messungen war die
Insel genau 7,0 Sm von unserem Ankerplatz entfernt. Die geographische Lage
desselben bestimmte ich nach guten astronomischen Beobachtungen, welche von
mir und dem Obersteuermann Segelken gemeinschaftlich ausgeführt wurden,
zu 31° 2,7' N-Br und 113° 3,8' W-Lg. Diese Angaben verdienen umsomehr
Vertrauen, als weiter südwärts unsere Berechnungen stets in Uebereinstimmung
mit den Angaben der amerikanischen Karte waren, wie schon erwähnt.
Die Mifsweisung unseres Kompasses ermittelten wir aus wiederholten
Beobachtungen zu 11° 54'Ost, während dieselbe in der Karte für 1873/74 zu
12° 50'Ost angegeben ist.’)
Die in der amerikanischen Karte eben südlich der Rhede von Puerto
Salinas angegebene Bai Estero, von welcher aus Georges Island mw. W s /sN
peilt, existirt nicht. An der bezeichneten Stello macht die Küste keine Ein
buchtung. Vielleicht hat man die Bucht von Puerto Salinas gesehen und sie
hier, allerdings um mehrere Seemeilen zu weit nach Süden und in ganz unrich
tiger Gestalt, verzeichnet.
Während unseres Aufenthaltes in Puerto Salinas, vom 24. November bis
zum 7. Dezember, beobachteten wir daselbst unregelmäfsige Land- und Seebriese.
Providentia.*) Von Puerto Salinas versegelten wir nach Providentia, am
Westufer des Golfes, und ankerten am 11. Dezember um 12 Uhr Nachts auf
der Rhede daselbst, in 10,8 m (6 Fad.) Tiefe und 8 Kabellängen vom Strande
entfernt, vor der Stelle, von welcher die Erze verschifft werden, und auf welcher
ein graues Haus mit einem Strohdache steht. Etwa 1 */* Sm weiter nach Norden
befindet sich an der Küste ein weifses Haus mit plattem Dache, welches aber
einer anderen Gesellschaft als derjenigen, welche uns das Erz lieferte, gehört.
Die geographische Lage unseres Ankerplatzes war nach guten astronomischen
Beobachtungen 27° 17,3' N-Br und 112° 15,0' W-Lg.
fehlt auf den Karten gänzlich, ebenso die an der Westseite weit vorspringende sandige Landzunge
und die davor liegende Sandbank, welche sich nach den Aufnahmen der ¿Niagara“ noch etwa 5 Sm
weiter nach NNW erstreckt, und die als Georges Hag verzeichnete Bucht nach Westen hin bis auf
einen unter dem Nordufer hinführenden Kanal von 5 Sm Breite abschliefst. Der Name Puerto Salinas
ist in den Karten überhaupt nicht angegeben. Die einzige I.othungslinie, die in der amerikanischen
Karte nach den Aufnahmen der ,Narragansett“ verzeichnet ist, bleibt von diesem Theile der Küste
ft Sm und weiter entfernt.
Die Karte 3 giebt von dem ganzen, nördlich von 26° N-Br gelegenen Theile des Golfes von
Californien ein durchaus falsches und von den beiden vorerwähnten Karten ganz abweichendes Bild.
Das Besteck der ¿Niagara* geräth darin auf sehr vielen Stellen weit landeinwärts. Die Karte mufs
deshalb als ganz unbrauchbar für die Navigation in diesen Gewässern erklärt werden. Das Gleiche
gilt von der Imray’schen Karte, Ausgabe 1874. Dagegen ist die neueste Ausgabe dieser Karte vom
Jahre 1881 auf Grund der amerikanischen Vermessungen berichtigt worden; auch ist zu bemerken,
dafs die neueste Ausgabe der Admiralitäts-Karte 2324, Correct. 1881, den Verlauf der Küste in der
Umgebung von Puerto Salinas in besserer Uebereinstimmung mit Kapt. Kuhlmann’s Angaben zeigt.
t) In der von der Seewarte herausgegebenen Karte ist die Mifsweisung im nördlichen Theil
des Golfs von Californien für das Jahr 1880 zu 13° Ost angegeben.
-) In der englischen Admiralitäts-Karte No. 2324 ist dieser Ort nicht aufgeführt.