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Halse für jeden mit beträchtlicher Geschwindigkeit fort)tickenden Wirbelsturm
gelten, so würde also ein Schilf, welches sich nicht zu nahe der Bahn, aber in
der wirbelführenden Strömung befindet, immer den Nachtheil der gröfsten
Unsicherheit mit Bezug auf die Lage und Bewegung des Centrums haben.
Die folgenden Beobachtungen des „Pegasus“ sind in dieser Hinsicht
besonders lehrreich.
1879 Juli 29 Mittag 30° 43' N-Br 129° 17' 0-I.g ESE 6—8 756,4
, 29 2 p — — SEzS 6—9 —
, 29 4 p — — SEzS 9 754,4
, 29 6p — — SEzE 9 753,6
Hier scheint der häufig als Beispiel bei den Sturmregeln angeführte Fall
vorzuliegen: „Wenn sich ein Schilf in einem Wirbelsturm befindet und die
Windrichtung bei zunehmender Stärke und fallendem Barometer dieselbe bleibt,
so befindet sich der Beobachter vor dem Centrnm, gerade auf der Bahn“.
Nach den Beobachtungen mufste man bei gewissenhafter Anwendung der Regeln
eine nach NE auf das Schilf zu gerichtete Bahn vermuthen und lief deshalb
auch 45 Sm vor dem Winde; in Wirklichkeit bewegte sich das Centrum (Fig. I)
langsam nach NWzN; eine Dilferenz von 7 Strich! Die Richtungswinkel waren
9'/s, 6'/:-, 6’/* und 8 7 2 Strich.
Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma scheint mir in einer freieren
Auffassung des ganzen Wesens der Stürme zu liegeu und in einer geuaueu
Berücksichtigung der Lokalität. Vieles würde auch schon besser werden, wenn
alle „gemachten“ Beispiele aus den Handbüchern verbannt und durch „wirkliche
Fälle“ ersetzt würden, in denen man die Lage des Centrums genau kennt, und
auch in diesen sollten immer Land und Wasser angegeben sein.
Hat der Wirbel in höheren Breiten Beckenform angenommen, so ver
mehren sich die Schwierigkeiten einer scharfen Bestimmung der Bahn, Normal
örter kann man dann ebenfalls nicht bestimmen; wie im vorhergehenden Fall
mufs man sich darauf beschränken, mit Rücksicht auf die Lokalität, die Lage
und Richtung der Meerestheile, die höchste Windstärke, den Barometerstand etc.
die Normale zu schätzen. So beobachtete Kapt. G. C. Oeberg, au Bord der
Br. Bark „Kolga“, von Shanghai nach Nikolacfsk bestimmt, vom 2. August 1879
12 p bis 4. August 4 p zwischen etwa 47° und 50° N-Br und in 1417z 0 O-Lg
fortwährend Südwind. Die höchste Stärke, 5, wurde am 3. August 8 h p. in.
beobachtet, um 12 h p. m. Schwanken, SE bis SW 4. Der Windstärke und
Schwankung wegen uehme ich die Passage am 3. August 12 p an, obwohl
das Barom.-Minimum erst am 4. 12 p in Castries-Bai mit 748.9 mm beobachtet
wurde. Der Schilfsort war am 3. 12 p etwa 48° 40' N-Br und 141° 38'O-Lg;
die geschätzte Normale WNW.
Die hier vorgeschlagene Methode der Normalörter geht also von der
Voraussetzung aus, dafs ein Wirbelsturm in der Nähe des Centrums am regel-
mäfsigsten ausgebildet ist; in den seltenen Fällen, wo die Beobachtungen mit
dieser Annahme im Widerspruch stehen (s. o. „Newchwang“) kann dor „veränder
liche Richtungswinkel“ als Aushülfe dienen; sie läfst der Willkür in der Be
handlung einer Beobachtungsreihe sehr wenig Spielraum und giebt im Resultate
selber die gemachten Voraussetzungen an. Zudem ist sie so einfach, dafs
gewifs Jeder sie ohne Weiteres anwenden kann.
Die Bestimmung von Sturmbahnen in allen Meeren würde viel leichter,
genauer und weniger umständlich werden, wenn jeder Kapitän ohne Ausnahme
etwaige Normalörter in den Zeitungen des ersten angelaufenen Hafens ver
öffentlichen und Bearbeitern oder Centralstcllen einsendeu wollte. Iu allen
Häfen kommen die Zeitungs-Berichterstatter an Bord, so dafs der Kapitän
keine andere Mühe als die der Mittheilung hat. Als Form würde sich etwa
die folgende empfehlen: „1879. Am 30. Juli 2 h a. m. passirte das Centrum
eines Wirbelsturms von SSE nach NNW; bei einer Geschwindigkeit
des Centrums von oSm p. h. war es am 30. Juli 2 h a. m. in 27° 18' N-Br,
125° 30' O-Lg, bei einer solchen von 10 Sm p. h. in 27° 18' N-Br,
126° 0' O-Lg.“
Jede weitere Angabe über Luftdruck etc. wäre natürlich sehr erwünscht,
zur Bahnbestimmung aber nicht absolut nöthig.