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grofsen Bäume bei der St. Jürgen-Kapelle und beim Krempelsdorfcr Schulhause
scheint ungefähr die Breite des von der Verwüstung betroffenen Striches
bestimmt zu sein; doch haben die beiden Vorstädte St. Jürgen und St. Lorenz
wenig gelitten im Vergleich zu der nördlich vom Burgthoro belegeneu Gegend,
St. Gertrud und Israelsdorf'. Im Israelsdorfer Forst sind es hauptsächlich zwei
Stellen des nordwestlichen Theiles, welche grofse Verwüstungen aufweisen, die
sog. Schwienskuhle im Forstorte Tilgenkrug und der SW-Theil des Schellbruchs.
Beide Stellen zeichneten sich durch lichteren Stand der Bäume aus und waren
nach West resp. WSW (besonders der Schellbruch) durch sanfte Steigungen thcil-
weise geschützt, nach Süden hingegen offen. An beiden Orten lagen ganze
Reihen prächtiger etwa SOjähriger Eichen entwurzelt, sowie einzelne Buchen
und Erlen; im Schellbruch, in der Richtung zwischen Nord und NNE, im Tilgen
krug zwischen NNE und NE, soweit sie frei und ohne offenbare Ablenkung
durch andere Bäume gestürzt waren; am letzteren Orte lagen auf 1600 qui
26 Stämme, und waren die Richtungen von 14 derselben: N20°—22°E 4 Mal,
N30°E 2 Mal, N36°—38°E 5 Mal, N40°—45°E 3 Mal, N60°E 1 Mal. Ueber
die Acnderuug des Windes während des Unwetters ergaben sich keine bestimmten
Anhaltspunkte aus dem Aufeinaudcrlagern der Bäume.
Die Reihe der Zerstörungen zieht sich von Eübeck aus östlicher als in
dem bisherigen Theil des Streifens, nämlich nach N46°E, sowohl Travemünde
als Niendorf einsehliefsend, während Grofs- und Klein-Timmendorf fast ganz
verschont wurden. In Niendorf haben die Verheerungen hauptsächlich das
Gehölz und einige am Strande belegene leichte Bauwerke betroffen, in Trave
münde hingegen mehrere Dächer, namentlich zwei neue Pappdächer (vom Warm-
badehaus und von einem Privathaus) abgedeckt und eine Frau und ein Pferd
erschlagen. Die Richtung des verheerenden Stofses konnte ich für Travemünde-
Stadt auf SWzS und für das Bad auf SSW feststellen, für Niendorf aufSWzS;
weiter westlich, wo der Stofs schwächer war, liefs sich für Pansdorf seine
Richtung als SSW bestimmen — Alles nahezu identische Angaben.
Auf der Tafel 25 finden sich aufserhalb dieser zwei Streifen noch eine
Anzahl zorstreuter Punkte mit Windschäden angegeben; allein es sind derselben,
im Vergleich zur Dichtigkeit der Nachrichten aus jenen Streifen nicht viele:
Allermöhe (Ochsenwerder), Friedrichsruh, Kurau, Ottendorf, Neustadt und
Ileiligenhafen; nordöstlich der Linie Plön—Neustadt sind übrigens die vor
liegenden Angaben über Windschäden sehr mangelhaft und die genauere Fest
stellung ihrer Vertheilung nicht möglich. Da nun ferner von einer Anzahl von
Orten zwischen Eutin und Neustadt — in der Karte sind sie mit 0 bezeichnet
— mir in Eutin ausdrücklich über deren Verschontsein von Windschäden be
richtet wurde, ferner südlich davon mehrere gröfsere Ortschaften liegen, von
denen keinerlei Angaben über Windschäden in den Zeitungen sich finden
(Ahrensbök, Reinfeld, Oldesloe), so dürfte die Existenz einer breiten Zone
geringerer Windstärke zwischen den erwähnten beiden Orkanstreifen keinem
Zweifel unterliegen.
Der östlichere von den beiden verwüsteten Streifen ist in einem erheb
lichen Theile kurz nach dem Sturm besucht worden, einerseits, wie schon
gesagt, von mir, andererseits vom Herrn Senator IJrehmer aus Lübeck, der mir
seine Wahrnehmungen gefälligst brieflich mitgetheilt hat. Aus seinen wie aus
meinen Beobachtungen geht hervor, dafs die Wirkung des Sturmes der Intensität
nach auch innerhalb des Streifens selbst sehr ungleichförmig war. In nächster
Nähe der verwüsteten Stellen finden sich Gebäude und Bäume, welche dem
Winde anscheinend unmöglich mehr Widerstand hätten leisten können, als die
beschädigten, jedoch fast oder ganz unverletzt sind. Die dahinstürmende Luft
masse scheint nur an einzelnen Stellen die Erde mit ihrer vollen Geschwindig
keit berührt, über andere aber in gewisser Höhe hinweggegangen zu sein —
wie dieses auch anderweitig sehr oft beobachtet wurde. Ferner fand ich an
drei Stellen: in Kühssen, im Israelsdorfer Forst und in Eutin, die getroffenen
Objekte auf der NE-Seite von Höhenrücken, jedoch nach Süden und Norden
ziemlich frei exponirt liegen, während Bäume und Mühlen oder Häuser auf dem
Rücken selbst unbeschädigt waren. Bei Eutin, wo die Bäume aus einer Richtung
gefallen waren, die westlich von SW lag, kam der Wind anscheinend direkt
über den Rücken, der sich 20 bis 27 m über ihren Standort erhebt.