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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 11 (1883)

Kegeln für Behandlung voll Chronometern. 
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Von den in der ganzen Welt auf See gebräuchlichen Chronometern 
haben wahrscheinlich 99,99 % die gewöhnliche Kompensationsunruhe. Nur 
wenige von den vielen Tausend Chronometern verschiedener Fabrikanten, welche 
während eines vierzigjährigen Geschäftsbetriebes durch unsere Hände gegangen 
sind, waren von abweichender Form oder hatten Hülfseinrichtungen, und solche 
waren jedesmal die unzuverlässigsten und zeigten gröfsere Fehler, als die mit 
gewöhnlicher Unruhe. 
Ueber das Reinigen der Chronometer. 
Chronometer sollten alle 8*/a Jahr oder schon früher gereinigt und frisch 
geölt werden, wenn sie nach vorher regelmäfsigem einen unregelmäfsigen Gärig 
zeigen. Ein solches Verhalten wurde beweisen, dafs entweder das Oel ein- 
getroeknet oder klebrig geworden und dafs die Zapfen sich eiugelaufeu haben, 
oder aber, dafs sieh Rost an den Stahltheilen gebildet hat, und in diesem Falle 
mufs das Chronometer so bald als möglich von Rost befreit, gereinigt und 
geölt werden. 
Vielfach gehen Chronometer fünf und sechs Jahre oder auch länger regel- 
mäfsig, ohne dam sie in dieser Zeit geölt und gereinigt wurden, aber das sind 
Ausnahmefälle, und es kann nicht daran gedacht werden, dies als Regel aufzu- 
stelleu. „Für Chronometer ist es am vorteilhaftesten, und sie geben 
die besten Resultate, wenn sie gereinigt und geölt werden, ehe es 
absolut erforderlich ist.“ Die Gründe hierfür sind folgende: Wenn man 
Chronometer so lange gehen läfst, bis das Oel vertrocknet oder klebrig ge 
worden ist, so wird der Schwingungsbogen der Unruhe und folglich die 
Wirkung der Spirale durch den zunehmenden Widerstand und die Abnutzung 
der Zapfen reducirt. Der nachtheilige Einflufs auf das Werk kann beseitigt 
werden durch Nacbpoliren der Zapfen, Ausfütteru der Zapfenlöcher durch Ein 
setzen neuer Rubine u. s. w., aber die Spirale hat, entsprechend der Länge 
der Zeit, während welcher sie ihre normale Tbätigkeit nicht ausüben konnte, 
Schaden genommen. Das zeigt sich, nachdem das Chronometer gereinigt und 
reparirt worden ist und Unruhe und Spirale ihre ursprüngliche Bewegung 
wieder aufgenommen haben, dadurch, dafs der GaDg für eine längere Zeit nicht 
regelmäfsig ist; ist die Bewegung der Spirale lange Zeit hindurch eine ver 
minderte gewesen, so wird der Gang möglichenfalls nie wieder ein regelmäfsiger 
werden. Alsdann besteht die einzige Abhülfe im Eiusetzen einer neuen Spirale; 
das aber ist kostspielig, da es eine völlig neue Adjustirung des Chronometers 
für Kompensation für Wärme und Kälte, Isochronismus u. s. w. erfordert; 
hierzu tritt noch der Nachtheil, dafs man sich auf ein Chronometer mit neuer 
Spirale auf zwei bis drei Jahre nicht verlassen kann. Alle neuen Chronometer 
oder Chronometer mit neuer Spirale zeigen das Bestreben, einen schnelleren 
Gang anzunehmen, wenn die Spirale richtig hergestellt ist. 
Der Erfahrung nach ist dieses fast immer die Folge bei Chronometern, 
welche lange Zeit hindurch mit stark verkleinerten Schwingungen gegangen sind. 
Ueber die Ursachen der grofson Mängel, welche sich nach dem Reinigen zeigen, 
läfst sich folgende Theorie aufstellen: Die Elasticität und molekulare Kohäsion 
der Spirale hatte sich den reducirten Schwingungen angepafst. Diese Anordnung 
wird nun, sobald die Spirale wiederum bedeutend schneller schwingt, von Neuem 
dadurch aufgehoben, dafs sich die Moleküle der neuen Bewegung, welche sie 
plötzlich annehmen müssen, entsprechend anordnen. Dieses zeigt sich ganz 
besonders während der Prüfung bei wechselnden Temperaturen. Diese Mängel 
treten vor dem Reinigen nicht in dem gleichen Mafse auf, da die Abnahme von 
grofsen zu kleinen Schwingungen sehr allmählich, zwischen den einzelnen Gang 
bestimmungen völlig unbemerkbar, vor sich geht, und weil theilweise die Fehler 
durch den Isochronismus der Spirale kompensirt werden. 
Die Nachtheile, welche das Chronometer dadurch erleidet, dafs es zu 
lange, ohne gereinigt und geölt zu werden, geht, sind unserer Meinung nach der 
Grund zu der so häufig von SchüFsführern gehörten Aeufserung, „dafs ihr 
Chronometer sechs Jahre (oder länger) sehr gut gegangen sei, ohne gereinigt 
worden zu sein, aber seit der Reinigung durch N. N. sei es nie mehr gut ge 
gangen“. Sie vergegenwärtigen sich nicht, dafs ihre eigene Fahrlässigkeit, in
	        
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