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Orkane im nor<iliehen Stillen. OofWfr»
Orkane im östlichen Theile des nördlichen Stillen Oceans,
(Mittbiilmig von der Deuhcken Serv'arte.)
Die der Seewarte in letzter Zeit zugegangenen Journale enthalten Berichte
über zwei Orkane im nordöstlichen Theile des Greisen Oceans, welche der
geringen Kcnntnifs wegen, die wir über den Verlaut derartiger Erscheinungen
in jenem Meere haben, und wegen der ungewöhnlichen Nähe des Acquators,
in welcher der eine derselben auftrat, einer genaueren Beschreibung werth
erscheinen.
Der erste, ein nur kurzer, aber äufserst heftiger Orkan wurde von dem
unter der Führung des Kapt. J. Barber stehenden Bremer Vollschiff »Adelaide*,
welches im August 1882 auf einer Reise nach San Francisco begriffen war,
überstanden. Die »Adelaide“, welche am‘26. Juli in 121,5° W-Lg von südlicher
in nördliche Breite überging, wurde bis nach 9,8° N-Br in 123,2° W-Lg vom
SE-Passat begleitet. In geringer Entfernung von diesem Punkte nahm der
Passat am 30. Juli ein Ende. Er ging nicht, wie es sonst gewöhnlich geschieht,
durch eine Drehung nach rechts unmittelbar in den SW-Monsun über, sondern
es folgte zunächst ganz leichte, wiederholt von kurzer Stille unterbrochene
Mallung. Am Nachmittage des 31. Juli kam leichte Briese aus NNE durch, die
bei reguerischem, böigem Wetter allmählich frischer wurde. Aus Nordosten
lief gleichzeitig eine nach und nach höher werdende Dünung. Am Morgen des
1, August hatte dieselbe eine solch ungewöhnliche Höhe erreicht, dafs die
Wellen über den Bug dos Schiffes brachen. Der frische Wind veränderte sich
bis zum Mittag dieses letzteren Tages, zu welcher Zeit der Schiffsort 11,3° N-Br
in 123,9° W-Lg war, durch N nach NW. ln letzterer Richtung wurde das
Aussehen der Luft nun ein sehr drohendes. Von 10** a. in, au hatte auch der
Luftdruck rasch abzunchmeu begonnen. Am Nachmittage blitzte es rings um
den ganzen Horizont, und um etwa 2 h p. m. nahm der nordwestliche Wind
plötzlich bis zum Sturme zu. Man bemühte sich dann, so rasch wie möglich
alle Segel zu bergen. Die Zunahme der Windstärke war jedoch eine solch
rasche, dafs dieses nicht gelang, sondern mehrere Segel gänzlich zerrissen.
Um 5 h p. m. wehte ein voller Orkan aus NWzW. Kapt. Barber versuchte es
eine Zeit lang, vor demselben zu lenzen. Während dasselbe geschah, stürzte
aber die aus nordöstlicher und nordwestlicher Richtung laufende See unaufhörlich
in solch gefahrdrohender Weise über das Schiff, dafs cs unbedingt noth wendig
erschien, beizudrohen. Nachdem dies um 6 h p. m. ohne Unfall bewerkstelligt
worden war, lag das über St. B.-Bug liegende Schiff von der Gewalt des Windes
fast platt auf Seite niedergedrückt da. Der Luftdruck, welcher in sechs Stunden
um 17 mm abgenorainen hatte, erreichte um &' p. in. mit 740,8 mm seinen
niedrigsten Stand. Von 3 h p. in. au war die Luft angefüllt von uinherfliegenden
Schaummassen und heftigem Regen. Um 6‘/A p. m., nur eine halbe Stunde
später als beigedreht worden war, begann das Barometer zu steigen. Es ver
änderte sich dann gleichzeitig auch der Wind in rascher Drehung, jedoch ohne
an Stärke im Geringsten nachzulassen, durch W und S nach ESE. Um 8 11 p. m.
wehte der Orkan in voller Stärke aus letzterer Richtung, obgleich das ganz
ungewöhnlich rasch steigende Barometer schon wieder auf 757,5 mm zeigte. Um
9 h p. m. mäfsigte sielt auch der Wind, die dunkele Wolkendecke zertheilte sich,
und um lCH'p. m. konnte vor stürmischem SE-Winde wieder abgehalten werden.
Während des 2. August nahm die Stärke des südöstlichen Windes so weit ab,
dafs am Ende dieses Tages nur noch ein leiser Zug wehte. Am 3. August
herrschte schwache Mallung, und am 4. August erreichte „Adelaide“ iu etwa
15° N-Br und 124.5° W-Lg die äquatoriale Grenze des NE-Passats.
Die Bahn dieses Orkans, der, nach der raschen Ab- und Zunahme des
Luftdruckes zu urtheilen, nur eine geringe Ausdehnung hatte, scheint eine südlich
von West liegende gewesen zu sein. Die von NW durch W und S nach ESE
erfolgende Veränderung der Windrichtung erlaubt keine andere Erklärung.
Nach 6 h p. m. machte das beigedreht liegende Schiff nach nördlicher Richtung
hin keine Breite mehr gut, und wenn dieses nicht geschah, so mufste, sollte
das Schiff vom südwestlichen in den nordöstlichen Quadranten gelangen,
die Fortbewegung des Orkans nach südwestlicher Richtung hin geschehen.