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Full text: 10, 1882

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oder Verdunstung, sich während der raschen Erwärmung kaum veränderte, lag 
der Thaupunkt um 2" p. m. in dem heiteren Gebiet 15° und mehr unter der 
Lufttemperatur; immerhin hätte eine Erhebung um l'/2 bis 2 Tausend Meter 
genügt, Luft aus den Ebonen und Thälern Ostdeutschlands zur Sättigung zu 
bringen, und kann also auch dies mäfsige Mafs von Aufsteigen im östlichen 
Theile der Rinne nicht stattgefunden haben. Erst westlich von einer Linie, 
welche in geringen Biegungen in der Nähe des 16. Grades östlicher Länge 
v. Gr. verläuft, war um 2 h p. m. der Himmel theilweise bewölkt und erst jen 
seits des Meridians von Swinemünde (200 km vor der Böe) allgemein mehr als 
zur Hälfte bedeckt. 
Da nun zwei nebeneinanderliegende Luftmassen von verschiedener Tem 
peratur ihre Tendenz nach Druckausgleichung nur in einem einzigen Niveau 
befriedigen können und dieses am leichtesten in einer mittleren Höhe, resp. 
so geschehen wird, dafs in der Höhe die wärmere, in der Tiefe die kältere 
Luftsäule einen Ueberdruck zeigt, so ist die Druckverringerung am Boden im 
erhitzten Gebiet durchaus begreiflich, und man kann sich, da wir auf S. 597 
gesehen haben, dafs der Sinn der Druckdifferenz schon zwischen 600 und 700 mm 
über der See sich umkehrte, bei den so ungemein grofsen Temperatur-Unterschieden 
eher noch wundern, dafs die unterere Druckdifferenz nicht noch gröfser war. 
C. Ursachen der besonder en Gestalt der Druck - und Temp eratur- 
Unterschicde. In den obigen Auseinandersetzungen haben wir nur die Ge- 
sammtgröfse der Unterschiede in Druck und Temperatur berücksichtigt; würde 
indessen der Druckunterschied von etwa 2—4 mm, welcher um 2 h p. m. zwischen 
dem Weserthale und der Mittellinie der Rinne herrschte, auf den ganzen 
Zwischenraum von etwa 250 km vertheilt, so hätte sich ein Gradient ergeben, 
der, bei gleichem Inklinationswinkel und derselben Druckvertheilung im Uebrigen, 
einen mäfsig starken Wind von mehreren Stunden Dauer hervorgerufen und 
keinerlei besonderes Interesse verdient hätte; dafs statt dessen ein kaum 10 Mi 
nuten währender Orkan, und vor und nach demselben meist sehr schwacher Wind 
herrschte, hängt offenbar mit der besonderen Gestaltung der Druck- und Tem 
peratur-Unterschiede in diesem Falle zusammen, welche sich in einer aufser- 
gewöhnlichen Weise auf einen kleinen Theil jenes Gebietes zu einer Stufe 
zusammendrängten. Dafs dieses beim Luftdruck der Fall war, haben wir soeben 
besprochen und durch Diagramme beleuchtet. Suchen wir nun nach der Ursache 
dieser Zusammenfassung der Unterschiede zu einer Druckstufe, so bietet sich 
uns zuvörderst die analoge Gestaltung der Temperatur-Unterschiede dar, welche 
durch das Zusammendrängen der Isothermen in der Nähe der Böe auf Tafel 21 
augenfällig ist und sich auch in den Thermographenkurven von Hamburg und 
Leipzig (im Original) ausspricht. Diese Anordnung der Temperatur-Unter 
schiede ist ihrerseits vorwiegend ein Werk der Niederschläge, welche gerade 
an der Grenze zwischen der warmen und kalten Luftsäule sich durch Auftrieb 
der wärmeren Luft ausbildeten und durch die niedrige Temperatur des Wassers 
und der mitgerissenen Luft, sowie durch Verdunstung und Schmelzung (des 
Hagels) die unteren Luftschichten intensiv abkühlen mufsten. Hierdurch war 
gerade an der Grenze der warmen Region die Kälteerzeugung am intensivsten, 
während weiter zurück die abgeschwächt fortdauernde Wirkung einiger dieser 
Ursachen kompensirt wurde durch Wärmezufuhr aus dem vorher durchwärmten 
Boden. In der That sehen wir die gröfste Zusammendrängung der Isothermen 
dort, wo der Niederschlag in der Böe am massenhaftesten war und zum Theil 
im fester Form fiel: der Temperaturgogensatz zwischen Neustadt mit 26,1° und 
Segeberg mit 14,6° um 2 h p. m., bei nur 39 km Entfernung, war ein wahrhaft 
phänomenaler. 
Noch eine zweite Ursache mufs indessen beitragen, dio Lokalisirung 
der Druck-Unterschiede zu einer Druckstufe zu erhalten, und das ist die ver 
zögernde Wirkung der Erdoberfläche auf die Luftbewegung. Denken wir uns 
zw T ei Flüssigkeiten von verschiedener Dichte und gleicher Höhe durch eine 
senkrechte Wand getrennt, so wird, wenn diese weggezogen wird, die Trennungs 
fläche aus der senkrechten in eine mehr und mehr derart gencigto Lage kommen, 
dafs sie unten nach der Seite der leichteren, oben nach jener der schwereren 
Flüssigkeit verschoben wird. Die horizontale Druckdifferenz am Boden, welche 
Anfangs sprungweise auf einer Linie stattfand, vertheilt sich nun mehr und
	        
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