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werden, ist also unsicher, ebenso ist auch das Verhältnifs der Entfernungen zu
verschiedenen Epochen, nach der Windstärke oder den Barometerständen ge
schätzt, wenn auch in gewissen Gegenden und Fällen in geringerem Mafse
als die Entfernungen selber, unsicher; der in der Nähe des Centrums am
genauesten bekannte Richtungswinkel kann in einiger Entfernung vom Ceutrum,
auch wenn man ihn als „veränderlich“ annimmt, leicht um einige Striche fehler
haft sein, so dafs man von einer Konstruktion der Bahn für eine Strecke von
mehreren hundert Seemeilen aus einer einzigen Bcobaehtuugsreihe absehen sollte.
Zur Vermeidung aller Unklarheit kann man die Aufgabe in ihrer einfach
sten Form geometrisch etwa so ausdrüeken: Eiu Dreieck zu konstruiren aus
dem Verhältnifs zweier Seiten und den Winkeln. Ebenso unbestimmt wie diese
ist auch unsere Aufgabe-
Gewisse Voraussetzungen mufs man also machen, um die Aufgabe
bedingungsweise zu lösen, dieselben sollten aber möglichst einfach und
naturgemäfs sein und die Resultate in leicht verwendbarer Form bieten, mit
Angabe der gemachten Voraussetzungen.
Als ersten Satz stelle ich folgenden auf: Die Balm eines Wirbel
sturms darf innerhalb mäfsiger Grenzen als geradlinig angenommen
werden. Diese Annahme entspricht der Wirklichkeit am besten, empfiehlt sich
durch ihre Einfachheit vor einer Kurve und liefert in der Praxis brauchbare
Resultate.
Die zweite Annahme mufs sich auf die Entfernung des Centrums vom
Schiff beziehen; da aber die Resultate in besser verwendbarer, vom Schiffsort
unabhängiger Form erscheinen, wenn man statt der Entfernung die mit ihr durch
die Windänderung verbundene Geschwindigkeit des Centrums pro Stunde einführt,
da ferner ein etwaiger Wechsel derselben vom Schiff ans doch nicht mit Sicherheit
bcurtheilt werden kann, so lautet der zweite Satz: Die Geschwindigkeit
des Centrums wird kurz vor und nach der Passage als gleichförmig
angenommen.
Unter diesen Annahmen, wobei man für die Geschwindigkeit runde
Zahlen, für den Richtungswinkel 10 Strick setzt, wenn die Beobachtungen selber
keine audere Annahme erheischen, ist die Bestimmung eines kleinen Theilcs
zweier Bahnen schon sehr vereinfacht. Zur Eliminirung des unbekannten Fehlers
der ebenfalls nie ganz scharf bestimmbaren Bahnrichtung, sowie zur Aus
gleichung der Fehler in den Richtungswinkeln resp. den Wiudbeobachtuugeu
empfiehlt sicli aber noch die weitere Einschränkung von der Linie zum Punkt,
d. h. zu den Punkten bei den Bahnen, welche dem Beobachter am nächsten
liegen, mit Angabe der Zeit und Bahnriebtung.
Die bei einer Bahnbestimmung wüuschenswerthesten, weil zuverlässigsten
Endresultate einer einzelnen Beobachtungsreihe fasse ich deshalb iu folgenden
Satz zusammen:
Man bestimme mit verschieden augeuommeneu, aber immer
anzuführenden Geschwindigkeiten pro Stunde zwei Oerter des
Ceatrums für die Zeit der Passage, Aornialörter 1 ) mit Angabe der
Bahnrichtung.
Manchem Leser wird diese Beschränkung — statt einer ganzen Bahn
strecke nur zwei Punkte — übertrieben erscheinen, ich hoffe ihn aber weiterhin
davon zu überzeugen, dafs gerade in dieser Beschränkung eiu grofser Vorzug
der Methode liegt.
Dio Behandlung einer einzelnen abgeschlossenen Beobachtungsroihe ist
nun folgende:
Man überlege zunächst mit Rücksicht auf die Lage und Richtung des
betreffenden Mecrestheiles etwaige genauer bekaunte Sturmbahnen desselben
und die eigeuen Beobachtungen welches die wahrscheinlichste Bahnriehtung
während der Passage des Centrums war. Die Geschwindigkeit schätze mau
mit Rücksicht auf die Breite oder bekannte Fälle; etwa 5 und 10 Sm p. h. für
niedrige, 20, 30 oder 40 für höhere Breiten. Ferner ziehe man vou den Schiffs-
positiouen dem Wind entsprechende Richtungslinien (den Richtungswinkel zu
rund 10 Strich in dor Nähe des Centruins angenommen, wenn durch die Beob
achtungen selber keine Abweichung geboten erscheint), mit der Einschränkung,
') Dieser Ausdruck ist der Astronomie entlehnt, wo er etwas ganz Analoges bezeichnet.