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(bis 2 h 45"') und 2” 30"', wehte um 2 h p. m., wie die Karte Tafel 20 zeigt, der
Wind mit der Stärke 8—10 der 12theiligen Skala, und zwar dürfen wir an
nehmen, dafs er iu Grofsbreitenbach eben eingetreten war, und dafs diese Station
um 2 h p. m. das südliche Ende der über 3’/s Breitengrade sich erstreckenden
Vorderfront der Böe bezeichnete. Um diese Zeit reichte die Böe nicht mehr
bis nach Bayern, während in der vorhergehenden Stunde das südliche Endo des
zu derselben Böe gehörenden Gewitters im nördlichen Theile von Unterfranken
zu finden w T ar, wo dasselbe von vier Stationen zwischen Saale und Bhön auf
seinem Zuge von W nach E beobachtet wurde, nacheinander um 12 h 45’" — l''8 m ,
12 h 55 m —l h 20 m , 1» 27” —1" 40'" uud 2» 10’", und der Regenschauer desselben
auch nach Kissingen (l h 30 m —l h 55 m ) und selbst Würzburg (l h 25'") hinüber
reichte.
Dafs die Böe in Franken mit Ausnahme von dessen äufserster NW-Grenze
die Bedingungen zu ihrer Entfaltung nicht fand, dürfte darin seine Ursache
haben, dafs Oberfranken bereits vor ihrem Heranrücken von zwei kurz nach
einander folgenden Gewittern mit Regen und theilweise auch Sturm durchzogen
worden war, welche vom Westabhauge des Frankenwaldes bis Plauen im Vogt-
landc, das erste in der Zeit l h 19™—2 h 2 ra , das zweite in jener 2 h 11™—2 h 45"“,
fortgeschritten waren; übrigens meldet Bayreuth — freilich gänzlich isolirt —
Blitz und Donner um 2 h 46 m , nachdem der Regen seit 2 h gedauert hatte. Von
den erwähnten beiden, durch je vier Stationen beglaubigten Gewittern scheint
auf ihrem weiteren Zuge in Sachsen das erste seitlich mit der grofsen Böe ver
schmolzen zu sein, welche dadurch in den Stunden 3 h —5 h p. m. bis zum Nord-
fufse der Alpen reichte, das zweite mit dem sogleich zu erwähnenden, vom Main
heranziehenden Gewitter.
Indessen war das mittlere Mainthal von allen diesen Gewittern verschont
geblieben, und hier sehen wir eine halbe bis ganze Stunde, nachdem der rechte
Rand des zur grofsen Böe gehörenden Gewitters vorübergezogen war, auf dem
Raume zwischen Spessart und Steigerwald resp. Frankenhöhe ziemlich gleich
zeitig (zwischen 2^ 18”'—2 h 40 ra Münchener resp. 2 U 9 m —2 b 31"' Lokal-Zeit)
Gewitter ausbrechen, theilweise mit heftigem, jedoch nur 5—30 Minuten dauern
dem Regen und wenigen elektrischen Entladungen; von hier zog dieses Gewitter
ostwärts und war um 3 h an der Regnitz, worauf es merkwürdige Umbildungen
erfuhr, welche, sowie sein weiterer Zug, weiter unten angeführt werden sollen.
c) Fortpflanzung der Nordhälfte der Böe nach 2“ p. m. im
Küstengebiete der Ostsee. An das im dritten Kapitel geschilderte ver
heerende Auftreten der Böe in Segeberg, Lübeck und Lauenburg schliefsen sich
einerseits gegen Norden die schweren Hagelschläge im nordöstlichen Holstein
an, über die indessen, da keine genaueren Angaben über die Zeit und den Ver
lauf der Erscheinung, sondern nur solche über die Ausdehnung des Schadens
vorliegen, erst weiter unten bei Besprechung der Wirkungen der Böe gesprochen
werden wird; andererseits gegen Osten die Verwüstungen, welche die Böe in
derselben Gegend und in fast ganz Mecklenburg hervorgebracht hat. Indem ich
auch für diese auf den folgenden Abschnitt verweise, stelle ich indessen hier
die wichtigsten Angaben über die Gestaltung des Phänomens selbst und über
den genauen Zeitpunkt desselben zusammen, von welchen letzteren der grössere
Theil für Ostholstein mündlichen Erkundigungen und für Mecklenburg den Be
richten des Personals der Grofsherz. Mecklenb. Friedrich Franz - Eisenbahn
entstammt.
In Eutin war (nach mündlichen Mittheilungen, namentlich der Herren
Bahnmeister Helms und Gastwirth Witt) um 2 h p. m. noch ganz schönes
Wetter gewesen; erst nach Abgang des Zuges nach Lübeck um 2 h 5 ra wurde
das Aufziehen der dunklen Wolken bemerkt; der Himmel wurde „ganz bunt“,
schwarzblau und gelb, um 2 h 10 m begann starker Wind und mäfsiger Regen,
der nicht verhinderte, dafs Staub uud Kiesel aulgeweht wurden; gegen 2 h 20 m
kam der stärkste Windstofs mit Platzregen, Gewitter und einigem schwachen
Hagel, und dauerte derselbe 8 bis 10 Minuten.
Von den Orten zwischen Eutin und Travemünde habe ich mündliche
Nachrichten über das Auftreten der Böe aus Süsel, Pansdorf und Niendorf
erhalten. An den beiden ersteren Orten waren die Finsternifs, die verschieden
farbigen Wolken und der Windstofs ebenso auffällig, wie in Eutin, wenngleich