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Diese Zahlen sind nicht geeignet, die Verhältnisse, welche der Erscheinung
zu Grunde liegen, völlig klar zu stellen, aber sie lassen die Verschiedenartigkeit
in dem Fortschreiten der täglichen und halbtäglichen Schwingungen hervortretcu.
Auch an der Küste von Mindanao ist ein langsameres Fortschreiten der täglichen
Welle, als der halbtäglichen, beobachtet. In der Straße von Florida ändert sich
dagegen von Kap Florida bis Tortiujas das Mondfluthintervall der täglichen
Wellen von 14 h 27 m bis 18 h 5 m , das der halbtäglichen von 13 h l w bis 14 h 25“.
Die Annahme, dafs die 24stiindigen Schwingungen in anderer Richtung vor sich
gehen und die Küsten unter anderem Winkel treffen als die 12stündigen, liegt für
die Erklärung dieser Unterschiede am nächsten. Als extremster Fall würden
longitudinale und transversale Wellen zu denken sein.
Die Verhältnisse der Ebbe und Fluth in der China-See weisen darauf
hin, dafs hier ähnliche Gezeiten-Erscheinungen wie im Golf von Mexico in
grofsem Mafsstabe ausgebildet sind.
Wenn man von der Baschi-Straße zwischen Formosa und huzon als der
ZugangsöffnuDg ausgeht, die Insel Luzon mit der Halbinsel Florida vergleicht
und den sehr bemerklich tieferen nördlichen Theil der China-See bei etwa
12 a N-Br abgeschnitten denkt, so erhält man ein Becken von ähulichen
Dimensionen, wie das des Golfs von Mexico. 1 ) Die Fluthwelle tritt durch die
Baschi-Straße ein und schreitet an der Westküste von Luzon nach Süden fort.
In Sual trifft sie etwa zwei Stunden früher ein als in Manila. Vom Eingang
der Bucht von Manila (an der Insel Corregidor) liegen ausführliche Fluth-
beobachtungen vor. Dieselben lassen auf den ersten Blick erkennen, dafs die
tägliche Ungleichheit stark zugenommen hat, und zwar derart, dafs der Regel
nach nur auf ein Hochwasser und ein Niedrigwasser am Tage gerechnet wird.
(S. Tabelle III u. IV.) Wenn daher auch Beobachtungen auf Zwischenstationen
vom Ocean her fehlen, so kann nach Analogie der am Südrande der Philippinen
auf Mindanao angestellten Beobachtungen mit grofser Wahrscheinlichkeit eine
ähnliche Umgestaltung der im Norden eintretenden Fluthwelle angenommen
werden. Beobachtungen von den Ladronen (Freycinet, 1819) auf der Insel
Guam beweisen, dafs diese in die China-See eiutretende Fluthwelle bereits mit
einer beträchtlichen täglichen Ungleichheit behaftet ist. 2 )
In den engen Strafsen südlich der Insel Luzon werden Strom-Interferenzen
beobachtet, welche anzeigen, dafs ein Begegnen von Fluthwellen dort statt-
tindet, aber aus dem Ocean keine selbstständige Welle einzudringen vermag. 3 )
An der gegenüberliegenden Küste von Anam schreitet nach den fran
zösischen Beobachtungen die Fluthwelle in den Golf von Tongkin hinein fort.
Von den Paracet-Inseln, von der Mündung des Do Son, aus dem nördlichen
Winkel des Golfs bei Pakhoi liegen ausführliche Angaben vor, aus welchen, wie
später nachgewiesen werden soll, hervorgeht, dafs die Gezeiten von Manila,
der Paracaf-Gruppe und dem Golf von Tongkin ein ganz übereinstimmendes
Gepräge tragen. Dagegen weisen die Beobachtungen am SazT/OM-Flufs sowohl,
als am Ganton-Flufs nach, dafs nördlich und südlich von jenem Gebiet täglich
zwei Fluthen beobachtet werden, wenn auch mit starken Ungleichheiten.*)
>) Nach Krümmers Berechnung in seiner Morphologie der Meeresräume hat der nördliche
Theil der Udua-See ein Areal von 1586 825 qkm gegen 1547 000 qkm des Golf# von Mexico („Arm.
d. Hydr. etc.“, 1881, pag. 297). Beide Meeresräume weisen Tiefen von 2100 Fad. auf.
2) Insel Guam, Port San Louis:
Obere Kulmination Untere Kulmination
1819 Hochwasser Niedrigwasser Hochwasser Niedrigwasser
8. April
0,881 m
0,406 m
0,830 m
0,251 m
9. „
941
354
917
217
10. »
935
309
935
413
11. ,
966
231
935
433
12. „
980
167
955
298
13. „
966
108
975
551
14. „
948
108
917
458
3 ) Diese wie alle folgenden Angaben über die Philippinen sind entnommen dem „Derrotero
del Archipelago Filipino por Don Camilo de Arana, Capitan de Fragata“. Madrid 1879.
*) Für die Mündung des $aigon-Wiu»&e$ bemerkt das „Annuaire des Marees de la hasse
Cochinchine“: „Die beiden Niedrigwasser desselben Tages haben ungleiche Höhe, und zuweilen