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der uingerisseuen Objekte möglichst genau bestimmt, wobei keine gröfsereu
Richtung»-Verschiedenheiten sich zeigten, als die erwähnten 45°; den Streifen,
der über Lübeck hinweggoht, habe ich auf einem beträchtlichen Theile
seiner Ausdehnung untersucht; weder habe ich dabei irgend ein Objekt ge
funden, welches mit der geringsten Komponente nach rückwärts gefallen wäre,
noch auch eine deutliche Konvergenz der Richtungen nach einer Mittellinie des
Zerstörungsstriches gefunden, wie beides bei amerikanischen Tornados der
Regel nach auftritt; der Stofs war in Travemünde, am rechten Rande des
Streifens, aus SSW und SWzS gekommen, in Niendorf am linken aus SWzS,
in Pansdorf, schon aufserkalb des Streifens, aus SSW.
Wir sehen also, dafs auch ohne die Bildung von wirklichen wirbelnden
Wettersäulen bandartige Zerstörungsstreifen entstehen können durch Stellen
gröfaerer Stärke in dem fortschreitenden Luftstrom selbst. Wodurch die Ent
stehung und der Fortbestand solcher eng begrenzten Verstärkungen bedingt ist,
wird man freilich wohl erst nach genauer Prüfung einer gröfseren Reihe der
artiger Erscheinungen zu sagen vermögen. Der Verlauf des Zerstörungsstreifens
stimmt bei dem westlicheren und mittleren ungefähr mit der Fortpflanzungs
richtung der Böe in jener Gegend überein. Bei dem östlichen, Mecklenburgi
schen Streifen ist dies indessen entschieden nicht der Fall, sondern es bildet
derselbe mit der letzteren einen Winkel von 30° nach links (S37°W gegen
S 67° W). Suchen wir zu ermitteln, in welcher Höhe die Druckvertheilung
durch die Wärmevertheilung eine solche Aenderung erlitten haben müsse, dafs
die Isobaren daselbst in die Richtung S37° W fielen, so finden wir, dafs dieses
schon in etwa 1200 m Seehöhe der Fall sein mufste, und dafs in dieser Höhe
die Luftströmung über allen drei Zerstörungsstreifen eine mindestens so süd
liche Richtung hatte. Es scheint hiernach, als ob der Punkt der gröfsten
Stärke hier innerhalb der Böc seitlich, in der Richtung der Luftströmung in
der Wolkenregion fortschritt, vielleicht durch die verschiedene Stärke dos
Regens und des absteigenden Stromes bedingt. Dafs übrigens auf diesem
Streifen der Windstofs ganz denselben Charakter hatte, wie auf den beiden
westlichen, sieht man aus den Berichten von L»alendorf und Umgebung auf
S. 612.
Viel unmittelbarer noch ist der Zusammenhang der Richtung der Hagel-
Striche mit jener der Luftströmung in der Höhe, weil es der Zug der hageln-
den Wolke ist, welcher den Verlauf der Hagelstriche bestimmt. Die Richtung
des Untorwindes ist dabei um etwa 36° westlicher gewesen, jene der Fort
pflanzung der Böe aber fallt mit der Erstreckung der beiden grofsen Ilagel-
striche und der begleitenden Orkanstreifen zusammen. Die Veranlassung dazu,
dafs gerade an den betreffenden Stellen die Kondensation so grofse Intensität
und die Form der Hagelbildung erhielt, findet, so viel ich erkennen kann, keine
nähere Beleuchtung durch das von mir gesammelte Material; die Verbindung
des Hagelwetters mit der grofsen Böe ist jedoch oine so innige, dafs das erstere
uur als eine lokale Modifikation der letzteren auftritt, und für Theorien über
den kosmischen Ursprung des Hagels — wie eine soeben von Herrn Prof.
Schwedoff aufgestellt ist — in solchen Fällen jedenfalls kein Raum ist. Die
von Hrn. Schwedoff als einer der Beweise für seine Ansicht hervorgehobeno,
einem Rotationskörper entsprechende Form der Schlossen war übrigens in Segc-
berg, nach den Worten und einigen Zeichnungen von Hrn. Dr. Buttel, nicht
vorhanden, sondern die Kegelform mit abgerundeter Basis vorherrschend. Wer
mit Aufmerksamkeit die bei gewöhnlichen schwächeren Hagel- und Graupel
schauern verkommenden Körnerformen beobachtet, wird finden, dafs diese von
Reynolds und Flögel aufgestellte Grundform in diesen so überwiegt, dafs cs
in der That ganz unmöglich ist, dieselbe aus dem Zerspringen gröfserer sphä-
roidischer Körner zu erklären, — zumal bei den weicheren Graupeln, die bei
einem Stofs eher zerdrückt werden, als zerspringen. Eine genügende, schon 1876
von Reynolds und vielleicht noch früher von Anderen ausgesprochene Er
klärung dieser Form findet man in diesen Annalen 1882 S. 214, Anm. 2 ausge
führt, mit dem treffenden Hinweis auf die ähnlich kegelförmigen und gelegent
lich aus Schichten bestehenden Rauhfrost- uud Glatteis - Bildungen, welche an,
dem Winde ausgesetzten festen Spitzen entstehen. Der für die Bildung so
groiser und aus wechselnden Schichten bestehenden Hagelkörner erforderliche