Tiefseelotimnge» «los ,K«w»<lay fc im N'ordatlantic.
Wahrscheinlichkeit. Wenn wir auf den Karten der Faraday-ilngA gröl'sere
Unterschiede zwischen nahe benachbarten Lothungen wahrnehmen, so ist die
Erklärung dafür in dem felsigen, sozusagen coupirten Bodenterrain gegeben:
hier sind auch steile Abfälle und sogar kluftartige Vertiefungen („Kuhlen“) von
vornherein zu erwarten. Man darf also wohl im Allgemeinen nicht anstehen,
die Siemeus’schen Lothuugou für soweit zuverlässig zu erklären, dafs sie eine
Basis für vorsichtige Schlufsfolgerungen abgeben können.
Es soll au dieser Stelle besonders der grofsc Fortschritt hervorgehobeu
werden, der damit für die Kenntnifs des Bodenreliefs im offenen Ocean ge
wonnen worden ist. Wir sind nunmehr im Stande, sehr detailiirte Profile von
einzelnen Theilen des Meeresbodens zu entwerfen, die des Ueberrascheuden
Manches bieten. Während am Nordo3tabfall der Flämischen Kappe die Böschungen
aufserordentlich flacho sind, zeigt dagegen der Ost- und Siidostabfall für oceanische
Verhältnisse ungewöhnlich steile Neigungswinkel. Zwei besonders sorgfältig
ausgelotheto Profile haben wir auf der beigegebenen graphischen Darstellung
reproducirt: die Richtung des Schnitts ist beidemale senkrecht zur Richtung
der submarinen Isohypsen fast genau von Nordwest nach Südost. 1 ) Gehen wir
auf dem Profil Ali von der Lothung 532 abwärts, so sind die Böschungswinkel
zwischen je zwei benachbarten Messungen der Reihe nach folgende:
3° — 4 Ö — 7° — 10° — 21° — 6° — 5° — 4°.
Wir bemerken den ganz abnormen Winkel von 21° zwischen den Lothungen
2338 und 2686: bei einer nach der Karte geschätzten Distanz von 0,9km ( l /> Sur)
ein Abfall um 348m, d. i. ein Gefälle von 1 zu 3! Das Profil CD zeigt nur
einmal eine Böschung von mehr als 10°. Von der Lothung 878 abwärts folgen
nämlich diu Winkel:
1° _ 30 _ 12® _ 6° — 6° — 4° — 7° — 5° — 4° — 3° etc.
Jene Maximalböschung von 12° findet sieh zwischen den Lothungen 1031
und 1380, wo ein Unterschied von 349m auf eine Distanz von 1,7km vorhanden
ist. (Bei der Ungenauigkeit der Distanzabmessung können solche Bösehungs-
berechnungen selbstverständlich nur angenäherte Werthe liefern.)
Wie schon das Kärtchen des Ostabfalls der Flämischen Kappe durch das
nahe Aneinandertreten der submarinen Isohypsen erkennen läist, sind auch
dort sehr steile Böschungen vorhanden. So zwischen den Lothungen 1605
und 3140 (auf 7km 1535m —) 12°, und zwischen 2315 und 3060 (auf 2,7ökm
745 m —) 15°.
Was die Entstehung dieser überaus steilen Abhänge im offenen Ocean
an langt, so müssen wir uns vergegenwärtigen, dafs die Flämische Kappe ebenso
wie die Große Neufundland Bank derjenige Ort ist, wo die ka]te, und nordische
Eisberge mit sieh führende Labradorströmung auf den Golfstrom trifft. Hier
schmelzen die meisten der Eisberge in weuigen Wochen zusammen, und das
leine sowohl wie das grobe Gosehicbematerial, das über, in und unter dem
Gletscher eingefroren ist, fällt in Massen auf den Meeresboden nieder. Die
Karte giebt auch ausdrücklich an, dafs überall dort der Meeresboden mit
grofseu Steinen überstreut ist. Ohne ein solches Gerüst von grofson Steinen
wäre infolge der oben angedeuteteu Thätigkeit der Wellen auch bei einer sehr
ergiebigen Aufschüttung ein so steiler Abfall niemals zustande gekommen. Die
Flämische Kappe ist demnach als eine colossale erratische Aufschüttung von
2—3000m relativer Höhe aufzufassen. Es mag hier daran erinnert werden, dafs
auch im europäischen Nordmeer westlich und südwestlich von Spitzbergen von
der Norwegischen Expedition, über welche H. Moltu berichtet hat, 2 ) die Bildung
einer solchen Geschiebeformation am Meeresboden beobachtet worden ist.
Dafs wir in dem zweiten von dem Dampfer „Faraday“ untersuchten
Gebiet wahrscheinlich einen juugvulkanisehen Eruptionsherd vor uns haben
dürften, ist bereits oben als wahrscheinlich ausgesprochen. Die Origiualaufnahme
dieser felsigen und klippenbedeckten „Faraday-Hügel“ (Faraday hills) ist in dem
grofseu Maisstab von 1: 220OOO entworfen (die Reymann’seho Karte von Central-
Europa hat 1 :200 000) und repräsentirt wohl den am häufigsten mit dem Loth
>) Es liegen die Orte: /1 in 46° 33.9' N-Br, 44° 33.2' W-Lg; /»' in 46° 27,3' N-Br,
4t° 21,8' W-Lg: C in 46° 58,1' N-Br, 43° 37,7' W-Lg; l> in 4G° 39,2' N-Br, 43° 2G.3' W-Lg.
— Hieran findet sicli die Bemerkung auf der Karte: „thß distances between tlie soimdings taken on
the inelines shown in these sections were ineasured by means of a fine Steel wire paid out over tlie
steril of tlie. vessel wliile proceeding from sounding to sounding“.
*} KrgSnanngsheft G3 m Beterniann’s „Mittlieilnngen“, Gotha 1880, S. 9.