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unten zu leicht vorwärts sich ausbeugender Umrifs des vorderen Randes der
Regensäule besser, doch habe ich einen solchen Umrifs noch nicht selbst mit
Sicherheit beobachtet, und seine Darstellung deshalb lieber vermieden.
Auf das seitliche Zuströmen der Luft in der Höhe der Wolke zum Ersatz
der mit dem Regen aus ihrer Mitte herabstürzenden hat bereits Colladon aufmerk
sam gemacht; ich glaube, dafs die in Fig. 3 eingezeichueten Pfeile die Möglichkeit
andeuten, den Widerspruch zwischen der absteigenden Bewegung im Regen und
der Persistenz der Wolke aufzulösen; die Verschiedenartigkeit dieser relativen
Bewegungen innerhalb des Regenschauers resp. der Böe bedingt nur, dafs dio
Geschwindigkeit der Strömung relativ zur Erdoberfläche an verschiedenen
Stellen des Schauers eine sehr verschiedene sein mufs, indem sie stets mit dem
Querschnitt des betreffenden Stromtheiles sich ändert.
Dafs die charakteristische Erscheinung des dunklen Wolkenwulstes und
der helleren Regenmasse dahinter, resp. des Aufhellens beim Losbruch des
Regens, wenn sie auch in der meteorologischen Litteratur seltsamerweise nirgends
erwähnt wird, wetterkundigen Leuten nicht entgangen ist, beweist der Umstand,
dafs es volkstümliche Bezeichnungen für dieselbe gicbt. In Tyrol nennt man,
wie mir Herr Prof. Hann mittheilt, die hello Fläche unter den dunklen Wolken,
welche den Regen darstellt, „die Wasserlichten“ und sagt z. B., wenn diese
Fläche über den Bergen hervorkommt und der starke Regen unmittelbar bevor-
stcht: „hiarzt (jetzt) kummt d’ Wasserliachtcn“; an der Unterelbo sagt man
dagegen, wenn eine hellere Partie in anhaltendem Regen sich heranuaht: „dat
wittäugt, dat giwt noch mehr“. Im letzteren Falle hat man es mit Regen
schauern zu thun, die in andere Wolken so eingebettet sind (nach CI. Ley’s
passender Bezeichnung), dafs ihre Struktur und Form sich der Beobachtung
völlig entziehen.
Vergleicht mau das auf den letzten drei Seiten Gesagte mit moineu
früheren Aeufserungen über die Natur der Böen in diesen Annalen, 1879,
S. 326—330, so wird man leicht sehen, dafs ich nach wie vor dem Absteigen
der kalten und von Regentropfen belasteten Luft eine wesentliche Rolle beim
Zustandekommen der Böe zuschreibe, jedoch (für die Böe vom 9. August 1881
mindestens) nicht mehr ein so grofses Gewicht auf das Herabbringen gröfsorer
Geschwindigkeit des Luftstroms aus der Höhe logen kann, wie in jenem Auf
sätze geschehen ist, da die Thatsachen dio Annahme einer so bedeutenden
Geschwindigkeit der Luftbewegung in der Höhe am 9. August 1881 nicht ge
statten. Berechnen wir den barometrischen Gradienten in 1200 m Höhe um
2 h p. m. auf zwei Linien, welche annähernd mit seiner Richtung zusammenfallen
müssen, so erhalten wir für die Strecke Wiesbaden -Leeuwarden 2,15 und für
die Strecke Jena-Helgoland 2,0, unter Zugrundelegung der am Erdboden beob
achteten Temperaturdifferenz der Orte: das sind Gradienten, welche auch bei
völliger Abwesenheit von Reibung und gleichförmiger geradliniger Bewegung
nur Geschwindigkeiten von 18—19m per Sekunde entsprechen; beim Herab
steigen wurde also die Geschwindigkeit mindestens verdoppelt. Man vergifst
eben beim Heranziehen einer ohne Weiteres nach Analogio mit anderen Fällen
vorausgesetzten ungeheuren Geschwindigkeit der oberen Luftströmung allzu
leicht, dafs dieselbe nach den jetzigen Kenntnissen über die Mechanik der
Atmosphäre in einem nothwendigen, wenn auch durch verschiedene Bedingungen
in gewissen Grenzen veränderlichen, Verhältnifs zur Gröfse des Gradienten in
jener höheren Schicht stehen mufs, und dafs dieser obere Gradient sich bei
annähernder Kenntnifs der Tempcratur-Verthciluug aus den unten herrschenden
Druck Verhältnissen berechnen lassen mufs; es steht Einom also durchaus nicht
frei, beliebig grofsc Windgeschwindigkeiten in der Höhe anzunehmen. Eine
stete Berücksichtigung dieser Momente, wenn auch nur in rohen Ueberschlägen,
ist nothwendig, um uus davor zu schützen, dafs wir in den oberen Luft
strömungen uns einen ebensolchen bequemen deus ex machina ausbilden, wie
es längere Zeit der Polar- und Aequatorialstrom waren.')
') Diese Bemerkungen gelten in hohem Mafse auch für den neuesten Versuch des Herrn
Dr. Andries, die Erscheinungen der Windhosen, Tornados und selbst Cyklonen auf ,die Stofs- und
Saugwirkung heftiger oberer Luftströme zurückzuführen. Vergl. Zeitschr. f. Meteorol. 1882, August
und Oktober.