Ergebnisse einiger Untersuchungen von A. Colding über die Sturm-
fluth vom 12. bis 14. November 1872 in der Ostsee und über die
Beziehungen der Winde zu den Strömungen und Wasserständen. 1 )
Der dänische Ingenieur Prof. Dr. À. Colding, einer der Mitbegründer
der mechanischen Wärmetheorie und Verfasser mehrerer die Theorie der
Strömungsverhältnisse von Wasser und Luft fördernden Abhandlungen in den
Schriften der „Königl. Dänischen Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Kopenhagen“,
1870—1876, 2 ) hat in der unten in der Pufsnote *) angeführten Schrift die Ergeb
nisse seiner eigenen früheren Untersuchungen (1858) über die Beziehungen der
Winde zu den Strömungs- und Wasserstandsverhältnissen bei Kopenhagen und
die ihm zahlreich zugegangenen Berichte über die grofse Sturmfluth vom
12. bis 14. November 1872 nach dieser Richtung hin eingehend diskutirt.
Wir theilen hier aus dem von Herrn Prof. Colding seiner Abhandlung
als Anhang beigefügten Resumé Nachstehendes auszugsweise mit.
Im Jahre 1858 hatte Prof. Colding in seiner Eigenschaft als Stadt-
Ingenieur von Kopenhagen den Auftrag erhalten, das Projekt einer Erweiterung
des Hafens von Kopenhagen 3 ) nach Süden hin vermittelst eines längs dei*, Kai’s,
durch den Kallebo-Strand 4 ) hindurch anzulegenden und in den tieferen Theilen
der Ajiogré-Bucht 5 ) mündenden Seliiffahrtkanals zu prüfen, vorzugsweise hinsicht
lich der hierdurch veranlafsten Veränderungen der aus der Kjöge-ВпсЫ von
Süd nach Nord einerseits und dem Sunde von Nord nach Süd andererseits in den
Hafen einströmenden Massen reinen Wassers. Zu diesem Zwecke führte Prof.
Colding vom 18. Oktober bis 1. November 1858 dreimal täglich, 7 h a. m.,
Mittag und 5 h p. m., eine Reihe von Beobachtungen über die Bewegungen des
Wassers im Hafen von Kopenhagen und dessen Umgebungen bei verschiedenen
Windrichtungen aus, welche einen entschiedenen Einflufs des Windes auf die
Stromrichtungen erkennen liefsen. Die Windverhältnisse waren zu dieser Zeit
für den genannten Zweck insofern sehr günstig, als die Windrichtung sowohl,
wie die Stärke sehr verschieden waren und an den betreffenden Küsten
charakteristische Strömungen und Wasserstände veranlafsten.
Die Beobaehtungsorte waren folgende: Im Sund und längs der Ostküste
von Anlage)' bei dem Port Trekroner und zu Dragör; an der Westküste von
Amager zu Kongelund; längs der Küste von Seeland: Zollhaus zu Kopenhagen,
Gammelholm, Langebro, Gasanstalt, Strandegaard und Iludinge-Strand.
Eine Diskussion dieser Beobachtungen, welche im Original in einer
Tabelle niedergelegt sind, ergiebt, dafs die Ostwinde das Wasser in der Kjöge-
Bucht anhäufen, derart, dafs sieh das Niveau des Wassers mit der Richtung
des Windes von der Ostküste von Amager nach der Küste von Seeland hin
erhebt, und dafs diese Winde sowohl im Sunde, als im Hafen von Kopenhagen
einen nördlich setzenden Strom 6 ) hervorbringen. Dreht sich nun der Wind
von Ost nach Nord, so wird sich die Geschwindigkeit des Stromes vermindern,
während in der Kjöge-Bucht das Wasserniveau der Drehung des Windes folgt
und um so mehr sinkt, je nördlicher der Wind wird. Die westlichen Winde
treiben dagegen das Wasser aus der Kjöge-Ancht nach Osten in der Richtung
nach der schwedischen Küste hin, so dafs an der. seeländischen Küste ein
1) Referat und Auszug aus der Abhandlung von Prof. Dr. A. Colding, Stadt-Ingenieur zu
Kopenhagen: „Nogle Undersögelser over Stormen over Nord- og Mellern-Europa af 12^—U-'f
November 1872 og over derved fremkaldte Vandftod i Ostersben. Med 23 Planen og Kort.
(Avec un résumé en français). Kjöbenbaim. 1881.“ Abdruck aus „ Videnti. Selsk. Skr. 6‘. R.,
naturvidensk. og mathem. Afd.“, Bd. I, 4, pag. 247—304.
s ) Diese Abhandlungen sind:
a. Strömningsforholdene i almindelige Ledninger og i Havet, med 3 Tavler (1870);
b. Lovene for Vandets Bevägelse i Jorden, med 2 Tavler (1872);
c. Fremstilling af Resultaterne af nogle Undersögelser over de ved Vindenskraft fremkaldte
Strömninger i Havet (1876).
3 ) Vgl. „Segelhandb. f. d. Ostsee“, I, pag. 211—215.
4 ) ibid. pag. 227.
5 ) ibid. pag. 228.
G) Ueber die Strömungen in der Ostsee vgl. „Segelhandb. f. d. Ostsee“, Theil I, Kap. II,
pag. 50—61.
Ami. <1. Hytlr., 1882, Heft l (Januar).
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