Kleine hydrographische Notizen.
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Ein Hauptstrom, welcher direkt Ost setzt, geht durch die Strafse von
Bonifacio und theilt sich darauf in zwei Arme, von denen der eine an Corsica
entlang nach Norden sich abzweigt, zwischen der Nordspitze von Corsica und
den Inseln Caprara und Giroglira, NNW und später nördlich von Corsica und
den genannten Inseln NE setzt; der andere Arm läuft nach SE in der Richtung
der italienischen Küste; beide haben eine Stärke von ca. '/2 bis */4 Sm pro
Stunde; doch mögen starke Winde die Richtung der Strömungen, sowie die
Stärke derselben leicht ändern.
2. Wind- und Stromverhältnisse an der dalmatinisch-albanesi-
schen Küste. Adriatisches Meer. („Hydrografische Nachricht“ N0. 17/77.
Bola 1883.) Einem Bericht des Kommandanten der österreichisch-ungarischen
Korvette „Minerva“, Fregatten-Kapt. Joseph Primavesi, ist Nachstehendes über
die Winde und Stromverhältnisse an der dalmatinisch-albanesischen Küste 1 )
entnommen.
Beim Ansegeln der Bucht von Breno, am 13. u. 17. Januar d. J. wurde
bemei'kt, dafs die während der regnerischen Jahreszeit in grofser Menge von
den Bergen herabstürzenden Gewässer eine westliche Strömung erzeugten.
Am 18. u. 19. Januar wurde auf der Höhe von Punta d’Ostro bei leichtem
NW-Winde ein westlicher Strom mit einer Geschwindigkeit von 0,7 Sm die
Stunde beobachtet.
Am 22. Januar machte sich auf der Strecke von Saseno bis südlich vom
Kap Linguetta ein NW-Strom von 2 Sm Geschwindigkeit fühlbar, der das Vor
dringen nach SO sehr erschwerte.
Auf der Fahrt unter Land, längs der Amur«-Küste am 22. Januar bei
sehr veränderlichen Winden, meistens aus den 4. Quadranten, wurde die Wahr
nehmung gemacht, dafs die Einsattelungen der Berge und Einbuchtungen heftige
Böen aus NE herauswarfen, was für mit vollen Segeln aufkreuzende Schiffe zur
Vermeidung von Havarien jedenfalls in Betracht zu ziehen sein dürfte.
3. (D. S.) Die Rhede von Progreso, an der Ostküste von Mexico,
Halbinsel Yucatan, ist nach einem Berichte des Führers der deutschen Brigg
„Gemma“, Kapitän H. Beenke, in den Monaten, in denen die Norder wehen —
in unsern Wintermonaten — für Segelschiffe sehr schlecht.
Von Osten kommend, thut man gut, zeitig das Land zu machen und in
7,2 m — 4 Faden — Tiefe demselben entlang zu segeln. Der Strom setzt hier
meistens nach Westen, mitunter aber auch, wenn nordwestliche Winde wehen,
nach Osten. Der beste Ankerplatz ist in 7,2 m — 4 Faden — Tiefe mit dem
Zollhause, einem grofsen viereckigen Gebäude, auf dem zur Zeit auch das Leucht
feuer brennt, zwischen den Peilungen mifsweisend SE und SSE. Der Grund
besteht hier aus Sand und Steinen, und der Anker hält sehr gut, indem er
meistens hinter einen Stein hakt. Bei einem auftretenden Norderist es meiner
Meinung nach am gerathensten, hinter einem Anker mit möglichst langer Kette
zu liegen. Ist die Kette dann nur gut, so wird das Schiff den Norder auch
abreiten können. Auf den Anker sollte stets eine Boje gesteckt werden. Das
untere Ende des Bojereeps aber mufs eine Kette sein, weil ein Tau auf dem
steinigen Boden rasch durchscheuert, wie es auch uns während unseres Hierseins
passirte. Am 9. Januar 1883 verlor ich in einem schweren Norder beide Anker,
obgleich die Ketten bis auf ihre Enden ausgesteckt waren. Dasselbe Schicksal
hatten noch vier andere Schiffe. Unter starker Segelführung gelang es uns
jedoch vom Strande frei zu halten. Als ich zwei Tage später wieder nach der
Rhede zurückkam, waren meine beiden Ankerbojen verschwunden, und ich fand
sie später am Strande wieder. Der neue Bojereep war auf dem steinigen Boden
abgescheuert. Die vielen Steine, die auf dem Boden liegen, und der Seegang,
welcher auf der Rhede stand, vereitelten auch meine mehrtägigen Versuche, die
Anker wieder aufzusuchen. Das häufige Brechen der Ketten erkläre ich mir
dadurch, dafs dieselben hinter Steinen haken, und so nicht die ganze Länge der
ausgesteckten Kette die Kraft des Sturmes zu tragen hat.
Das Löschen der Ladung geht hier nur langsam von statten, denn, die
Zollhausbeamten kommen erst um 8 Uhr Morgens an Bord, um die Luken zu
öffnen, dann wird bis 2 Uhr Nachmittags gelöscht, worauf die Luken wieder
9 Vergi. „Mediterranean Pilot“. Voi. III. 1880, p. 3.