Pensacola. Mexico.
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Ann. d. Hydr. etc., 1883, Heft YD.
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Bezüglich der Frachtzahlung bestimmt die sogenannte Piteh-Pine-Charter
gewöhnlich Folgendes: „Ein Drittel der Fracht wird bei Ankunft des Schiffes
am Bestimmungsorte ohne Abzug bezahlt; die restirenden zwei Drittel dagegen
nach richtiger Ablieferung der Ladung entweder haar mit 2 Proc. Diskonto,
oder durch Yiermonatswechsel auf London. Von der orsteren Zahlung ist der
Frachtvorschufs abzuziehen, von der letzteren der Schadenersatz für etwa
fehlende oder beschädigte Ladung.“ Da nun gewöhnlich ein Drittel der Fracht
im Ladehafen als Frachtvorschufs aufgenommen und verbraucht ist, wofür, wie
schon erwähnt, hohe Zinsen und Assekuranzprämieu zu zahlen sind, so ist mit
hin die ganze Fracht einer erheblichen Reduktion unterworfen. Rechtlicher
Weise sollten die Frachtgelder nach richtiger Ablieferung der Ladung baar
und ungekürzt ausgezahlt werden, umsomehr, als der Rheder die für die Aus
führung der Reise erforderlichen und mitunter sehr erheblichen Ausrüstungs
kosten schon mehrere Monate vorher baar verauslagen mufste.
Ein Deutsches Konsulat ist in Pensacola nicht vorhanden. Das nächste
befindet sich in dem 60 Sm entfernten Mobile, und der Kapitän ist verpflichtet,
sich bei diesem persönlich oder schriftlich zu melden und die Gebühr von
l 4 /iä Cts. pro Registertonne dorthin zu befördern. Im Unterlassungsfall wird
eine Geldstrafe von 200 Mk. verhängt. Ich wäre bald unschuldiger Weise ein
Opfer dieses Strafartikels geworden, indem der Mahnbrief des Konsulats, eine
Postkarte, im Comptoir des Abladers verlegt war, wo ich sie ganz zufällig
14 Tage später vorfand. (Die Comptoirgehülfen hatten die Postkarte für kein
amtliches Schreiben gehalten.) Jedenfalls würde die zuständige Reichsbehörde
alle deutschen Kapitäne und Seeleute, die diesen Hafen besuchen, zu Dank ver
pflichten, wenn in Pensacola selbst ein Deutsches Konsulat errichtet würde;
denn von hier aus den Rath und Schutz des Konsuls in Mobile einzuholen, ist
doch in den meisten Fällen umständlich und zeitraubend. Ich habe mich, als
ich in einer wichtigen Angelegenheit Rath gebrauchte, einmal an den englischen
und einmal an den norwegischen Konsul gewandt, die mir auch in zuvor
kommender Weise unentgeltlich die gewünschte Auskunft ertheilten. Gewöhnlich
dient der hiesige deutsche Schiffshändler, ein Bayer von Geburt, ein hoch-
angesehener und überall beliebter Mann, den deutschen Kapitänen als un
parteiischer, rechtschaffener Rathgeber und Wegweiser. Auch überliefert die
hiesige Postbehörde an denselben die für Schiffe an das, allerdings nicht vor
handene, Deutsche Konsulat in Pensacola adressirten Briefe.
Was den Gesundheitszustand in Pensacola betrifft, so ist zu bemerken,
dafs das gelbe Fieber nur dann auftritt, wenn cs durch Schiffe eingeschleppt
wird, wie solches beispielsweise im Jahre 1882 der Fall war. Nachdem dieser
Platz seit einer Reihe von Jahren verschont geblieben, wurde die Krankheit im
August des genannten Jahres durch ein von Havannah kommendes Schiff ein
geschleppt und verbreitete sich mit einer furchtbaren Schnelligkeit. Von den
7000 Einwohnern Pensacola’s erkrankten ungefähr ein Drittel, und mehrere
Hundert Menschen starben. Auch auf den im Hafen liegenden Schiffen starb
eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Seeleuten, darunter vier Kapitäne. Auf
den in der Bucht zu Anker liegenden Schiffen, deren Leuten nicht erlaubt
wurde an’s Land zu gehen, fielen keine Krankheitsfälle vor.
Schliefslich will ich meinen Kollegen, welche diesen Hafen zu besuchen
beabsichtigen, überhaupt allen, die in der sogenannten „Pitch-Pine-Fahrt“ be
schäftigt sind, noch den Rath geben, bei dem Frachtabschlufs, soweit ihr
Einflufs reicht, für eine reine Charter zu sorgen und soviel von den für das
Schiff so kostspieligen und nachtheiligen Klauseln und Bedingungen zu streichen,
als sich der Befrachter nur irgend gefallen lassen will. Es ist freilich nicht zu
erwarten, dafs schon so bald eine Wandelung zum Bessern eintreten wird, abor
durch das Zusammenwirken Vieler mufs es doch schliefslich gelingen, diese
alten eingewurzelten Mifsstände, wie ich sie im Vorgehenden näher besprochen,
allmählich abzuschaffen. Wir werden dann in der Lage sein, dem Schiffe
manches Pfund Sterling zu ersparen, welches uns jetzt in so unbilliger Weise
verloren geht.“