erfolgt sein. In den Dörfern westlich von Mölln, welche ich besuchte, um die
Wirkungen des Sturmes in Augenschein zu nehmen, wurde mir übereinstimmend
augegeben, dafs der Wind während des Unwetters noch zugenommen habe, d. li.
dafs dem ärgsten Stofs starker Wind vorhergegangen sei, der Regen aber
gleichzeitig mit dem Windstofs eintrat; als die Beschädigungen eben geschehen
waren, regnete es schwer. Tn Kulissen erzählte mir der Bewohner des einen
der beiden beschädigten Häuser, er sei bei drohendem Gewitter nach Hause
gekommen, wobei der Wind schon vor dem Dorfe so stark gewesen sei, dafs
seine Mütze vom Kopf gerissen und über mehrere Koppeln weggetragen wurde;
er habe indessen darauf noch Zeit gehabt, das Pferd abzustellen, ehe der Sturm
das Dach cinrifs. An allen den Orten dauerte der Sturm selbst kaum 10 Mi
nuten; Hagel ist nirgends in dieser Gegend gefallen, und auch Gewitter war
nicht viel in der Böe, hauptsächlich ein starker dumpfer Schlag. Beim Heran
nahen des Unwetters wurde ein starkes Rauschen in der Luft vernommen. Au
allen Orten zeigten die umgeworfenen oder fortgeführten Gegenstände die
Richtung des Stofses aus SzW bis SW, durchschnittlich aus SSW, ohne Spuren
von Wirbeln.
Auf der Hamburg-Berliner Bahn bestrich innerhalb der in Rede stohenden
Stunde 1 Vs» bis 2Va" P- in. das Unwetter die ganze Bahnstrecke zwischen dem
Sachsenwald und Wittenberge, resp. darüber hinaus. Unter den zahlreichen uns
zugekommenen Beschreibungen wählen wir zunächst diejenigen von Friedrichs-
ruh, Pritzier und Wittenberge zur Charakteristik des Phänomens aus. Besonders
an der ersteren, in der Mitte de3 Sachsenwaldos liegenden Station hat der
Stationsvorsteher Herr Yogi, trotz der Beschränkung des Gesichtskreises durch
die bewaldeten Hügel, die Erscheinung sehr genau beobachtet:
„Vor dem Windstofs, welcher hier um l h 40 m Berliner Zeit (l h 28"' Orts
zeit) stattfand, war das Wetter in Friedrichsruh trübe, regnerisch, und fand
kein Gewitter statt, wie überhaupt während der ganzen Katastrophe es nur iu
weiter Ferne donnerte. Um l h 30"' häuften sich die Gewitterwolken südwest
lich in bedrohlicher Weise und hatten iu 10 Minuten den Horizont über dem
Bahnhof vollständig verdunkelt, voran, tief niederhängend, eine schwefelgelbe,
im Vorbeirauschen etwa 10 Sekunden lange Wolke, woran sich eine intensiv
schwarze, den ganzen Horizont bedcckendo sclilofs, welche beim Herannahen
mit orkanartigem Brausen den Regen niederströmen liefs. Der Windstofs, als
diese Wolken ihre Schleusen öffneten, war dabei so heftig, dafs er in der Nähe
von 1000 Schritten, ungefähr mitten im Walde, ca 30 Bäume, worunter Eichen
und Buchen von i /iia im Durchmesser, umstürzte, deren Wurzeln und Erdreich
wie eine Wand 2m hoch in die Höhe standen. Nach dem ersten furchtbaren
Anprall fanden keine weiteren erneuten Stöfse mehr' statt; das Unwetter dauerte
etwa 20 Minuten und änderte seine südwestliche Richtung nicht. Die gelbe
Wolke, welche vor der schwarzen eiuherzog, aber hier nichts zurückliefs, mag
wohl hagelenthaltend gewesen sein, denn in der Entfernung von etwa einer Meilo
von hier hörte man nachträglich von Hagelschlag sprechen (vgl. unten, Ab
schnitt 5). Einige Zeit nach dem Unwetter war Sonnenschein.“
Auf der Station Pritzier, westlich von Ilagenow, trat der erste Windstofs
ungefähr um 2 h p. in. Berliner Zeit ein, während des von l h 55™ bis 2 h 5 m
dauernden Aufenthalts des Güterzuges No. 306 auf der Station, und legte sich
der starke Sturm, als dieser Zug etwa 4 km weit gekommen war, also um
2 h 10 m Berliner Zeit. „Das Wetter war am Vormittage ruhig bei bedecktem
Himmel; Gewitter hat vorher nicht stattgefunden. Man sah vielleicht eine
Stunde vor dem Windstofs das Ungewitter sich nähern; dem Windstofs ging
kein Regen vorher, sondern war die aufgewirbelte Staubwolke das erste und
kam erst etwa 20 Minuten nach dem ersten Stofs, und nachdem sich der starke
Sturm etwas gelegt hatte, Regen iu grofsen Tropfen, welcher wohl 20 Minuten
anhielt, dann schwächer wurde und nach 2 Stunden ganz aufhörte. Der Himmel
blieb bewölkt bei ziemlich starkem Winde, welcher in der Nacht an Heftigkeit
noch zunahm.“ Hagel ist hier keiner gefallen; Aenderungon in der Stärke oder
der Richtung sind während des Sturmes nicht beobachtet, der Wind soll aus
Westen (?) geweht haben und später nach dem Sturme etwas gegen Norden
umgegangen sein.