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dem der Regen kommt, wie in ein riesiges Gewölbe hineinsehen. Die dicke
Wolkenmasse bc ist es, welche auf Fig. 2 von vom (resp. von rechts auf Fig. 3)
gesehen als dunkler Bogen erscheint, was natürlich eine bedeutende seitliche
Ausdehnung des Regenschauers zur Voraussetzung hat. Dagegen ist bei aa
die Wolke viel dünner. Statt der geballten Cumulus-Formen von c finden wir
über dem vorderen a einige Gipfel mit schleierartigen Ausströmungen d,
während nach hinten die Wolke mehr und mehr baukförmige Bildung annimmt.
Bei ee ist der obere Cirrostratus - Schirm angedeutet, welchen wir auch auf
Fig. 2 sehen; tiefere Lagen ähnlicher, aber nur stückweiser Schirme, die von
den Cumulus-Köpfen durchbrochen werden, finden wir bei e‘ und unter c an
gedeutet. Die Skala am rechten Rande der Figur soll zur Veranschaulichung
der in der Natur anzutreffenden ungefähren Dimensionen dienen und gilt na
türlich auch für die horizontalen Abstände. Giebt man jedem Theile derselben
den Werth von 200m, so ist die Höhe des unteren Randes des Wolkenkragens
über dem Erdboden 400—500 m, jene des höchsten Theiles des Regengewölbes
800 m, die Länge des vorderen Regensehauors 1500 m und die des ganzen
Regens sammt den zwei Intervallen 3100 m. Bei einer langsamen Fortpflanzung
von 5 m. p. s. (= 300 m per Minute) würde also der erste Schauer 5 und der
ganze Regen 10‘/s Minuten dauern. Bei der grofsen Böe vom 9. August 1881
müssen also, da die Zeitdauer des Regens dieselbe oder noch gröfser, die Ge
schwindigkeit der Fortpflanzung aber viermal so grofs war, als die soeben
genannte, die horizontalen Dimensionen mindestens das Vierfache von den in
Fig. 3 angenommenen betragen haben, was jedoch für die bildliche Darstellung
sich weniger eignen würde.
Fig. 3.
Die Erklärung dieser eigenthümlichen Form der unteren Grenze einer
regnenden Wolke liegt in den vertikalen Bewegungen. Ich habe in Fig. 3 ver
sucht, die relativen Bewegungen innerhalb des dargestellten isolirten Regen
wetters durch Pfeile anzugeben; um die Bewegung auf die Erdoberfläche zu
beziehen, mufs man die Fortpflanzung des ganzen meteorologischen Phänomens
hinzuaddiren (dieses bezieht sich indessen nur auf die Pfeile). Die in der
Zeichnung vorkommenden nach links gerichteten Pfeile werden daher in der
Regel nicht einen entgegengesetzten Wind, sondern nur eine Schwächung
(event. auch Ablenkung) des allgemeinen von links nach rechts gerichteten
Stromes vorzustellen haben. Die Länge der Pfeile soll einen ungefähren Aus
druck für die Geschwindigkeit der Strömung geben.
Die Luft zwischen den Regentropfen ist in absteigender Bewegung be
griffen, und zwar, wie in meiner ersten Abhandlung über Böen, Annalen 1879
S. 328 und 329 bereits gezeigt ist, grofsentheils durch die Reibung an den
Tropfen, theilweise aber auch durch ihre eigene niedrigere Temperatur wegen
ihrer Mischung mit kaltem Wasser. Obwohl die dynamische Erwärmung, welche
die Luft durch Kompression beim Herabsteigen erfahren müfste, in solchem
Falle durch die Berührung mit den Wassertropfen , die verdunsten und deren
Wärmekapaeität für gleiches Volumen ja fast 3300 Mal gröfser ist, als jene
Ana. d. Hydr. etc., 1882, Heft XII. 4