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der letztere keinen bedeutenden Schaden anrichtete; gegen 5 h p. in. trat dann
wieder Regen und Sturm auf, jedoch Dicht sehr stark und ohne Gewitter; der
Regen wiederholte sich noch mehrfach bis zur Nacht, ln Pansdorf zog nach
Aussage des Stationsvorstehers Herrn Wiese und seiner Frau um 2 h p. m. eine
niedrige Wolke unter dem dunklen Gewölk von SSW herauf, die „fortwährend
kopfüber rollte“; hinter derselben kam um etwa 2 h 5 m Regen, Hagel und Sturm,
mit starkem Gewitter (fortwährende Zickzackblitze); um 2‘* 15™ war der Sturm
am heftigsten; 2 h 49 ra , als der Zug von Eutin kam, herrschte wieder beinahe
Windstille und Sonnenschein. In Niendorf begann der Sturm etwa 6 Minuten
nach 2 h p. m., als die Post eben den Ort verlassen hatte, mit einer fürchter
lichen Staubwolke, wonach starkes Gewitter folgte. Ueber die angerichteten
Schäden vgl. den folgenden Abschnitt.
In Travemünde kam, nach den Angaben des Lotsenkommandeurs und des
Besitzers des „Hôtel de Russie“, das neben der Wohnung des crsteren liegt,
die Böe um 2 h 0“ oder spätestens 2 h 4™ p. m., während die Hötelgloeke läutete
und die Gäste zu Tisch eintraten. Der Kommandeur beobachtete, an der Trave
stehend, das Heraufziehen des Unwetters aus SW und die rollende wulstförmige
Wolke darunter, die sich bei der Annäherung scheinbar nach rechts und links
theilto; als der linke Theil, dessen Kopfüberrolleu deutlich gewesen sein soll,
etwa querab von Travemünde war (der rechte war hinter den Häusern), kam
die Böe angesaust, Wasser und Staub auftreibend, dafs es wie dichter Rauch
aussah und vom Schmutz, den der Staub und daran sich schliefsende Regen
bewirkten, die Glasscheiben der Vérandas nachher fast undurchsichtig waren.
Um 2 h 10“ war der Orkan vorüber, nur der Regen dauerte länger. Am Vor-
mittage hatte zwar meist bewölktes, aber schönes Wetter mit mäfsigem S bis
SSW geherrscht; nach der Böe kam noch mehrmals Regen, jedoch ohne Ge
witter; auf der Signalstelle der Seewarte wurden bis 8 h p. m. ,14,4mm und in
der Nacht darauf bis 8 h a. m. noch 4,4mm Niederschlag gemessen.
Dafs auch im nordöstlichen Holstein (Kreis Oldenburg) der Windstofs
sehr stark war, beweist der Umstand, dafs derselbe zwischen Lütienburg und
Oldenburg die Post umwarf und von Neustadt, Kletkamp (Nesseudorf), Satjewitz,
Heiligenhafen und der Insel Fehmarn Berichte über vom Sturm angerichtete
Verwüstungen vorliegen. Von Satjewitz theilt der Besitzer des Gutes, Herr
Theophile, mit, dafs das Unwetter gegen 3 h p. m. eintrat und Sturm, Hagel
und unheimliche Dunkelheit 5 bis 7 Minuten anhielten. Bemerkenswerth ist es,
dafs sowohl ein Zeitungsbericht aus Heiligenhafen, als ein uns durch die Güte
des Herrn Prof. L. Weber (Kiel) zugekommener Bericht aus Sulsdorf a. Fehm.,
und endlich auch jener des Signalisten der Seewarte auf Marienleuchte (Fehmarn)
eine stärkere Drehung des Windes während des Gewitters angeben, als in
anderen Gegenden diese Böe sie zeigte, nämlich 1. von S nach NW, 2. von SE
durch S nach NW und 3. von E bis mindestens SW. Die Zeit des Eintritts
der schweren Gewitterböe wird von 1. auf 2Vs* 1 , von 2. auf 3“, von 3. auf 2 3 /4 b p. m.
augesetzt. Regen und Gewitter werden als sehr stark geschildert (Heiligenhafen),
die Stärke des Windes in der Böe wird auf 10 Beaufort geschätzt (Marieu
leuchte) und die Temperaturabnahme während des Gewitters erwähnt (Sulsdorf).
In Grevesmühlen war (nach mündlichen Angaben der Herren Stations
inspektor Dreyer und Kantor Prenger) der Vormittag heiter und drückend
heifs. um 2 h p. m, stiegen rasch schwere Wolken aus W oder WSW auf, und gab
es gleich darauf — ebenso wie in Lübock etwa */4 Stunde vor dem Wiudstofs —
einen Regenschauer bei Windstille. Um 2 h 20 m oder 2 h 25™ Berl. Zeit brach,
während die Wolken mit rasender Geschwindigkeit aus W oder WSW zogen,
orkanartiger Wind aus derselben Richtung los, der etwa 5 Minuten dauerte, im
Laufe deren die Luft von Staub verfinstert war, einzelne Regentropfen fielen
und kleine Kiesel durch die Luft flogen; darauf traten, während des Nachlassens
des Windes, starker Regen und einige Donnerschläge ein. Die Temperatur, die
vor dem Sturme 22° R. betrug, fiel rasch und war gleich nach demselben 11° R.,
dann stieg sie wieder etwas und betrug beim Aufhören des Regens (3 h p. m.)
15° R. Die Wolken, mit denen das Unwetter kam, waren auch hier gelb wie
Hagelwolken, doch fiel in dieser Gegend kein Hagel. Der Rest des Tages war
trocken bei mäfsigem Wind, recht schön, wiewohl bedeckt und ziemlich kühl;
in der Nacht trat wieder Sturm und Rogen ein.