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Full text: 10, 1882

13. verblieb. Sie behielt dabei ihre am 9. August gewonnene Tiefe (741—744mm) 
bei, nahm jedoch an Intensität durch Sinken des Luftdrucks über einem grofsen 
Theile Europa’s ab, so dafs sie am Morgen des 13. zu einer flachen Mulde 
niederen Druckes entartet war, in deren Nachbarschaft kleine, aber ziemlich 
ausgeprägte Wirbel über Deutschland, Frankreich, Russland und der Nordsee 
lagen; in dem letzten derselben scheint sie im Raufe jenes Tages aufgegangen 
zu sein. Noch viel kürzer war, so weit sie sich feststellen läfst, die Lebens 
dauer des südöstlichen Ausläufers der Depression. Am Abend dos 9. zeigt er 
sich noch sehr deutlich, und geht seine gekrümmte Mittellinie über Westpreufsen 
und Westgalizien bis ins ungarische Tiefland; im nördlichen Theile haben dabei 
die Temperaturunterschiede, wiewohl abgeschwächt und ostwärts verschoben, 
noch immer denselben Charakter: die Isotherme 20° C. z. B. verläuft um 8 h p. m. 
über Memel, die Gegend westlich von Danzig und Oberschlesien nach dem 
Eisass, während Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen und der Nordosten der 
Niederlande eine Temperatur unter 15° C. aufweist. Auf dem Schafberg fand 
der Umschlag der Temperatur in der Nacht statt: während dieselbe um 2 h p. m. 
21,0°, um 9 h p. m. noch 17,0° betragen hatte, war sie am 10. um 7 h a. m. nur 
5,0° und stieg auch zu 2 h p. m. nur auf 5,5°. Auf den tieferen Stationen des 
nordöstlichen Abhanges der Alpen war der Umschwung zwar gemäfsigter, aber 
durch den Umstand, dafs die Temperatur am 10. zu 2 h p. m. bei trübem reg 
nerischem Wetter fast gar nicht stieg, zeigte der Nachmittag dieses Tages 
immerhin auch an diesen einen grofsen Gegensatz zu der Hitze des vorher 
gehenden Tages, so in Wien 18,5° statt 30,0°, Salzburg 17,8° statt 31,0° u. s. w.; 
nur auf den südlichsten Stationen, wie Riva und Lesina, war von dieser Ab 
kühlung nichts zu bemerken. Am 10. August geht die Spur des Ausläufers der 
Depression im südwestlichen Russland verloren, wo derselbe am Morgen noch 
zwischen Kijew und Lemberg angedeutet ist, übrigens insofern mit verändertem 
Wettercharakter, als von seiner Ostseite der letztere Ort Regen und nur 16,1° G. 
(bei schwachem SE-Wind) meldet. 
3. Ausgewählte Schilderungen des Auftretens der grofsen Böe 
auf der Höhe ihrer Entwickelung. 
Zur Betrachtung der Orkanböe selbst übergehend, beginnen wir, um zu 
nächst das Objekt der Untersuchung in seinen wesentlichen Zügen kennen zu 
lernen, mit der Schilderung ihres Auftretens in dem durch die Karten, Tafel 20 
und 21, vorgefühlten Zeitpunkt, welcher zugleich deijeuige ihrer höchsten Ent 
wickelung war, um im folgenden Kapitel die Erscheinung von da aus rückwärts 
uDd vorwärts und räumlich nach den Seiten hin bis in solche Zeiten und 
Gegenden zu verfolgen, wo ihre Individualität sich verwischt und sie nicht mehr 
aus der Mehrzahl von Gewittern, welche dieser Tag brachte, mit Sicherheit 
herauszuerkenuen ist. Greifen wir aus der Fülle des gesammelten Materials 
einige Beschreibungen heraus, welche sich auf die Zeit zwischen '/rf" und l /id h 
Nachmittags beziehen und die Erscheinung möglichst präcise schildern, wobei wir 
von Nord nach Süd fortschreiten. 
Von Segeberg schreibt Herr Dr. Buttel der Seewarte: „Schon am Morgen 
war die Wärme bald nach 6 1 ' a. m. drückend, der Himmel leicht bewölkt mit 
cir str; zeitweise trat die Sonne hervor, doch meist verschleiert. Gegen 
10'/2 h a. m. fiel ein stärkerer Windstofs aus SW ein mit kurz dauerndem Strich 
regen (0,3mm); gleich darauf schien die Sonne wieder, es wurde noch schwüler, 
und zeigte das Thermometer von 12 h —l h 50“ konstant 25,75°, als zufällig 
mehrere Male in der Zeit das Stationsthermometer nachgeschen wurde. Der 
Wind war indessen auf S4 zurückgegangeD. Plötzlich erhob sich um l h 30“ 
eine dunkele Wolkenschicht im SW—West-Horizont mit den bekannten gelb- 
grauen Cumuli; der Wind legte sich, sprang auf SW, und bald wehte er um 
l h 50“ mit Beginn des Hagelschlages konstant aus WSW; der Stofs kam mit 
der gröfsten Heftigkeit, nachdem die Wolken schnell heraufgezogeu und einige 
Sekunden früher vereinzelte sehr grofse Tropfen gefallen waren. Hagel und 
Regen begannen zugleich mit solcher Gewalt, dafs mir Hören und Sehen ver 
ging. Der Vorgang währte in gleicher Intensität bis 2 h p. m., dann liefs der 
Hagel etwas nach, und um 2 h 5"' hörte er ganz auf, während der Regen noch 
bis 3 h anhielt, zuerst heftig, in der letzten halben Stunde schwächer. Von
	        
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