Orkan im Indischen Ocean, Mai 1881.
15
südlichen, vom 30. April auf den 1. Mai eine nördlich von West liegende Richtung
angenommen. Für den folgenden Tag, vom 1. auf den 2. Mai, war die Fort
bewegung des Sturmfeldes eine westliche, und zwar in solcher Weise, dafs um
8 h a. m. des letzteren Tages der Mittelpunkt der Depression unweit 5,5° S-Br
und 90,5° O-Lg liegen mochte. Am Morgen des 1. Mai beobachteten „Indra“,
„Deike Rickmeis“ und „Deutschland“ stürmischen SE-Wind, dagegen wehte bei
„Levuka“ der Wind frisch aus NNW; es mufste sich deshalb damals zwischen
jenen Schiffen und dieser Bark der Ort des niedrigsten Luftdruckes befinden.
Bei dem letzteren Schiffe drehte der Wind bald nach Mittag nach NE, es hatte
also den südöstlichen Quadranten erreicht. Bei deD anderen drei Schiffen blieb
der Wind südöstlich; in der letzten Hälfte des Tages an Stärke zunehmend,
so dafs er schliefslich als Sturm wehte. Die Schiffe konnten nur ganz kleine
Segel führen, uud der „Deike Rickmers u , bei dem auch Gewitter auftraten,
wurde wieder beigedreht. „Deutschland“ und „Auguste“, die in südwestlicher
Richtung weit vom Orte des niedrigsten Luftdruckes entfernt waren, segelten
bei für sie zum heftigen Sturme verstärkten Passat. „Deutschland“, das nähere
Schiff, beobachtete Gewitter und unbeständiges, regnerisches Wetter, während
bei „Auguste“ der Himmel heiter war. Am Morgen des 2. Mai herrschte bei
„Deike Rickmers“ Sturm aus ENE in Stärke 9, und bei „Indra“ ein gleich
starker aus SE. Bei beiden Schiffen war während der letzten 24 Stunden der
Luftdruck verhältnifsmäfsig stark gesunken, und bei dem letzteren Schiffe hatte
sich um 4 h Morgens ein ganz aufserordentlich heftiges, von strömendem Regen
begleitetes Gewitter entladen. Vom 2. auf den 3. Mai stürmte es bei „Deike
Rickmere“ ununterbrochen, wobei der Wind sich von ENE nach NE veränderte.
Man beobachtete Gewitter. Bei „Indra“ war der stürmische Wind von SE
nach NE umgelaufen, während „Levuka“ nahezu beständig frischen NE-Wind
beobachtet hatte. Die Bahn des Orkans war inzwischen während der letzten
24 Stunden eine sehr südliche geworden, so dafs der geschätzte Ort niedrigsten
Luftdruckes um 8 h a. m. am 3. Mai iu etwa 8,5° S-Br und 89,5° O-Lg zu liegen
schien. Vom 3. auf den 4. Mai nahm die Bahn nun sogar eine etwas östliche
Richtung an, und gelaugte das Centrum auf derselben bis um 8 h a. m. des
letzteren Tages nach unweit 10,5° S-Br in 90° O-Lg. Unter häufigen Gewittern
uud heftigem Regen hatte sich bei „Levuka“ der Wind nach Nord gedreht,
dasselbe war bei „Deike Rickmers“ geschehen, während bei „Indra“, welche
sich um 2“ a. m. wahrscheinlich in nächster Nähe des Centrums befand, der
Wind nach SSW umgelaufen war und aus dieser Richtung in Stärke 10 wehte.
Auch bei „Deutschland“ wurde der Wind an diesem Tage derart stürmisch, dafs
Kapt. Kort, befürchtend von einem sich nach SW bewegenden Orkane überholt
zu werden, mit seinem Schiffe beidrehte. Vom 4. auf den 5. Mai wurde die
Bahn des Orkanes dann eine noch östlichere, als die des vorhergehenden Tages
gewesen war, und gleichzeitig nahm auch die Schnelligkeit seiner Fortbewegung
zu. Am Nachmittage des 4. Mai lief bei „Deike Rickmere“ und „Levuka“ der
Wind um nach NW und wehte bei dem letzteren Schiffe um 8 h p. m. fast als
voller Orkan. Zugleich hatte dort auch das Bai’ometer seinen niedrigsten Stand
erreicht. Am Morgen des 5. Mai schien der Ort des niedrigsten Luftdruckes
in der Nähe von 14,0° S-Br und 95,5° O-Lg zu liegen. Alle Schiffe hatten nun
mäfsigere Winde, „Deutschland“ wurde wieder abgehalten und ein südwestlicher
Kurs gesteuert. Das Unwetter, welches jetzt den gröfsten Theil seiner Heftig
keit verloren zu haben schien, näherte sich nun aber mit vergröfserter Ge
schwindigkeit der „Constanze“. Bei abnehmendem Luftdrucke und heftigem Regen
timten bei diesem Schiffe Gewitter auf. Am Morgen des 6. Mai schien „Constanze“
sich in nächster Nähe des nur noch von mäfsigen Winden umgebenen Centrums
zu befinden. Man beobachtete damals an Bord dieses Schiffes heftige Wind-
stöfse aus verschiedenen Richtungen, und das Barometer hatte seinen tiefsten
Stand erreicht. Wie weit der Orkan später seinen Weg noch nach Osten hin
fortsetzte, läfst sich aus Mangel an zur Verfügung stehenden Beobachtungen
nicht angeben. Durch das Vorhei'gehende wird aber zur Genüge die auffallende,
bisher wohl noch kaum bekaunte, Thatsache bewiesen, dafs ein Orkan in
niedrigeier als 10° Breite auftreten, und schon in nahezu dieser Breite seine
westliche Bahn verlassen und nach Südosteu umbiegen kann. Die Möglichkeit
dieses Vorkommens in diesem Theile des Indischen Oceans wird, wenn dasselbe