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Die Bahnbestimmung der Wirbelstürme durch Normalörter.
Von E. Knipping, Tokio.
(Mit einer Tafel, s. Taf. 5.)
L)io Grundlage einer jeden speciellcn Untersuchung und nufserdem eines
der wichtigsten Ilülfsmittel zum Mauövriren in Wirbolstürmen ist die genaue
Kenutuifs ihrer Bahn. Bahnkarten für alle Meere, womöglich für jeden einzelnen
Monat bearbeitet, wären für den Seefahrer von bedeutendem Werth. Aber
von diesem Ziele sind wir noch weit entfernt, da wir z. ß. in den japanischen
Meeren bis jetzt nur über eine sehr mäfsige Zahl von genauer bestimmten
Bahnen verfügen. Unsere in dieser Hinsicht noch mangelhaften Kenntnisse
würden aber bald viel vollständiger sein, und eine Gesetz m äfsigkeit, die doch
wahrscheinlich besteht, würde viel schneller erkannt werden, wenn eine prak
tische und einfache Methode der Behandlung einer einzelnen Beobachtungsreibe
angegeben werden könnte. Im Folgenden soll durch die Methode der Aormal
örter ein Versuch dazu gemacht werden. Die Erfahrung mufs lehren, ob sie
bei den dabei zunächst Betheiligten, den Kapitänen, Auklaug findet.
Bei einer anderen Gelegenheit (s. „Ann. d. Bydr. etc.“ 1880, pag. 549 ft.)
wurde gezeigt, wie man aus mehreren gleichzeitigen Windbeobachtungen ver
schiedener Schiffe den wahrscheinlichen Ort des Centrums bestimmen kann.
Dies Vorfahren führt bei einer genügenden Mengo von Beobachtungen schnell
und sicher zum Ziele, hat aber auch seine Mängel, von denen ich hier nur
folgende hervorheben will: man kann die für die Balmbestimmung wichtigsten,
in der Nähe des Centrums gemachten Beobachtungen selten ganz ausnutzen, den
Einflufs etwa später noch hinzugekommener Daten auf das schon gewonnene
Resultat nicht in einfacher Weise berücksichtigen, und auch nicht jedes Log
sofort seinen Vorgängern anrcilien, w r enn die Entfernung zwischen den Schiffs
orten zu grofs ist. Die augenblickliche Vcrwerthung eines jeden eingehenden
Logs, vom ersten an, und die unmittelbare Darstellung der Resultate in einer
Karte sind aber der schnelleren Bearbeitung und der fortwährenden Uebersicht
wegen höchst wünschenswert!!. Hat mau überhaupt nur eine einzige Beobachtungs
reihe, so kann das obige Verfahren selbstverständlich nicht zur Anwendung
kommen, die Daten müssen dann in anderer Weise verwerthet werden, d.h. mau
steht denselben genau ebenso gegenüber, wie der Kapitän, der sie geliefert bat,
in See. Durch diese Betrachtungen und die Mängel der obigen Methode ge
langte ich zu der Frage, wie kann man eine einzelne, abgeschlossen vorliegende
Beobachtungsreihe am schnellsten und besten verwertheu? Was kann man
damit bestimmen? In welcher Form soll man die Resultate geben?
Die, soviel mir bekannt, üblichste Methode ist folgende: man legt von
dem Schiffsort, den beobachteten Windrichtungen gemäfs, unter Annahme eines
konstanten Richtungswinkels Linien, Richtungslinien, zum Centrum, schätzt den
Abstand desselben vom Schiff nach dem Stand des Barometers oder seinem
stündlichen Fall, nach der Windstärke oder der Windäuderung, verbindet die
gefundenen Punkte durch eine Kurve und erhält so in den meisten Fällen ver
schiedene Kurse und Geschwindigkeiten für die einzelnen Epochen, welche
zusammen oft einen oder mehrere Tage und eine Bahnstrecke von vielen hundert
Seemeilen umfassen. Alle diese Angaben stützen sieh auf eine einzige
Beobachtungsreähe und geben, wenn auch in dem Originulbericht bisweilen ein
„genähert“ hinzugefügt wird, oft als „sicher“, weil nicht weiter bezeichnet, in
die Literatur über. Werden die Original-Beobachtungen nicht immer wieder
mit angeführt, so ist eine nachträgliche Berichtigung der Balm ohne mehrere
andere Beobachtungsreihen nicht möglich, ja die aus den Daten eines Schiffes
gefolgerten Gröfsen können es oft als zweifelhaft erscheinen lassen, ob man es
bei einem zweiten Schiffe mit demselben Taifun zu thun hat oder nicht.
In keinem mir zur Verfügung stehenden Falle sind die gemachten Voraus
setzungen in präciser Weise so mit dem Resultat verbunden dargestellt, dafs
ein Anschlufs an andere Beobachtungen ohne ein Znrückgeheu auf die Original-
Angaben möglich wäre.
Mit obigen Resultaten, Entfernungen, Kursen und Geschwindigkeiten des
Centrums nach einer Beobachtungsreihe giebt man nach meiner Ansicht zu
viel. Die Entfernung vom Centrum kann nie berechnet, sondern nur geschätzt